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Judith Owen: redisCOVERed

Stil: Singer-Songwriter/Jazz+

Cover: Judith Owen: redisCOVERed

Dass die walisische Musikerin Judith Owen das Covern beherrscht, hat sie schon mit ihrer herrlich entspannten Hippie-Version von Mungo Jerrys „In The Summertime“ und der stimmungsvollen Interpretation von ROXY MUSICs „More Than This“, bewiesen. Weil das so gut klappte, lag die Entscheidung nahe, ein komplettes Album voller Adaptionen aufzunehmen. Mit ihrer zwölften Veröffentlichung war es soweit.

Die oft von außen beschworene (auch stimmliche) Nähe zu Joni Mitchel wird einmal mehr offensichtlich und durchaus gepflegt, befinden sich doch mit „Cherokee Louise“ und „Ladies Man“ gleich zwei Nummern der großen amerikanischen Künstlerin auf „redisCOVERed“. Beide Stücke bewegen sich nicht allzu weit weg von den Originalen, was ebenfalls auf „Blackbird“ (THE BEATLES) und „Dream A Little Dream Of Me“ (die bekannteste Version des Ella Fitzgerald-Klassikers aus dem Jahr 1931 stammt wohl von THE MAMAS AND THE PAPAS) zutrifft. Hier beschwört Owen gekonnt eine nachdenkliche Laurel-Canyon-Atmosphäre, ergänzt um gedämpftes Jazz-Flair.

Verblüffender und äußerst gelungen sind die Songs, die man nicht unbedingt mit Judith Owen in Verbindung bringen würde, und die sie sich mit viel Geschick, Verve und Geschmack zu eigen macht, teilweise fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, ohne sie komplett zu zerstören. Owen beweist Humor, auf einer Produktion ohne Gitarreneinsatz, ausgerechnet „Smoke On The Water“ zu covern. Konsequenterweise steht das bekannte Mörderriff nicht mal ansatzweise im Fokus. Stattdessen swingt die DEEP PURPLE-Komposition zwischen brasilianischer Nacht und flehentlicher Beschwörung. Selbst Ed Sheeran-Stoff wird als bläsergetränkter Soulsong goutierbar („Shape Of You“).

Grandios sind zudem das loungig arrangierte „Black Hole Sun“, das die apokalyptische Grundstimmung des Originals trotzdem nicht missen lässt, Drakes „Hotline Bling“, das vom Rap-Background befreit zur düster drängenden Ballade mutiert, der Sechziger-Jahre Nachtclub-Auftritt mit „Hot Stuff“, nur echt mit Psycho-Streichern, Justin Timberlakes entschleunigtes „Can’t Stop The Feeling“, mit smoother Orgel, das ungeahnte Tiefe entwickelt, was auch für das ehemals greasige „Summer Nights“ gilt, das jetzt eher von Verlust als von hoffnungsfreudiger Sommerliebe erzählt. Großartig auch der heißkalte „Play The Funky Music“-Schleicher mit höchst akzentuiertem Rhythmus, klasse Chor und scharfen Bläsern. New Orleans is in the House.

FAZIT: Judith Owen zeigt mit „redisCOVERed“ wie ein Album voller Fremdkompositionen zur Eigenkreation wird. Mit viel Liebe und Respekt vor den Originalen, ohne bei den seelenverwandten Stücken in Ehrfurcht zu erstarren oder weiter Entferntes dem Reißwolf zum Fraß vorzuwerfen. Owen gelingt sogar das Kunststück, die mögliche Tiefe eines blassen Ed Sheeran-Liedchens auszuloten. Ganz versteckt existiert die tatsächlich. Mitreißende Kunst.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.06.2018

Tracklist

  1. Hotline Bling
  2. Shape Of You
  3. Black Hole Sun
  4. Hot Stuff
  5. Cherokee Louise
  6. Can’t Stop The Feeling
  7. Ladies Man
  8. Smoke On The Water
  9. Summer Nights
  10. Play That Funky Music
  11. Blackbird
  12. Dream A Little Dream Of Me

Besetzung

  • Bass

    Leland Sklar

  • Gesang

    Judith Owen, Amy Keys, Carmen Carter, Jean McClain

  • Keys

    Paul Beard, Judith Owen

  • Schlagzeug

    Pedro Segundo

  • Sonstiges

    George Shelby (tenor sax, baritone sax, horn arrangements), Gabriella Swallow (cello), Lizzie Ball (violin), Nicholas Payton (trumpet), Helen Gillet (cello), Michael ‘Maz’ Maher (trumpet and horn arrangement), Kevin Moehringer (trombone)

Sonstiges

  • Label

    Twanky Records/Proper Records/H'ART

  • Spieldauer

    42:29

  • Erscheinungsdatum

    25.05.2018

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