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Drug Church: Hygiene

Stil: Alternative, Hardcore, Rock

Cover: Drug Church: Hygiene

DRUG CHURCH lehnen sich auf „Hygiene“ ganz schön weit aus dem Fenster. Was einst als Post-Hardcore anfing, hat sich mit diesem Album zu einem variablen Koloss moderner Rockmusik mit tendenziell melancholischem Unterton gemausert.
Dabei legt die Band den Fokus meist auf Eingängigkeit, was im krassen Kontrast zu den pessimistisch anmutenden Texten steht. Dass dieser Pessimismus aus der Beobachtung der gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Zeit resultiert, ist einerseits verständlich, stimmt andererseits aber doch wirklich traurig. Denn dadurch bekommen Künstler allgemein zwar eine Menge Futter für Texte usw., aber unterm Strich wäre es doch wünschenswert, wenn nicht alles so abgefuckt wäre.
Eine ähnliche Haltung findet sich auch in einigen Songs auf „Hygiene“. So eingängig Stücke wie „Detective Lieutenant“ doch sind, so sehr sitzen die textlichen Tiefschläge: „If we disappoint each other somehow it’s ok, we don’t share the same house, there’s only one side of the street you’re responsible for and that’s yours“.
Ist die Gesellschaft wirklich soweit verkommen, dass jeder einen Scheiß auf den anderen gibt?
Ja, solche Zeilen wirken einerseits doch etwas überspitzt, andererseits scheint die Realität dank Debatten über Freiheit und Unfreiheit von gewissen Personengruppen nicht mehr allzu weit von solchen Szenarien entfernt zu sein.

Aber zurück zu „Hygiene“, denn Songs wie „Tiresome“ oder „Premium Offer“ verdeutlichen die Gegensätzlichkeit, die ein zentrales Element des Albums ist. Diese Mischung aus eingängigen Riffs, unterschwelliger Elektronik und dem eigenwilligen Gesang von Patrick Kindlon kann sicher in manchen Momenten anstrengen. Aber es klingt doch auch sehr eigenständig, eingängig und kantig zugleich, was DRUG CHURCH hier veranstalten.
Besonders „Premium Offer“ sticht in dieser Hinsicht heraus. Es geht, grob gesagt, um Stalking, aber auch um staatliche Übergriffe (Stichwort: Überwachung). Der Sound dagegen startet relativ locker groovend, wird aber von aufreibenden Zwischentönen und Melodien unterwandert, die im weiteren Verlauf immer mehr zunehmen. Was dabei rauskommt ist eine faszinierende Mischung aus akustischer Anstrengung und einem Ohrwurmsound, der im knackigen „Piss & Quiet“ mit einem Knall explodiert.
„Athlete on Bench“ ist dann einer der längsten Songs auf „Hygiene“ und vereint tatsächlich alle Emotionen und klanglichen Komponenten des Albums sehr repräsentativ. Eingängige Melodien fließen über knackige Grooves und gesanglich werden einige Feinheiten ergänzt, die aber erst mit der Zeit deutlicher ins Gewicht fallen.

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Als FAZIT lässt sich festhalten: DRUG CHURCH haben auf „Hygiene“ einen sehr eigenständigen Sound gefunden, der nicht so leicht in eine Schublade zu pressen ist. Irgendwie ist das Hardcore, aber auch Alternative und Pop. Dazu kommt ein sehr pessimistischer Unterton, der in Kombination mit dem, gelinde gesagt, seltsamen Coverartwork eine durchaus melancholisch-depressive Stimmung erzeugt. Das ändert aber nichts daran, dass es auf diesem Album sehr viel zu entdecken gibt.

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.05.2022

Tracklist

  1. Fun's Over
  2. Super Saturated
  3. Plucked
  4. Million Miles Of Fun
  5. Detective Lieutenant
  6. Tiresome
  7. World Impact
  8. Premium Offer
  9. Piss & Quiet
  10. Athlete on Bench

Besetzung

  • Bass

    Patrick Wynne

  • Gesang

    Patrick Kindlon, Carina Zachary

  • Gitarre

    Nick Cogan, Cory Galusha

  • Schlagzeug

    Chris Villeneuve

  • Sonstiges

    Jon Markson, Danny Joseph, Skylar Sarkis (Hintergrundgesang)

Sonstiges

  • Label

    Pure Noise Records/Membran

  • Spieldauer

    26:15

  • Erscheinungsdatum

    11.03.2022

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