Wer hätte einmal gedacht, dass eine in manchen Kreisen seit je als Hype-Act verschriene Combo sogar unter ihren Anhängern streitbar würde? Dies geschah THE SWORD zuletzt, als sie vor drei Jahren ihr fünftes Album "High Country" herausbrachten, das die Gemüter spaltete. Mancher beklagte die Abkehr der Amerikaner von der temporeichen Gangart, durch die sie sich in ihrer Frühphase auszeichneten, doch hört man nun den Nachfolger jenes Spaltpilzes, kann man mit gesundem Abstand konstatieren: gut so.
Verstärkt improvisatorische Ansätze beim Songwriting waren auf "High Country" für einige Hörer zu viel des Guten, und zunächst scheint es so, als hätten THE SWORD mit "Used Future" einen Schritt zurück gemacht. Nach einigen Songs stellt sich jedoch heraus, dass auf diesem Album ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Ausuferungen und kompakten Arrangements herrscht. Die Musiker lassen sich gerne die Zügel schießen, kriegen aber stets rechtzeitig die Kurve, um kleine Hook-Wunder wie 'Twilight Sunrise' herauszuhauen, mit denen sie mehr Wert auf Groove legen und sogar ein bisschen den Blues haben.
Hauptkomponist und Frontmann John D. Cronise siedelte von Texas ins Gebirge von North Carolina um, wodurch sich vielleicht erklären lässt, weshalb "Used Future" oft bedächtiger wirkt, ja ins Weite zu streben scheint. Die Übergänge zwischen den Stücken fühlen sich nahtlos an, obwohl jedes für sich allein stehen kann. Der stete Fluss bedingt unterdessen, dass die weniger als 45-minütige Spielzeit wie im Flug vergeht und man gleich auf "Repeat" drücken möchte.
Ein Weniger an Text steht THE SWORD überhaupt nicht schlecht, zumal Cronise nie ein Göttersänger war. Das, was man im Grunde nicht für möglich gehalten hätte: THE SWORD gefallen insbesondere während der Instrumentalpassagen, die kreativer denn je wirken und zuvor nicht nur dünn gesät, sondern allerhöchstens zweckmäßig waren. Dabei verlieren sie zu keiner Zeit ihren Fokus, bleiben also ein Garant für Genre-Hits, bloß dass diese nunmehr häufig epischer ausfallen.
FAZIT: "Used Future" ist seinem Vorgänger ohne Zweifel in mehrerlei Hinsicht überlegen und erweckt den Eindruck, die Musiker würden Innenschau betreiben, als bringe das fortschreitende Lebensalter Nachdenklichkeit mit sich. Heraus kamen Songs mit zeitlosem Anspruch, die einen Schritt in eine spannende Zukunft bedeuten könnten. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/35549001ba654a2082134064ece64a12" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.03.2018
Razor & Tie
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23.03.2018