Zur Feier ihres 40. Jubiläums (zwischenzeitliche Karriereunterbrechungen nicht mitgerechnet) als Indie-Rock-Pioniere legen VIOLENT FEMMES ihr fünfte Studioalbum neu auf. "Why Do Birds Sing?" erschien vor genau 30 Jahren und markierte den kommerziellen Durchbruch der Band.
Die Deluxe-Doppel-CD erscheint mit obligatorischem Remastering und einer Fülle bisher unveröffentlichter Stücke, darunter alternative Fassungen von Album-Tracks und Outtakes, außerdem den Mitschnitt eines vollständigen Konzerts im Veröffentlichungsjahr der Platte (Club: The Boathouse in Norfolk im US-Bundesstaat Virginia) sowie Liner-Notes des angesehenen Songwriters und Journalisten Jeff Slate, der dafür mit den Bandgründern Gordon Gano und Brian Ritchie sprach.
Zu den frühen Versionen teils deutlich später herausgebrachter Lieder gehört - insbesondere hervorhebenswert - ein noch minimalistisch anmutendes ´Color Me Once´ das schließlich auf dem kultigen Soundtrack für den ersten "The Crow"-Film landete. Ferner darf man beispielsweise auch ´4 Seasons´ und ´Breaking Up´ im Anfangsstadium bewundern, ehe sie 1994 auf "New Times" zu Album-Ehren gelangten.
Weitere Perlen: die unterhaltsam trötende Single-B-Seite ´Dance Motherfucker Dance!´ und im Grunde das gesamte Konzert, dessen Audiospur der 2005 erschienenen DVD-Dokumentation "Permanent Record: Live & Otherwise" entnommen wurde.
Das letzte Album des Trios in der Originalbesetzung stach seinerzeit auch wegen VIOLENT FEMMES´ eigensinniger Interpretation von Culture Clubs 1982er-Hit ´Do You Really Want to Hurt Me´ hervor, der allerdings praktischerweise auch heute noch alles in sich vereint, was die Gruppe immer ausgemacht hat - eine stets leichtüberspannte Mischung aus Folk und Rock mit Punk-Attitüde und einer schwer in Worte zu fassenden Verschrobenheit, die sich in der schrammeligen Spielweise von Akustikgitarren und Keyboards niederschlug. Die Über-Single ´American Music´, die den Langdreher orgelig eröffnet, wird übrigens auch in einer deutlich anderen Variante bereitgestellt.
Das teils improvisatorisch erarbeitete Material umfasst zeitlose Alternative-Standards wie ´Blister in the Sun´, ´Gone Daddy Gone´ oder ´Please Do Not Go´, bei deren klanglicher Aufbereitung sich Produzent Michael Beinhorn (später Red Hot Chili Peppers, Soundgarden, Soul Asylum) als künftiges Schwergewicht empfahl.
FAZIT: "Why Do Birds Sing?" markierte seinerzeit einen Rückgriff auf die Haltung und den Proto-Alt-Rock-Sound der Frühphase von VIOLENT FEMMES - höre unter anderem ´Out The Window´ oder ´Girl Trouble´, das neben ´Life is a Scream´ und ´Flamingo Baby´ tatsächlich auch schon Anfang der 1980er in Grundzügen existierte. Die Jubiläumsausgabe zum 30. Jahrestag des Erscheinens des Albums gehört mit ihrer umfangreichen Erweiterung in jeden Rockhistoriker- und Indie-Fan-Haushalt. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/5a360c0c18d948a5b57e809947b4d846" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.11.2021
Brian Ritchie
Gordon Gano
Gordon Gano
Victor DeLorenzo
Craft Recordings / Concord / Universal
114:17
05.11.2021