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Jethro Tull: The Zealot Gene

Stil: Progressive Rock

Cover: Jethro Tull: The Zealot Gene

Man hat es fast nicht mehr für möglich gehalten, doch JETHRO TULL kehren tatsächlich noch einmal mit einem komplett neuen Studioalbum zurück, nachdem lange Zeit nur Zweitverwertung angesagt war - oft im Kontext des Soloschaffens von Sänger und Flötist Ian Anderson, dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied der Gruppe. Das letzte Werk der britischen Folk-Prog-Legende liegt schon eine ganze Weile zurück, und die Soloscheibe „Homo Erraticus“ war 2014 strenggenommen der Vorgänger von "The Zealot Gene"

Die neue Platte steht im Zeichen von Geschichten aus der Bibel, die Anderson allerdings allegorisch gelesen haben möchte. Ein Eiferer oder Fanatiker im Sinne des Titels des Albums ist der 74-Jährige allenfalls auf seine Musik bezogen, denn das neue Material, das schon eine Zeitlang fertig war, bevor die letzten Aufnahmen unter Dach und Fach gebracht wurden (Corona kam wie so oft in den letzten beiden Jahren dazwischen), markiert eine logische Fortführung dessen, was man zuletzt von JETHRO TULL zu hören bekam.

Das heißt: eingängige melodische Motive, oft virtuos von Ian auf der Querflöte verziert, teils elektrisch verstärkt und teils akustisch arrangierte Kompositionen und ein mindestens kammerorchestraler Ansatz beim Komponieren, der zu Liedern geführt hat, die paradoxerweise intim und ausladend zugleich anmuten. Mundharmonika wie in ´Jacob´s Tales´ und narrative Elemente wie im Titelsong kaschieren geschickt die Tatsache, dass Anderson (der ohnehin nie ein berauschender Sänger, wenn auch charismatisch war) bei allem Mittelungsbedürfnis in seinen Texten nur noch selten so hymnenhaft intoniert, wie es zu Hochzeiten der Band der Fall war.

Highlights enthält "The Zealot Gene" nichtsdestoweniger - insbesondere eben aufs rein Instrumentale bezogen -, als da wären: das weitläufige ´Mine Is The Mountain´ mit seiner komplexen Rhythmik, das tänzerische ´Shoshana Sleeping´ und das nahezu rein akustische ´Where Did Saturday Go?´ Ansonsten ist Andersons Wortwitz (höre etwa ´Mrs. Tibbets´) wieder die halbe Miete.

FAZIT: "The Zealot Gene" ist ein würdevolles Alterswerk einer Band, die zwar schon mal experimentierfreudiger war, doch wer JETHRO TULL von ihrer traditionell prog-folkigen Seite schätzt, fühlt sich hier zweifellos heimisch. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/8eda85622d16486783fa49eb55a6f95c" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.01.2022

Tracklist

  1. 01. Mrs. Tibbets
  2. 02. Jacob's Tales
  3. 03. Mine Is The Mountain
  4. 04. The Zealot Gene
  5. 05. Shoshana Sleeping
  6. 06. Sad City Sisters
  7. 07. Barren Beth, Wild Desert John
  8. 08. The Betrayal Of Joshua Kynde
  9. 09. Where Did Saturday Go?
  10. 10. Three Loves, Three
  11. 11. In Brief Visitation
  12. 12. The Fisherman of Ephesus

Besetzung

  • Bass

    David Goodier

  • Gesang

    Ian Anderson

  • Gitarre

    Joe Parrish-James, Ian Anderson, Florian Opahle

  • Keys

    Ian Anderson, John O´Hara

  • Schlagzeug

    Scott Hammond

  • Sonstiges

    Joe Parrish-James (Querflöte)

Sonstiges

  • Label

    Inside Out / Sony

  • Spieldauer

    54:16

  • Erscheinungsdatum

    28.01.2022

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