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Grave Digger: Witch Hunter (Re-Release)

Stil: Heavy Metal

Cover: Grave Digger: Witch Hunter (Re-Release)

Trüffelschwein Karl Walterbach hatte Anfang der 80er auch bei Grave Digger den richtigen Riecher, als er ihnen Platz für zwei Songs auf dem für die nationale Szene bahnbrechenden Sampler “Rock From Hell” (1984) einräumte. Diesem folgte Schlag auf Schlag das längst in die deutsche Metal-Geschichte eingegangene Debüt "Heavy Metal Breakdown", und danach hatten die Herren aus der Domstadt einen Lauf, aus dem sich mit "Witch Hunter" wahrlich kein Schnellschuss ergab.

Gleichwohl, das Album markierte keine stilistische Weiterentwicklung, doch die sollte bei Grave Digger im Lauf ihrer Karriere ohnehin lediglich in kleinen Schritten stattfinden. Dementsprechend nimmt die Scheibe ihrem Vorgänger wenig bis gar nichts. An der Seite von u.a. Running Wild, die Grave Digger in ihrer sympathischen Ungeschlachtheit nicht unähnlich waren, stellte die Band einen unverzichtbaren Posten im noch recht behäbigen Metal-Alltagsgeschäft Deutschlands dar und bestätigte dies auch in kompositorischer Hinsicht.

Nach dem Ausscheiden ihres Tieftöners übernahm Mastermind Masson auch die vier Saiten (bei drei Tracks sprang René Teichgräber ein), wohingegen Boltendahl abermals zusammen mit Harris Johns produzierte. Derweil im Ausland bereits erste Ausformungen gen Thrash zu erkennen aren, zogen Grave Digger ihr stampfendes Ding mit stoischem Gleichmut durch. Dank des hohen Hymnen-Faktors ihrer Songs gestaltet sich das Unterfangen trotz relativ gleichbleibenden Tempos auch tatsächlich vergnüglich. Die Tradition der Coverversionen wurde bald fallengelassen, hier aber noch mit einem recht spritzig interpretierten 'School's Out' von Alice Cooper weitergeführt.

Re-issue-technisch sind noch die drei ursprünglich u.a. in den USA verbratenen Bonustracks zu erwähnen, deretwegen in Übersee auf einen Teil der etatmäßigen Stücke ('Love Is A Game', die Cover-Nummer) verzichtet wurde. Speziell 'Don’t Kill The Children' und das im Stop-and-Go-Verfahren inszenierte 'Shine On' weisen Riffs auf, die manches aus dem "Hauptprogramm" ausstechen.

Gerade 'Get Ready For Power' und 'Fight For Freedom' sind - textliche Entgleisungen inklusive - kurzweilige Boliden, die in ihrer unmittelbaren Durchschaubarkeit bis heute jede Party befeuern. Für Tiefsinn hatten die jungen Herren schließlich noch genug Zeit in ihrem weiteren Leben, und wie die Geschichte gezeigt hat, sollte es erst nach ihrem zwischenzeitlichen Aus so richtig losgehen, als die 1990er neue (in diesem Fall alte) Echtmetall-Helden brauchten. Das ist aber eine andere Story …

FAZIT: "Witch Hunter" steht im Grunde auf derselben Qualitätsstufe wie "Heavy Metal Breakdown". Unter historischen Gesichtspunkten ist Grave Diggers Einstand wichtiger, und die Hast, mit der die Formation zu Werke ging, sollte sich im Lauf der Zeit als schädlich herausstellen. Sie pochte zu verbissen auf Erfolg, was Sänger Boltendahl selbst so gut weiß wie kein Zweiter, zumal er nunmehr einen gesunden Abstand zum Szene-Geschehen wahrt und zu jeglichen "Schandtaten" aus seiner Vergangenheit steht. Darum macht es Spaß, seine ausführlichen Liner Notes zu lesen, die neben Texten und Bildern in dieser Neuauflage enthalten sind. Alternativ könnt ihr auf seine Schreibe verzichten, indem ihr zum goldenen Vinyl greift. Edel im wahrsten Sinn des Wortes. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/33139c2d07494e0aaf775047ab9a53ae" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.05.2018

Tracklist

  1. Witch Hunter
  2. Night Drifter
  3. Get Ready For Power
  4. Love Is A Game
  5. Get Away
  6. Fight For Freedom
  7. School's Out
  8. Friends Of Mine
  9. Here I Stand
  10. Don’t Kill The Children
  11. Tears Of Blood
  12. Shine On

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    BMG / Noise

  • Spieldauer

    49:23

  • Erscheinungsdatum

    25.05.2018

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