Die EP "My Creed" war nur ein Testlauf, wenn man sich nun POWERIZEDs Debüt vor Augen hält: Die Niederländer belegen nachdrücklich, dass sie typisch europäischen Bombast-Metal in all seinen Facetten umsetzen können, auch wenn die Gesamtspielzeit von "The Mirror's Eye" in letzter Konsequenz zu lang und die Gruppe darum nicht vor Redundanz gefeit ist. Raffungen sind in Zukunft erwünscht, weitere Alben aber unbedingt auch, denn …
… POWERIZED reißen Fans dieses blitzsauberen, freundlichen und bei allem Synthesizer-Orchester-Schwulst dennoch zackig harten Stils mit - jede Wette. Schon das eröffnene 'Where The World Meets The Eye' brettert mit der Unbekümmertheit von Edguys 'Babylon' aus den Boxen, nicht zuletzt aufgrund des gekonnten Trällerns von Frontmann Nick Holleman, der immerhin kurzzeitig bei der US-Power-Metal-Legende Vicious Rumours hinterm Mikrofon stand. Die Melodien wirken immerzu irgendwie vertraut, plätschern aber andererseits nie belanglos vor sich hin, sondern lassen als liebevolle Variationen des Vermächtnisses offensichtlicher Vorbilder schmunzeln.
Keine Frage, bis zu einem gewissen Grat sind POWERIZED eine Tributkapelle auf den Knien vor Labyrinth oder frühen Rhapsody, die sich wiederum selbst besonders tief vor Helloween mit Michael Kiske verbeug(t)en; behält man dieses Faktum im Hinterkopf und schlägt sich Originalitätsansprüche aus dem Kopf, kann man jedoch eine Menge Freude an "The Mirror's Eye" haben. Wie angedeutet hätten die drei jeweils weit länger als zehn Minuten dauernden Longtracks kürzer sein dürfen, aber was das Quintett anpackt, gelingt ihm mit hörbarer Leidenschaft für seine Sache, die dank satter wie nuancierter Produktion wie nie überfrachteter Arrangements in glänzendstem Licht erstrahlt.
FAZIT: Melodic Metal aus der sinfonischen Retorte mit gehörigem Tempo und einer Kraft, die dem Namen der Protagonisten gerecht wird - POWERIZED schwimmen wenig eigenständig im Fahrwasser jener Acts, die dieser Spielart Ende der 1990er ihre Blütezeit bescherten, und nehmen in erster Linie durch ihre Ungezwungenheit für sich ein. Die knackig kurzen Hits schreiben sie dann sicherlich beim nächsten Mal. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/e8b3a7914ab34991b5d079e26ba86bbd" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.03.2018
Painted Bass
70:34
02.03.2018