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Kreator: Cause For Conflict (Deluxe Edition)

Stil: Thrash Metal

Cover: Kreator: Cause For Conflict (Deluxe Edition)

Es waren die Jahre, in denen Bands des Labels Roadrunner das Bild des extremen Metal prägten wie sonst niemand (allen voran Machine Head und Sepultura) und die Stücke entstanden, die schließlich auf "Cause For Conflict" landeten. Im Ergebnis stand das vermutlich brutalste, direkteste Album von KREATOR, obwohl sich vor allem einer heute die Zähne an dem Material ausbeißen dürfte.

Ventor in allen Ehren, aber dass KREATOR diese Scheibe mittlerweile live ignorieren, dürfte nicht zuletzt an seinen Beschränkungen als Schlagzeuger liegen. Joe Cangelosi (u.a. Whiplash) half nicht umsonst zeitweilig als Lombardo-Ersatz bei Slayer aus und gehört zu den technisch versiertesten alten Hasen im Thrash, weshalb der Ur-Drummer, der nach "Cause For Conflict" in den Kader zurückkehrte, in große Fußstapfen treten musste, doch greifen wir den Dingen nicht vor …

Für den im alteingesessenen Lager gewöhnungsbedürftigen Sound (die Hardcore-mäßig hohl klingelnde Snare schien Metallicas Sakrileg "St. Anger" vorwegzunehmen) zeichnete der international renommierte Produzent Vincent Wojno verantwortlich, und auch wenn unverbesserliche Kutten ihn verpönen, passt er wie die buchstäbliche Faust aufs Auge zum Songmaterial. Die internen Zerwürfnisse im Vorfeld - Bassist Rob Fioretti nahm ebenfalls seinen Hut, vom Label-Wechsel ganz zu schweigen - führten zu der Annahme, as siebte Studioalbum der einstigen Erz-Thrasher zeuge von Desorientiertheit, doch diese Bewertung ist spätestens jetzt im Rückblick einfach nicht haltbar.

Ja, "Cause For Conflict" ist sperrig, was vor allem der sich nur langsam hochschraubende, dafür aber umso furioser Einstieg 'Prevail' und das extrem beklemmende 'Sculpture Of Regret' beweisen. Anderswo, etwa in 'Progressive Proletarians' oder dem nicht einmal zwei Minuten langen 'Dogmatic,' legen KREATOR eine nach "Renewal" ungeahnte Direktheit an den Tag, die aus heutiger Warte betrachtet stärker für die Band einnimmt als ihr post-millenialer Nummer-sicher-Stil. Apropos Mille: sein beinahe todesmetallisches Gebell setzt der fiesen Raserei von 'Catholic Despot' und 'Hate Inside Your Head' die Krone auf. Beide würden jede aktuelle Live-Show der Jungs aufwerten, wenngleich man konstatieren muss, dass die Impulsivität und Experimentierfreude der Gruppe zu Lasten von traditionell auf Hit gebürsteten Songs ging.

Solche gibt es auf "Cause For Conflict" nämlich nicht, abgesehen vielleicht von 'Lost', wozu damals auch ein Video erschien. Leicht in Vergessenheit gerät am Ende 'Isolation', ein eigenwillig melodisch geknurrter und ebenfalls bedrückender Abgang, dessen Anhang nach mehreren Minuten Leerlauf wahrscheinlich nicht nur diesen Schreiber zu Tode erschrocken hat. Was ist/sind das: quiekende Schweine kurz vorm Schlachten? Wie dem auch sei, "Cause For Conflict" ist ein beispielloses Extrem-Metal-Album, nicht nur für KREATOR-Verhältnisse.

Die Fülle der Testballons, welche die Band Mitte der 90er fliegen ließ (eher unschön übrigens: die Metalhüllen-Edition von "Cause For Conflict", in der die CD irgendwann glatt durchbrach, jedenfalls in diesem Hörerhaushalt), riss auch den "Ausschuss" betreffend nicht ab. Im Bonusteil gibt es die drei damals zusätzlich eingespielten Tracks, das Cover 'State Oppression' von Italiens Punk-Ikone Raw Power sowie 'Suicide In Swamps' und 'Limits Of Liberty', die man beide unbedingt kennen sollte und auch auf einer nach "Outcast" erschienenen Compilation hören konnte. Wie für die Wiederveröffentlichungsreihe üblich - wohlgemerkt: ab "Cause For Conflict" waren KREATOR keine Noise-Band mehr, sondern standen wie auch andere Label-Zugpferde bei GUN Records im Stall, worüber ihr mehr im Noise-Buch "Systemstörung" erfahren könnt - kommt die Scheibe als Doppel-Vinyl oder Mediabook-CD mit liebevoll gestaltetem Booklet und eher nebensächlichem Remastering.

FAZIT: "Cause For Conflict" ist KREATORs haarsträubendstes und gewalttätigstes Werk. Die Songs wirken wie Aufschreie inmitten allseitiger Trostlosigkeit und teilen mit technischer Präzision heimtückische Hiebe aus, von denen man sich so schnell nicht erholt. Auch wenn man sich die Scheibe erarbeiten muss, lohnt die längere Auseinandersetzung damit, und mag sein, dass Milles durcheinandergewürfelte Männer damit Gemüter spalteten; ein trotziger Achtungserfolg war es dennoch. Als im Live-Programm stiefmütterlich behandeltes Werk hat die Platte definitiv mehr Liebe verdient, auch wenn sie dem Hörer ihrerseits kein bisschen davon entgegenbringt. Ein unbarmherziger Hammer vor dem Herrn! <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/b6eb8c26faf34c82aa46719105e66f1e" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.02.2018

Tracklist

  1. Prevail
  2. Catholic Despot
  3. Progressive Proletarians
  4. Crisis Of Disorder
  5. Hate Inside Your Head
  6. Bomb Threat
  7. Men Without God
  8. Lost
  9. Dogmatic
  10. Sculpture Of Regret
  11. Celestial Deliverance
  12. Isolation
  13. Suicide In Swamps
  14. Limits Of Liberty
  15. State Oppression

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    BMG / Noise

  • Spieldauer

    55:20

  • Erscheinungsdatum

    23.02.2018

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