In den anderthalb Jahrzehnten, die OVERHEAD bereits existieren, haben sie sich im Prog-Untergrund eine solide Basis erarbeitet, aber nie etwas auf breiter Ebene gerissen, und das hat einen guten Grund, den auch ihr fünftes Studioalbum zu erkennen gibt: Während etwa Spock's Beard als Kings in Sachen Genre-Crossover zwanglos mit Metal, Pop, Jazz und akustischen Momenten jonglieren, tun Gitarrist Jaakko Kettunen und Frontmann Alex Keskitalos dies allzu bemüht und fabrizieren bisweilen arg hölzerne Songs, denen man die Erfahrung der Gruppe nicht unbedingt anmerkt.
Was an "Haydenspark" gefällt, ist neben den sehr zeitgemäßen (gesellschaftskritischen) Inhalten der Songtexte die weiter zugenommene Härte im Vergleich zum Vorgängerwerk. Dies verleiht OVERHEAD noch mehr Erdung, gleichwohl sie immer wieder abheben möchten und ihrem eigenen Anspruch dabei selten gerecht werden. Kurzum: Das Songwriting leidet darunter. Ungeachtet einiger Flöten- und Saxofon-Parts, die Klangfarbakzente setzen, fragt man sich mitunter, wieso die Gruppe nicht einfach bei konventionellem Rock-Insturmentarium bleibt und geradliniger agiert; das kann sie nämlich besser, als wenn sie sich verrenkt, um dem Sujet "Prog" gerecht zu werden.
Beispiele dafür gibt es sowohl unter den kraftvolleren Tracks von "Haydenspark" (das zähe 'Last Generation', das zynische 'Animation for the Poor Man') als auch in Form von Balladen wie 'The Fall', einer Sternstunde in der gesamten OVERHEAD-Diskografie. Zu gewollt grell wirken hingegen 'King of the World', wo fetteste Dream Theater auf Roxy Musics Pomp zu treffen scheinen, und das eigentlich schmissig groovende 'Gone Too Far', in dem die Musiker selbst ein bis zwei Beine stellen, indem sie die eigentliche Liedidee mit übersteigertem Gedudel ersticken.
So bleiben die Finnen letzten Endes allenfalls zweite Prog-Liga, gleichwohl Szenegänger bestimmt einige Freude an "Haydenspark" haben.
FAZIT: Härterer Prog, überwiegend realitätsbezogene Lyrik und zahlreiche Demonstrationen teilweise atemberaubender instrumentaler Fähigkeiten, die leider zulasten der Songqualität gehen - aus OVERHEAD könnten Szene-Schwergewichte werden, würden die Mitglieder ihre Egos zurückstellen und sich auf die Komposition als solche konzentrieren. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/03edf14c20fa462ba11d7e13993b98ee" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.06.2019
Just For Kicks
51:50
19.04.2019