Die Geschichte um die musikalischen Einzelkämpfer der SAMURAI OF PROG nimmt in diesem Jahr wirklich kein Ende – und allen ihren Alben ist eins zugleich, nämlich dass sie hohe Ähnlichkeiten und gänzliche Parallelen zu ihrem Bandstamm THE SAMURAI OF PROG aufweisen. Das gilt nunmehr auch für „Wayfarer“ des SOP-Schlagzeugers KIMMO PÖRSTI. Nach sage und schreibe 23 Jahren sein zweites Solo-Album.
Doch schon der Begriff Solo-Album ist die pure Täuschung. Summa summarum wirken auf „Wafarer“ genau 20 Musiker mit, von denen (mal wieder) der Saxofonist MAREK ARNOLD neben Finnen, Italienern, Chilenen, Japanern, Briten, Spaniern und Amerikanern einziger Deutscher ist. Und über dieses Multitalent braucht man in der progressiven Rock-Szene sicherlich nichts mehr zu schreiben, außer dass er mit seinem Sopran Saxophon die beiden Stücke „Witch Watch“, ein angejazztes Instrumental, und „This Day Is Yours“ mit (nicht gerade gelungenem, andere würden vielleicht sogar sagen „gruseligem“) Gesang von KEV MOORE veredelt. Dafür schlägt dann zum Glück „Heavy Winter“ diese vokale Eierei mit ungewöhnlicher Härte in die Flucht.
Zuvor aber führt uns der wie ein weiblicher Gandalf erscheinende „Wayfarer“, den man natürlich in dem kunterbunten, aber trotzdem düster wirkenden, 20-seitigen Booklet auf seiner FABELhaften Wanderung begleiten darf, mit ravelschen Bolero-Melodien erst einmal durch das Himmelstor hinein in finstere Gefilde voller bedrohlich wirkendem Keyboard-Bombast und E-Gitarren-Soli, neben denen sich im Morgennebel gerne auch Flöten wie verschlafene Vögel in den Himmel erheben und sich im „Icy Storm“ gemeinsam mit den Geigen ein bewegendes Stelldichein geben, während ihnen Rickenbacker-Bässe hinterherbrummen. Akustische Gitarren verbreiten folkloristische Natürlichkeit und leiten wohlige Hymnen ein, die häufig in symphonischen Art- und progressiven Breitwand-Rock übergehen. Melodisch und schön, manchmal aber auch etwas kitschig oder übertrieben pathetisch. Und warum einige Titel und das Album-Ende regelrecht stümperhaft ausgeblendet werden, bleibt wohl Pörstis Geheimnis...
So ist er eben manchmal, dieser Progressiver Rock, der sich mit „Wayfarer“ in der Vergangenheit besonders wohl fühlt und mit der Gigantomanie des „Herrn der Ringe“ genauso spielt wie mit der beängstigenden Inselmentalität vom „Herrn der Fliegen“, der sein Ohr an die Muschel hält. Am Ende wird so aus dem irrtümlich erwarteten Einzelkämpfer Pörsti die gesamte Prog-Samurai-Schar. Wer sich da beschwert, darf gerne auch weiterhin den Radio-Kamikaze spielen und sein stumpfes Schwert zum Takt von „Last Christmas“ schwingen.
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FAZIT: Die unendliche Geschichte rund um das THE SAMURAI OF PROG-Umfeld wartet dieses Mal mit einem „Solo-Album“ ihres Schlagzeugers KIMMO PÖRSTI auf, das gar kein Solo-Album, sondern ein typisch breit instrumentiertes Prog-Album der Samurai-Marke ist. Alle, die die finnischen Prog-Kämpfer mögen, werden auch das fabelschwangere „Wayfarer“-Album, das von der Musik bis zur Gestaltung alle SOP-Trademarks aufweist, des Schlagzeugers KIMMO PÖRSTI in ihr bombastisches Prog-Herz schließen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.12.2020
Marco Bernard, Kimmo Pörsti, Jari Riitala, Jan-Olof Strandberg
Rodrigo Godoy, Jenny Darren, Kev Moore
Kari Riihimäki, Dave Bainbridge, Rodrigo Godoy, Rafael Pacha, Carmine Capasso, Kimmo Pörsti, Jari Riitala
Kimmo Pörsti, Otso Pakarinen, Jose Manuel Medina, Marek Arnold, Jaime Rosas, Dave Bainbridge, Jari Riitala, Steve Mauk, J-P Rantanen
Kimmo Pörsti
Marek Arnold (Saxophon), Olli Jaakkola, Hanna Pörsti (Flöten), Hitomi Iriyama (Geige), Rafael Pacha (Zither, Rekorder), Rodrigo Godoy (Percussion)
Seacrest Oy/Just For Kicks
73:00
20.06.2020