Tom Angelripper bestand vor 20 Jahren darauf, "M-16" sei kein Konzeptalbum über den Vietnamkrieg, doch selbiger zieht sich wie ein roter Faden durch die Songs - heute bestätigt der Frontmann den Zusammenhang -, angefangen bei Robert Duvals berühmtem Zitat aus "Apocalypse Now" (´Napalm in the Morning´) bis zur enthaltenen Coverversion von ´Surfin´ Bird´ von The Thrashmen, deren Text von einer der Lieblingsbeschäftigungen von US-Soldaten in Südostasien handelt.
"M-16" wurde von Teutonen-Thrash-Großmeister Harris Johns co-produziert (seine bislang letzte Arbeit für die Gruppe) und gehört zu den sowohl in kompositorischer als auch spielerischer Hinsicht raffiniertesten Werken der deutschen Legende - anzusiedeln irgendwo auf dem Level des verkannten Geheimtipps "Better Off Dead" von 1990.
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Unter seinen überwiegend im gehobenen Midtempo angesiedelten Stücken - die eher unauffälligen Lowlights heißen ´Lead Injection´ und ´I Am the War´, ansonsten killt "M-16" im wahrsten Wortsinn - stechen das martialische ´Among The Weirdkong´ mit seinem Maschinengewehr-Salven gleichkommenden Drumming und ´Marines´ hervor; diese Eloge auf die US-Marine nimmt rhythmisch subtil Bezug auf die Musikkultur in Fernost, was für ein wenig ansonsten nicht sonderlich stark ausgeprägter Dschungelkrieg-Atmosphäre sorgt. Auch das Ohrwurm-Potenzial von ´Little Boy´ und dem Titelstück ist überdeutlich erkennbar.
Das kompakte und sehr eingängige Songwriting gemahnt an den auch inhaltlich ähnlich gelagerten Klassiker "Agent Orange" (1989), wohingegen "M-16" auf der klanglichen Ebene seinen deutlich roher ausgericheten Vorgängern nach dem einstieg von Gitarrist Bernemann und Drummer Bobby näherkommt.
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Das gesamte Material wurde vom aktuellen Bandschlagzeuger Toni Merkel neu gemastert und erscheint nun mit diversen Bonustracks sowie (in der Box-Version) Fan-Gimmicks abgesehen von Bootleg-Vinyl - einem USB-Stick im Look einer Gewehrpatrone mit sämtlichen Stücken des Albums, einer militärischen SODOM-Erkennungsmarke, einem Poster mit dem Artwork plus einem 44-seitigen Booklet, das reichhaltig bebilderte Linernotes von Tom und Journalist Manni Eisenblätter enthält.
FAZIT: SODOM gingen vor zwei Jahrzehnten auf ihrem zehnten Studioalbum im Großen und Ganzen ernst und würdevoll mit einer für die Vereinigten Staaten immer noch traumatischen Angelegenheit um; dies rechtfertigt den gehobenen Status von "M-16" in ihrer Diskografie genauso wie diesen Re-Release. Zudem ist es etwas, das man sich dieser Tage auch (wieder) von Tom Angelripper wünschen würde - Besonnenheit und eine klare Haltung.
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Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.11.2021
Tom Angelripper
Tom Angelripper
Bernd "Bernemann" Kost
Bobby Schottkowski
BMG / Warner
49:02 (Hauptalbum)
26.11.2021