"Enjoy yourselves, you scum", nölt uns ein kleines Mädchen im Intro der neuen FROST* (nur echt mit Sternchen) entgegen, und es ist auch 2021 wieder vor allem die herrliche Ungezwungenheit des Kollektivs um Multi-Instrumentalist Jem Godfrey, die für das Projekt einnimmt.
Auf "Day and Age" steht das Kerntrio ganz fest auf dem weitreichenden stilistischen Boden, den es sich in den seit dem Einstand "Milliontown" vergangenen 15 Jahren erschlossen hat. Der Unterschied zwischen "Kunst" (hier) und "künstlich" oder "gekünstelt" (in weiten Teilen der restlichen Prog-Szene) wird schon während des immerhin fast zwölfminütigen Titelstücks zu Beginn erneut deutlich.
Bei FROST* kreiste und kreist alles um nachgerade verboten poppige (Gesangs-)Hooks, derer Godfrey während der jüngsten Songwriting-Sessions besonders viele durch den Kopf gegangen zu sein scheinen. Dies macht den Zugang zu seinem vierten Album unter diesem Banner ausgesprochen leicht, zumal John Mitchells sehr individuelle Handschrift als Gitarrist zusätzliche Vertrautheit herstellt.
´Terrestrial´ beispielsweise klingt deshalb ungefähr so, als ob sich Dream Theater an einer Power Pop-Nummer vom Gepräge Cheap Tricks versuchen würden, derweil ´The Boy Who Stood Still´ mit positiv kitschigen Eigthies-Keyboards ans frühe Schaffen der beiden Genesis-Frontleute Peter Gabriel und Phil Collins als Solokünstler erinnert. Der zweite Longtrack ´Kill The Orchestra´ würde auch zu neueren Spock´s Beard passen und ist vielleicht gerade deshalb die verzichtbarste Nummer auf "Day and Age", denn FROST* spielen eben in ihrer eigenen Liga.
FAZIT: Nichts neues aus dem Hause FROST*, und das ist echt auch gut so. Die Ausnahme-"Band" hat mit "Day and Age" eines ihrer am leichtesten zugänglichen Alben geschaffen, ohne sich dafür musikalisch häuten zu müssen. So hält man Progressive Rock auch 2021 frisch und frei von akademischen Keimen. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/f74eda3c2f9342bb89c20d2541c0d2ef" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.05.2021
John Mitchell, Nathan King
John Mitchell, Jem Godfrey
John Mitchell
Jem Godfrey
Inside Out / Sony
53:16
14.05.2021