Die künstlerische Welt, die der ehemalige Tribulation-Gitarrist JONATHAN HULTÉN binnen kurzer Zeit als Solomusiker um sich herum aufgebaut hat, ist eine bemerkenswerte Mischung aus den Songwriting-Kniffen früher (meist tragischer) Singer-Songwriter wie Nick Drake oder Tim Buckley, kauzigem ("okkultem") Psychedelic Folk aus der Flower-Power-Zeit und einem letzten Rest Metal-Ästhetik. Aus diesem eigensinnigen Gebräu schlägt der Schwede nun nach je einer EP und LP vollends Kapital, indem er Auszüge aus seinem Repertoire umarbeitet und um eine visuelle Komponente erweitert.
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Auf "The Forest Sessions" spielt der androgyne junge Mann zwei Handvoll Stücke seines 2017er Aufnahmeeinstands "The Dark Night of the Soul" und vom 2020 erschienenen Album "Chants From Another Place", dem Titel entsprechend draußen in der Natur und insofern mit Session-Charakter, als er die Arrangements einer Live-Darbietung im Alleingang angepasst hat.
Begleitet wird der gut einstündige Film von stimmungsvollen Animationen zwischen den Songs, die wiederum mal im Kerzenschein bei Nacht zwischen Bäumen performt werden, ein andermal bei Sonnenschein mit Akustikgitarre am See; generell steigern die minimalistisch aufgehübschten Kulissen (etwa auch durch Spiegel) die Intensität des Ausgangsmaterials zusammen mit HULTÉNs exzentrischen Outfits, oft feminin mit schwarzen Schleiern oder Kopftuch und orientalischen Ohrringen.
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Die Black-Metal-Ästhetik des Künstlers wird vor allem dann deutlich, wenn er mit schwarzweißer Schminke bei Nebel (inklusive Bildrauschen) zwischen knorrigen Bäumen herumgeistert und Ausdruckstänze aufzuführen scheint.
Hier wird JONATHAN HULTÉN endgültig zu einem Gesamtkunstwerk, in dem Liebe am Verkleiden auf düstere Synthesizer-Arrangements mit Drumcomputer im Geiste früher Krautrock-Acts, lautmalerische Gesangspassagen, Orgel-Parts und verhalten jazzige Licks treffen.
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FAZIT: "The Forest Session" entpuppt sich als ideales Medium für JONATHAN HULTÉN. Das Videoformat spielt dem Rundum-Artisten in die Hände, während die Musik an sich trotz aller Theatralik und Staffage für sich selbst stehenbleibt. Und originell ist das Ding im Verhältnis zu drögen Live-DVDs ebenfalls. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/397d50052ef747ddac9d6af92f5ab833" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.12.2022
Jonathan Hultén
Jonathan Hultén
Kscope / Edel
58:36
23.12.2022