Psychoakustische Ausnahmeerlebnisse von einer Band, bei der man so etwas fast schon erwartet: MISOTHEIST zeigen sich auf ihrem neuen Output aufgestellt wie eine typische Terratur-Possessions-Combo - viehisch brutal, irgendwie "esoterisch" (man fühlt es und kann es nicht in Worte fassen …) sowie an gegenwärtigen Black-Metal-Songwriting-Standards gemessen zwar gewieft, aber mal wieder alles andere als leicht zugänglich.
So sollte es andererseits auch sein, denn reden wir hier über extreme Musik? Ja, und das ist eben nicht bloß zur Worthülse verkommener "Extreme Metal", sondern wirkliches Ton gewordenes Grenzgängertum, auch wenn die Band freilich davon absieht, zu "Avantgarde" verklärten Krach zu schlagen, der nichts mehr von Musik im konkreten Sinn in sich birgt.
Nach verheißungsvoll kurzem Geräusch-Intro bricht in 'Acts of the Flesh' das erwartbare Inferno los. Das einleitende Stück fungiert mit seinen 16 Minuten zugleich als Schlüsselnummer der Platte, deren B-Seite zwei zusammengenommen beinahe genauso lange Tracks enthalten.
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In dem besagten Epos klingt zunächst einmal die Schule der frühen Emperor und - um im Land zu bleiben bzw. in die jüngere Vergangenheit zu blicken - Dødsengel sowie Nightbringer aus den Vereinigten Staaten an: quasi-orchestral und vielschichtig, aufgrund der generellen Rasanz voller Momenten, in denen man sich einbildet, mehr zu hören, als da vermutlich in Wirklichkeit ist.
Unterdessen enthält "Acts of the Flesh" aber genauso wie die beiden darauffolgenden Tracks zahlreiche Momente zum verhältnismäßigen Durchatmen. Die Produktion an sich ist als perfekt austarierte Mischung aus luftig und dicht bereits fulminant, die dramatische Inszenierung des kompositorischen Material gewährleistet darüber hinaus langanhaltende (rabenschwarze) Freude an "For the Glory of your Redeemer"
FAZIT: State-of-the-Art-Schwarzmetall aus Trondheim - die Norweger MISOTHEIST stehen für den Weiterdenker-Rock und -Metal ihrer Heimatstadt ein, indem sie ihr zweites Album als im Kern orthodoxe Gratwanderung zwischen traditioneller Raserei und klaren, fast liedhaft melodischen Konturen ('Benefactor of Wounds' geht ins Ohr, jawohl!) aufgezogen haben. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/19749959d3d14f858973d68165798501" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.02.2021
Terratur Possessions / Ván / Soulfood
30:29
05.02.2021