Für verhältnismäßige Jungspunde gerieren sich SHAME ON YOUTH! eigenartig. Die Band bekundet auf "Human Obsolescence" Aufrichtige Empörung über den vorherrschenden Zeitgeist der vorbehaltlosen Integration neuer Technik und Künstlicher Intelligenz in unseren Alltag, obwohl ihre Generation zu den Triebfedern dieser Entwicklung zählt.
Ihr Medium zum Ausdruck dieser Wut ist ebenfalls ungewöhnlich, denn obwohl man unter solchen Voraussetzungen wahrscheinlich zuerst an Industrial denkt, zockt das Quartett speckigen, gut abgehangenen Punk auf der Grundlage klassischer Rock-Tugenden - mit einem dreckigen Sound "straight outta garage" …
Dass der Opener mit einem Zitat aus der 1954er Science-Fiction-Klamotte "Formicula" (Original "Them!") eingeleitet wird, scheint den urigen Charakter der darauffolgenden Musik zu unterstreichen. Die Italiener holpern versiert und durchaus detailverliebt durch neun bissige, kurze Songs, die Raum für erstaunlich viel Variation lassen, und zwar sowohl in spielerischer Hinsicht als auch bezüglich der Stimmung.
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Lead-Sänger Tomas Menapaces Performance pendelt zwischen Kampfbereitschaft ('A Bunch Of Crap (I Don’t Care About)') und schierer Verzweiflung ('Seed'), wohingegen auf stilistischer Ebene hier ein bisschen speckiger Sleaze ('Mr. Crasher'), dort knalliger Hardcore (Uniform') und wiederum an anderer Stelle sogar prototypischer Metal ('Premium 9,99' inklusive zweistimmiger Gitarrenharmonien) zum Tragen kommen.
Der Singalong-Faktor bleibt bei alledem eine gute halbe Stunde lang sehr hoch, weshalb man getrost von einer perfekten Gratwanderung zwischen Verschrobenheit und Breitentauglichkeit sprechen kann. Vermutlich hat sogar der eine oder andere Oi-Hosenträger Freude an "Human Obsolescence".
FAZIT: In ihrer Dringlichkeit erinnern SHAME ON YOUTH! an die Amerikaner The Big F. (kennt die noch jemand?) minus Led Zeppelin, Motörhead minus Elvis und Backyard Babies ohne Kiss. "Human Obsolescence" ist ein cooler Bastard aus allen dreien und atmet die nach kaltem Zigarettenqualm stinkende Luft von US-Ostküsten-Clubs in den 1970ern. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/e4440c103ab24aea9732821a4476879b" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.11.2020
Matteo Cova
Tomas Menapace, Georg Pomarolli, Matteo Cova
Tomas Menapace, Georg Pomarolli
Federico Splendore
Go Down / Cargo
31:21
27.11.2020