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Mattiel: Georgia Gothic

Stil: Indie-Pop

Cover: Mattiel: Georgia Gothic

Bislang gab es im Hause MATTIEL eine klare Aufgabenteilung: Für den musikalischen Teil war das aus MICHAEL SMALL und JONAH SWILLEY bestehende Produzententeam THE INCROWD zuständig – und zwar nicht nur in Bezug auf die Produktion, sondern auch als Songwriter, Arrangeure und Musiker – auch auf der Bühne.
Für die Lyrics, den Gesang und nicht zuletzt die Performance zeichnete sich dann die namengebende Frontfrau MATTIEL BROWN verantwortlich.
Das ging so weit, dass MATTIEL in der Promo-Arbeit zu den bislang erschienenen zwei Alben gar nichts zu der musikalischen Gestaltung ihrer Band sagen mochte.

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Irgendetwas musste aber nach der Tour zum zweiten Album „Satis Factory“ passiert sein, denn mit dem nun vorliegenden Werk „Georgia Gothic“ präsentieren sich MATTIEL und JONAH SWILLEY als Duo-Projekt. Die aktuelle Bio erweckt sogar den Eindruck, als sei das auch schon zuvor so gewesen: Die Namen THE INCROWD oder MICHAEL SMALL werden mit keinem Wort erwähnt. Wieso das so ist, wird weiter nicht erläutert – es hat aber erhebliche Folgen. Denn anders als zuvor arbeiteten MATTIEL und JONAH SWILLEY nun als Team in einer kleinen Waldhütte im heimatlichen Atlanta zusammen an den neuen Songs und produzierten diese auch gemeinsam.
Zum Schluss übergaben sie das Material für den Mix dann an den Produzentenkollegen JOHN CONGLETON. Das Ergebnis ist eine Scheibe, bei der die explosive Energie, die MATTIEL bislang als Bandprojekt auszeichnete zugunsten eines differenzierten, vielschichtigen Klangbildes zurückgefahren wurde und der zuvor stets rückwärts gewandte, abrasive Retro-Klang durch einen eher zeitgemäßen, stilistisch vielseitig aufgebohrten Indie-Pop-Sound ersetzt wurde.

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Das hat alles seine Vor- und Nachteile: Das gemeinsame Songwriting führte etwa zu wirklich brillanten, effektiv strukturierten Songs mit knackigen Hooklines und starken Refrains – und inhaltlich entdeckte MATTIEL eine humorvolle, selbstironische Note, die den bisherigen Songs vollkommen abging.
So schwärmt sie etwa für JEFF GOLDBLUM, bringt das aber auch mit SLEEPY HOLLOW in Verbindung, sieht sich als Leuchtturm für Sirenen, verachtet die Person, die sie morgens im Spiegel anschaut, vergleicht ihre Liebe mit einem angebrochenen Ei oder kehrt DYLAN's „Subterranean Homesick Blues“ in die Pandemie-Metapher „Subterranean Shut-In Blues“ um.
Das ist alles immens unterhaltsam und dank des neuen musikalischen Ansatzes auch durchaus eingängig und unterhaltsam – lässt aber die raue, greifbare und bissige Schärfe und den rücksichtslos despektierlichen Vortrag vergangener Tage deutlich vermissen.

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FAZIT: Warum heißt das neue MATTIEL Album „Georgia Gothic“? Nun MATTIEL BROWN und JOHNAY SWILLEY wollten mit diesem Werk den musikalischen Traditionen ihres Heimatstaates Georgia und den zahlreichen Acts, die sie als Musiker auch selbst inspiriert haben, Tribut zollen. Ähnlich, wie das ihre Kollegin EMILY JANE WHITE weiland mit dem Titel „Victorian America“ gemacht hatte – denn selbstredend gibt es in Georgia keine gotischen Traditionen. So wehen aber zumindest der Geist und die Attitüde von klassischen Georgia-Acts wie R.E.M., den B-52's, GLADYS KNIGHT, MOTHERS FINEST oder THE OUTKAST durch das Album „Georgia Gothic“.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.03.2022

Tracklist

  1. Jeff Goldblum
  2. On The Run
  3. Lighthouse
  4. Wheels Fall Off
  5. Subterranean Shut-In Blues
  6. Blood In The Yolk
  7. Cultural Criminal
  8. You Can Have It All
  9. Other Plans
  10. Boomerang
  11. How It Ends

Besetzung

  • Gesang

    Mattiel Brown

  • Gitarre

    Jonah Swilley

Sonstiges

  • Label

    Heavenly Recordings

  • Spieldauer

    33:50

  • Erscheinungsdatum

    18.03.2022

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