Wenn jemand seine Songsammlung „eine aufrichtige Bemühung“ nennt - wie das der kanadische Songwriter MATT PATERSHUK mit seinem fünften Album tut, dann legt er sich sozusagen eine Hypothek auf, die erst einmal eingelöst werden will. Und das tut der Kanadier auf eine recht geschickte Art, denn er bezieht das Bemühen gar nicht so sehr auf die eigenen Anstrengungen als Songwriter und Geschichtenerzähler, sondern auf seine betont lebensnah ausformulierten Protagonisten. Das neue Album ist nämlich eine Sammlung von Songs über Menschen, die sich aufrichtig bemühen, mit ihren Lebensumständen zurecht zu kommen. Dazu erschuf er eine kunterbunte Schar lebensnaher Charaktere, die zwar durchaus in irgendwelchen Zwickmühlen stecken, aber stoisch nach Lösungsmöglichkeiten suchen.
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Wie sich das für einen guten Songwriter gehört, gelingt es PATERSHUK – sofern er sich nicht als Beobachter oder Teilnehmer der Situation inszeniert – sich auf erstaunlich authentische Weise in seine Charaktere hineinzudenken (darunter neben diversen entwurzelten menschlichen Protagonisten auch ein Zirkuspferd, ein Kojote und eine besorgte Schwalbenmutter).
Es ist dann diese Art von angewandter Empathie, die MATT PATERSHUK als Songwriter auszeichnen, denn diese verleiht seinen Songs jene Art von universeller Note, die es auch unbeteiligten Beobachtern (bzw. Zuhörern) ermöglicht, eine Verbindung zu den besungenen Alltagshelden aufzubauen. Der wohl anrührendste Moment gelingt ihm allerdings mit dem Song „Stay With Me“, in dem sein Vater auf dessen Leben zurückblickt und sich mit den Worten „Stay with me 'till the light grows dim, 'Till the veil grown thin, 'tween past and tomorrow“ von seinem Sohn verabschiedet.
FAZIT: Kanadische Songwriter, die sich – wie MATT PATERSHUK – dem Americana-Genre verpflichtet fühlen, haben in den letzten Jahren in dem in Nashville residierenden, kanadischen Exil-Produzenten STEVE DAWSON einen geeigneten Partner gefunden, wenn es darum geht, die eigenen Songs in einem möglichst authentischen, amerikanischen Setting anzurichten. In DAWSONs Henhouse-Studio entstand so ein Album, das in einem klassischen, relaxten, akustischen Folk- und Country-Setting im Stile einer Hometown-Prairie-Companion-Radioshow angesiedelt ist (was Petershuks smoothem, fast stoischen Gesangsstil entgegenkommt). Dafür, dass das Ganze nicht in musikalischer Belanglosigkeit versackt, sorgen diverse originelle Arrangements, die mit Mandoline, Fiedel, Banjo, Weissenborn- und Pedal-Steel-Gitarre, Glockenspiel, Akkordion und (von MATT selbst zum Instrument umgewandelten) Schraubenschlüsseln angereichert wurden.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.11.2021
Jeremy Holmes
Matt Patershuk
Matt Patershuk, Steve Dawson
Gary Craig
Jeremy Holmes (Mandoline), Fats Kaplin (Fidel, Ukulele, Banjo, Harmonika)
Black Hen Music
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19.11.2021