Mit seinem Aufruf, für durch die COVID-19-Pandemie in Not geratene Künstlerinnen und Künstler zu spenden, dürfte Konstantin Wecker nicht zum ersten Mal in der Öffentlichkeit anecken, weil sicherlich viele als letztes an ihre Lieblingsmaler, -schauspieler, -musiker etc. denken, wenn es um Existenzsicherung geht.
Allerdings macht es der legendäre Liedermacher seinem Publikum mit „Poesie in stürmischen Zeiten“ umso leichter, weil fünf Euro der CD-Verkaufserlöse zumindest unter den Angestellten und Acts seiner eigenen Plattenfirma aufgeteilt werden - noble Geste, nun zur Musik auf dem in Trio-Besetzung eingespielten Werk …
Wecker stellt in seinen aktuellen Songs Cellistin Fany Kammerlander und Pianist Jo Barnikel als feste Band vor, darüber hinaus tritt Sängerin Sarah Straub als Gast in Erscheinung, um ihn bei 'Niemand kann die Liebe binden' zu begleiten, das zugleich als eines Schlüsselstücke des Albums fungiert.
Geschlagene 25 Tracks zählt der Player … Einige davon stellen sich als kurze Kommentare des Künstlers herausstellen. Wecker weist damit nicht direkt den Weg, wenn es um die Deutung des jeweils darauffolgenden Liedes geht, rückt dem Hörer dafür jedoch umso näher und macht „Poesie in stürmischen Zeiten“ zu einer umso eindringlicheren Zusammenstellung minimalistischer Kammermusik.
So kunstvoll, wie die drei Protagonisten aufspielen, schrammen sie bisweilen die klassische Disziplin des Kunstliedes - wohlgemerkt ohne introvertierte Romantik, stattdessen voller glaubwürdiger Leidenschaft und Relevanz für die Jetztzeit.
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Der Grundton bleibt dabei melancholisch, doch Wecker wäre nicht er selbst, würde er keinen Diskussionsstoff und Gründe zum Schauen nach vorne geben. Eingedenk eines Updates seines alten Standards 'Willy', sinnigerweise mit dem gegenwärtigen Jahresdatum suffigiert, ist „Poesie in stürmischen Zeiten“ …
FAZIT: … eine wunderschöne Ode an die wenn nicht heilende, so doch helfende, stärkende Kraft von Sprache und Musik bzw. beidem zusammen, die manchmal auch ein bisschen kitschig sein darf. Konstantin Wecker, wie man ihn kennt und schätzt, bloß dass er 2020 gezielt Hoffnung geben möchte und dabei auch einfach nur unterhält, zerstreut sowie vorübergehend Abstand vom Ernst der Lage nehmen lässt … wie es Kunst im besten Sinn seit je getan hat! <img src="http://vg07.met.vgwort.de/na/6917fc8a970b47b8868b40c977273383" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.05.2020
Sturm und Klang
79:46
15.05.2020