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Frida: Freedom Of Flight

Stil: Jazz-Pop, Experimental

Cover: Frida: Freedom Of Flight

Im Presse-Info wird FRIDAs Musik als „Experimental Jazz Pop Crossover“ bezeichnet, und selten hat ein Etikett so gut gepasst. Bereits die Besetzung verweist aufs Experimentelle, drei Sängerinnen, ein Bassist und ein Drummer reichen für ein abwechslungsreiches und hervorragend klingendes Album. Der erste Song bestätigt den Pop-Anteil, handelt es sich doch um ein Cover des ersten Britney Spears „Baby One More Time“. Was das Quintett aus diesem Lied herausholt ist sensationell. FRIDA arbeiten mit der Reduktion aufs Wesentliche, entkleiden den Track bis aufs Skelett, das von Bass und Drums nachgebildet wird, und umhüllen es mit Dreistimmigkeit. Die fast maschinenhaften Wiederholungen des verkürzten Refrains enthüllen das Manische des kleinen Popstückes, ohne in überkandidelte Aufregung zu verfallen. Traumhaft.

Gegenüber dem zweiten Stück ist der Opener eine luftig leichte Jazz-Pop-Perle. Die Vertonung des Emily Dickinson Gedichts „Have You Got a Brook in Your Little Heart“ steht immer kurz vor dem Zerfall. Der gestrichene und gezupfte Bass quält sich durch das Stück, die leise gespielten Percussions irrlichtern umher und dazu wandeln die Sängerinnen zwischen Wohlklang und wortlosen Experimenten, bis knapp vor den Exzess. Trotz der Irritationen bleibt das Lied auf verführerische Weise durchhörbar.

FRIDA bewegen sich zwischen traumhaften Sangesstrukturen und düsteren, schmerzlichen Elegien. Das Spiel mit Atemgeräuschen erinnert dezent an Laurie Anderson. „Freedom Of Flight“ feiert das Leben und beklagt das Enden. Vor allem das gespenstische „Kein Kinderlied“ (Lyrics von Mascha Kaléko) und das bewegende Finale „Der schwere Traum“ sind Oden an die Verlorenheit und den Tod („Ein Kirchhof war der Garten, das Blumenbeet ein Grab. Und von dem grünen Baume fiel Kron und Blüten ab“. „Der schwere Traum“).
Gerade „Kein Kinderlied“ ist mit seiner finsteren Analyse der Flüchtlingsthematik ein ungemein wichtiger und passender Song zur derzeitigen Lage.

„Die Wälder sind verschwunden, die Häuser sind verbrannt.
Hab keinen mehr gefunden. Hat keiner mich erkannt. […]
Wohin ich immer reise, ich komm nach Nirgendland“.

Die zweite Coverversion, Cindy Laupers „Time After Time“, sorgt für beseeltes, schwebendes Innehalten. Erneut eine intelligente und gefühlsstarke Interpretation.

Musikalisch reizen Conrad Noll und Jeroen Truyen die Klangspektren ihrer Instrumente weidlich aus. Sie streicheln, klopfen, schlagen zu und sind eine erstaunlich vielfältige Begleitung des Gesangs. Soundmäßig reif für Hifi-Tests.

FAZIT: „Freedom Of Flight“ ist ein kunstvolles Album, das sich geschmackssicher zwischen Pop, Jazz und Experiment hin- und her bewegt. Das Album besitzt eine enorme, intime Strahlkraft und funktioniert auch bestens als kluger Kommentar zur Zeit. Die außergewöhnliche und äußerst fähige Besetzung erhöht den Reiz des Besonderen.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.03.2022

Tracklist

  1. Baby One More Time
  2. Have You Got a Brook in Your Little Heart
  3. The Realm of You
  4. Singing Lessons
  5. You Cover Yourself
  6. Kein Kinderlied
  7. Time after Time
  8. Der schwere Traum

Besetzung

  • Bass

    Conrad Noll

  • Gesang

    Mascha Corman, Sara Decker, Julia Ehninger

  • Schlagzeug

    Jeroen Truyen

Sonstiges

  • Label

    Jazzsick Records

  • Spieldauer

    38:51

  • Erscheinungsdatum

    16.10.2020

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