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Kreator: Coma Of Souls (Deluxe Edition)

Stil: Thrash Metal

Cover: Kreator: Coma Of Souls (Deluxe Edition)

Am Wendepunkt der 1980er in die 90er befand sich Thrash Metal im Endspurt. Während andere (Metallica) den Stil allmählich zu Grabe tragen wollten, drehten in Übersee vor allem Testament und hierzulande Sodom ("Agent Orange", dann das unterschätzte "Better Off Dead") sowie KREATOR noch einmal voll auf. Die Bewegung war längst eine weltweite geworden, die sich gegenseitig befruchtete, und Weiterentwicklung bestand vorerst noch in einem Idealfall: melodischer, verspielter werden, ohne an Biss einzubüßen. Was das mit "Coma Of Souls" zu tun hat? Es ist ein Paradebeispiel für diese musikalische Haltung.

KREATORs fünftes Album avancierte international zum Verkaufsschlager, und das nicht ohne Grund. Es birgt sicherlich nicht das Gleiche kommerzielle Potenzial wie die geniale Mainstream-Anbiederum des "Black Album", spiegelt aber den damaligen Zeitgeist wider, der nach Variation, großen Hooks und thematischer Breite lechzte, was die Lyrics anging. Dem wurde Mille gleich mit 'When The Sun Burns Red' gerecht, dessen unverzerrtes Intro großes ankündigte. Der eigentliche Song ist klassischer Ruhrpott-Thrash, bloß eben für diese Verhältnisse regelrecht virtuos und inhaltlich auf globale Erwärmung gebürstet, ein heute noch brisanteres Thema als 1990.

In die Riffs von 'Twisted Urges' lässt sich dann eine gewisse Death-Metal-Affinität hineindeuten, die KREATORs Sound jedoch nur zu Gute kommen, zumal die Gruppe das Genre selbst maßgeblich beeinflusste - und wenn man so will erkennt man während des mittelflotten 'Hidden Dictator', wohin sich die Band letzten Endes seit Samis Einstieg entwickelt hat, hin zu mehr Metal allgemein ohne Altenessener Sippenhaft. Passenderweise gehört das Titelstück zudem bis heute zu den größten Mitsing-Hymnen der Gruppe.

In 'People Of The Lie', diesem Über-Hit in der Diskografie der Band, demonstrierte der neu eingestiegene Frank Blackfire, worauf Tom Angelripper in Zukunft (zufälligerweise bis 2018) verzichten musste, nämlich einige der geschmackvollsten Soloparts nicht nur in diesem Metal-Genre … ganz zu schweigen vom Text, einer entschiedenen Absage gegen Nazis. Als Quartett waren KREATOR eine Bank und endgültig auf dem besten Weg, zur weltweiten Thrash-Metal-Ikone zu werden. Ach ja, und diese Wiederveröffentlichung im gewohnt opulenten Mediabook lädt zur Neuentdeckung von 'Material World Paranoia' ein, einem vertrackten und dennoch süchtig machenden Geheimtipp.

Die sogenannte Deluxe-Doppel-CD oder Dreifach-LP kommt mit einem überbordenden Bonusteil in Form eines kompletten Konzerts aus Fürth in selbstverständlich amtlicher Klangqualität, womit man sich neben den Standards von "Coma Of Souls" auch noch eine ganze Ladung früherer KREATOR-Klassiker ins Haus holt. Müßig zu erwähnen, dass das Booklet in Text und Bild einmal mehr zum Schmökern, Schmunzeln und Lernen (man kann ja nicht genug metallgeschichtliches Wissen anhäufen) einlädt.

FAZIT: Wie es auch auf die meisten anderen KREATOR-Alben zutrifft, handelt es sich bei dieser Deluxe-Edition nicht um den ersten Re-Release, doch davon abgesehen, dass "Coma Of Souls" vermutlich das erste mehrheitsfähige Album in der Karriere der Band darstellt und fürs Grundverständnis ihrer Musik unerlässlich ist, wird der Doppeldecker bzw. LP-Dreier durch den Live-Anhang ultimativ. Remastering? Makulatur angesichts einer Produktion und Abmischung, die ursprünglich so etwas wie das deutsche "Master Of Puppets" ergaben. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/0585caba1c074314833f4fefdc9eeb9e" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.02.2018

Tracklist

  1. When The Sun Burns Red
  2. Coma Of Souls
  3. People Of The Lie
  4. World Beyond
  5. Terror Zone
  6. Agents Of Brutality
  7. Material World Paranoia
  8. Twisted Urges
  9. Hidden Dictator
  10. Mental Slavery
  11. Live In Fürth 06/12/1990:
  12. When The Sun Burns Red
  13. Betrayer
  14. Terrible Certainty
  15. Extreme Aggression
  16. Coma Of Souls
  17. People Of The Lie
  18. Choir Of The Damned
  19. The Pestilence
  20. Toxic Trace
  21. Drum Solo
  22. Terror Zone
  23. Pleasure To Kill
  24. Flag Of Hate
  25. Agents Of Brutality
  26. Riot of Violence
  27. Tormentor

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    BMG / Noise

  • Spieldauer

    123:45

  • Erscheinungsdatum

    23.02.2018

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