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Kreator: Outcast (Deluxe Edition)

Stil: Thrash Metal

Cover: Kreator: Outcast (Deluxe Edition)

Turbulente Zeiten für KREATOR: Auch im Zuge ihres siebten Albums "Cause For Conflict" wollte sich keine Konstanz einstellen. Joe Cangelose übergab die Trommelstöcke wieder an Jügen "Ventor" Reil, und Frank Blackfire, der den nachhaltigen Durchbruch mit "Cause For Conflict" mit Mille in die Wege leitete, reichte seine Papiere ein. Der Coup: Der Schweizer Tommy Vetterli, meisterhafter Gitarrist und Klangvisionär von Coroner, wurde für "Outcast" ins Boot geholt, was sich abermals einschneidend auf den Stil der Gruppe auswirkte.

Seien wir ehrlich: Der Patient Thrash war 1997 mausetot, und auch wenn KREATOR nie auseinandergingen, handelte es sich zu jener Zeit bei ihnen nicht mehr um eine Genre-Band, aber selbst Destruction (Neo-Thrash mit "The Least Successful Human Cannonball" und ohne Label), Sodom ("Masquerade In Blood" lärmiges Gepolter und mehr Punk Death Metal als Thrash) sowie Tankard ("The Tankard" als vertonte, wenn auch gelungene Midlife Crisis) zeigten sich damals recht kopflos. Insofern muss man "Outcast" nichtmögen, seinen Schöpfern aber zweifellos Hochachtung entgegenbringen.

Während das stampfende 'Phobia' zum Szenehit wurde, der sogar die Tanzflächen eroberte und sich in der Setlist der Band gehalten hat, geriet der überwiegend im mittleren Tempobereich angesiedelte, rockige Rest weitgehend in Vergessenheit - und das zu Unrecht. "Outcast" ist KREATORs raumgreifendstes Album und klingt mit seiner warmen Produktion erdig wie luftig, sodass alle Instrumente Raum zum "Atmen" erhalten, beispielsweise Speesys Bass in 'Black Sunrise', das übrigens Milles bis dahin beste Gesangsleistung zu Gehör bringt. Hier wie im eröffnenden 'Leave This World Behind' deutet die Band bereits dorthin, wo sie dem Fass endgültig den Boden ausschlagen wird, nänlich zum Gothic-lastigen Nachfolger "Endorama", der die Fan-Basis längerfristig verprellte. Verständlicherweise, aber ebenfalls zu Unrecht.

Im Grunde wären Teile dieser Scheibe und auch von "Outcast" bereits zu "Renewal"-Zeiten vorstellbar gewesen. 'Forever' und 'Nonconformist' etwa, zwei rhythmisch raffinierte wie reduzierte Nummern, wirken wie nachträgliche Korrekturen dessen, was die Band 1992 versuchte und noch nicht zu 100 Prozent nach ihren Vorstellungen umsetzen konnte. Wenn die Scheibe also eines ist, dann professionell, und das Feeling kommt beileibe nicht zu kurz, "moderne" Klangkulisse hin oder her.

Die Deluxe-Version bietet den bejubelten Auftritt der Band beim 1998er Dynamo Open Air, eine relative Rarität in Hinblick auf die Besetzung und das gebotene Programm, denn aus jener Phase dürfte es ansonsten wenige bis gar keine professionellen Konzertmitschnitte geben. Umfassende Liner Notes und eine ansehnliche Aufmachung (2CD-Digibook oder Dreifach-LP) sind wie immer obligatorisch.

FAZIT: KREATORs achtes Album hat alles, was zeitgemäße Musik zwischen Metal und Rock braucht - denn ebendort waren die Herren angekommen. "Outcast" strotzt vor Melodien, Atmosphäre und klassischem Songwriting, kam aber wahrscheinlich einfach von der falschen Band zur falschen Zeit. Was der oberflächlich rezipierenden Fan-Welt davon erhaltenblieb, ist mit 'Phobia' ein Nerv-Gassenhauer und somit viel zu wenig. Wenn ein Werk in der Diskografie der Gruppe eine Neubewertung erfordert, dann dieses … würde die borierte Szene, die immer noch lauthals 'Flag Of Hate' grölt, ihre Scheuklappen bloß ablegen und Mille nicht immer nur sein Tagesgeschäft erledigen. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/8cfbb847916141ceaea1e930ed4720b7" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.02.2018

Tracklist

  1. Leave This World Behind
  2. Phobia
  3. Forever
  4. Black Sunrise
  5. Nonconformist
  6. Enemy Unseen
  7. Outast
  8. Stronger Than Before
  9. Ruin Of Life
  10. Whatever It May Take
  11. Alive Again
  12. Against The Rest
  13. A Better Tomorrow
  14. Live At Dynamo Open Air 1998:
  15. Intro: Dr. Wagner, Part 3
  16. Terror Zone
  17. Lost
  18. Leave This World Behind
  19. Phobia
  20. Black Sunrise
  21. Choir Of The Damned
  22. Pleasure To Kill
  23. Whatever If May Take
  24. Extreme Aggression
  25. Renewal

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    BMG / Noise

  • Spieldauer

    88:21

  • Erscheinungsdatum

    23.02.2018

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