Versprochen: Kein Wort über berühmte Väter oder Suchtprobleme in jungen Jahren. Solcherlei Exkurse sind angesichts des neusten und ja bereits achten Albums von JUSTIN TOWNES EARLE auch nicht nötig. Der Fokus soll auf die zwölf neuen Songs von „The Saint Of Lost Causes“ gerichtet sein, denn das Werk ist neben dem überragenden Konzeptalbum „Harlem River Blues“ (2010) EARLES bisher beste Arbeit.
Es ist nicht allein das souveräne Songwriting, das „The Saint Of Lost Causes“ auszeichnet. Zum einen agiert EARLE in der musikalischen Umsetzung seiner Ideen inzwischen äußerst stilsicher und kombiniert Country-, Blues- und Rock-Elemente mit selbstverständlicher Leichtigkeit zu zeitlosem Americana. Zum andern hat EARLE sein neues Album mit herausragenden Musikern eingespielt, allen voran Adam Bednarik (Bass), der mit ihm zusammen auch produziert hat.
Bereits im Titelsong – zugleich Opener des Albums – sinniert EARLE zu flimmernden Gitarrenklängen über Gut und Böse in unserer Zeit. Musikalisch durchaus entspannter Wüstenrock als Metapher für den textlichen Wolf im Schafspelz: „Wenn du es dir wirklich gut überlegst: Wer hat wohl im Lauf der Zeit mehr Schafe getötet – der Wolf oder der Hirte?“
Es finden sich einige herausragende Songs auf „The Saint Of Lost Causes“: „Appalachian Nightmare“ beispielsweise erzählt – musikalisch an TOM WAITS erinnernd – die Geschichte eines Polizisten-Mörders, „Don't Drink The Water“ beklagt den Zynismus von Umwelt-Sündern ("Don't drink the water, son, there's been an act of God") und der „Pacific Northwestern Blues“ macht zwischendurch einfach seines Swings wegen Spaß.
Zu den Highlights des Albums gehört auch "Ahi Esta Mi Nina", die verheerende und himmeltraurige Bilanz eines Vaters über die gescheiterte Beziehung mit seiner einzigen Tochter. Vor zwei Jahren wurde EARLE selber Vater eines Mädchens. Möge das Fazit des Songtexts – „Cause you're the only good I've ever done with my life / And I've never done right by you“ – also nie auf den Schöpfer dieser Zeilen zurückfallen.
FAZIT: Das hervorragende Album „The Saint Of Lost Causes“ ist (auch) ein Paradebeispiel für die gewollte Diskrepanz von Musik und Text, Verpackung und Inhalt. Wohl erzählt JUSTIN TOWNES EARLE von unschönen und dunklen Dingen, vermittelt mit der Musik aber dennoch ein Gefühl der Hoffnung. Stark!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.07.2019
Adam Bednarik
Justin Townes Earle
Joe V. McMahan, Paul Niehaus, Justin Townes Earle
Cory Younts
Jon Radford
New West Records
49:38
24.05.2019