Alle Freunde des guten Geschmacks dürfen zur nächsten Rezension klicken, denn wem die eigentlich undenkbaren Crossover-Entwicklungen innerhalb des zeitgenössischen Metal- und Rock-Betriebs grundsätzlich zuwider sind, de dürften auch SIAMESE abstoßen. Falls der bisherige Erfolg der Dänen noch nicht bis zu allen Lesern dieser Seiten durchgedrungen ist: Die Band verbindet aalglatten Metalcore mit State-of-the-Art-Pop wie aus den nordamerikanischen Charts, wobei insbesondere jüngere Soul- und R&B-Acts Pate stehen.
Als Nachfolger des Longplayers “Shameless”, mit dem die Gruppe ihren Stil etablierte und insbesondere in Großbritannien bzw. Japan weiten Anklang fand, markiert "Super Human" keinen wesentlichen Fortschritt, sondern Stillstand auf an SIAMESEs eigenen Maßstäben bewertet gehobenem Niveau. Die Skandinavier fahren ihre Produktionen seit je selbst und offensichtlich gut damit, zumal sie das Ganze strikt den Vorlieben von Radiohörern anpassen - kompakte Tracks, geradlinig schablonenhaft und unverfroren massentauglich.
Die Scheibe bietet nicht mehr oder weniger als das, und man muss klaglos zugeben: Es funktioniert eine halbe Stunde lang prächtig. Die fetten, mechanisch abgehakten Gitarrenriffs, Mirza Radonjica-Bangs stark nachbearbeitete Stimme (stellt euch eine männliche Rhyanna oder Lady Gaga vor) und elektronische Sperenzchen im Hintergrund, abgerundet von Melodien, die jeder noch so amusische Mensch beim erstem Kontakt mitsingen kann, ergeben eine aseptische Klangtapete, die sich zumindest kurzzeitig hübsch ansehen bzw. -hören lässt.
Die Produktion genügt höchsten Pop-Ansprüchen, Hut ab an die Jungspunde … Gitarrist und Geiger (!) Christian Lauritzen dürfte ihr musikalischer Leiter sein und zeichnet wohl auch für eine im gegebenen (klinischen künstlichen) Rahmen dynamische Anordnung der einzelnen Tracks aus. Auf die eröffnende Single 'B.A.N.A.N.A.S' - einen Chart-Selbstläufer quasi - folgt die getragene Halbballade 'Ocean Bed', deren sich wiegender Refrain beispielhaft für das ähnlich gelagerte 'Animals' steht, und am 'Party Monster' steigert sich das Pathos zu einem vorhersehbaren Finale hin.
Was dies angeht, könnte kein anderes Stück als 'Not Coming Home' am Ende stehen; der größte potenzielle Hit des Quartetts ist 2019 allerdings das ebenfalls ausgekoppelte 'Super Human' mit Gast-Rapper Olivio.
FAZIT: SIAMESEs Pop Metal hat im Grunde nichts mit Rock 'n' Roll zu tun, sondern ist Mainstream-Hochglanz mit derben Gitarren, doch wenigstens Fans zeitgenössischer Studiozauberei und Chart-kompatibler Kompositionen dürfen sich "Super Human" abgesehen von der heranwachsenden Zielgruppe der Band zum "Studieren" einverleiben. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/af081ae52b7445caad8a524e5bede31c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.05.2019
Long Branch / SPV
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24.05.2019