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Sofie Royer: Harlequin

Stil: Indie-Pop

Cover: Sofie Royer: Harlequin

Was zeichnet Hofnarren, Harlekine, Weißclowns und Pierrots aus?
Nun all diese Berufe finden sich auf dem Gebiet dessen wieder, was man heutzutage auch gerne als „Comedy“ bezeichnet.
Allerdings sind das nicht die Art von Comedians, die für die Zoten und Schüttelreime zuständig sind und im Rampenlicht stehen – sondern diejenigen, die im Hintergrund für Vernunft, Vorsicht und Ratio zuständig sind und auf die Clowns im Vordegrund mäßigend einwirken. Insofern hat sich die Wienerin SOFIE ROYER für ihr zweites Album „Harlequin“ ein wirklich schönes Leitthema ausgesucht, denn auch wenn sich in ihrem kunterbunten Zirkus-Panoptikum allerlei seltsame und komische Charaktere tummeln, beobachtet SOFIE das Geschehen hinter ihrer Weißclown-Maske stets mit der notwendigen Bodenhaftung und einer Prise Melancholie.

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Nicht umsonst haben viele Harlekine auch mal gerne eine Träne auf ihr bleiches Antlitz gemalt. Die Maske ist dabei auch ein Schutzpanzer – das räumt SOFIE freimütig ein – denn ihre meist auf englisch, aber auch schon mal auf deutsch vorgetragenen Selbstfindungs-Songs haben einen höchst persönlichen Kern, auch wenn sie sich auf (wie gesagt seltsame) Charaktere bezieht, wie z.B. den MANSON-Jünger BOBBY BEAUSOLEIL, die GAINSBORG-Muse JANE BIRKIN, KARL MARX, die Kult-Regisseure ERIC ROHMER und ANDRE TARKOVSKY oder ganz allgemein J.D. SALINGER.

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Tatsächlich bezeichnet SOFIE das Album als eine Art „Theaterstück mit bereits existierenden Figuren“.
Zu diesen Figuren gehört natürlich auch die Musikerin selbst, die en passant auch noch Spezifika über ihre Heimatstadt als Landmarken anzubieten hat.

Ebenso vielschichtig wie ihre Inhalte sind zugleich ihre Kompositionen, die allesamt als ideenreich und ambitioniert betrachtet werden dürfen, denn offensichtlich gibt sie sich nicht mit der erstbesten Idee zufrieden sondern setzt melodisch, harmonisch und strukturell gerne noch mal eins drauf.

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FAZIT: Während sich SOFIE ROYER für „Harlequin“ inhaltlich ein allegorisches Thema ausgesucht hat, beschäftigt sie sich musikalisch schlicht und ergreifend mit ihrer eigenen Laufbahn: Sie studierte Geige am Konservatorium, zog dann allerdings nach New York und später L.A., wo sie als DJane und Mitbegründerin des Boiler-Room erste musikalische Erfahrungen sammelte und als Label-Managerin für Stones Throw arbeitete. Die Songs für ihre Solo-Karriere als Musikerin entstanden indes erst nach ihrer Rückkehr nach Wien – was den europäischen Touch ihrer Musik erklärt. Darin verquickt SOFIE ROYER klassische Barock-Pop-Elemente, chansonesque Vibes, Noir-Eleganz und Club-Referenzen in einem zeitlosen New-Wave-Pop-Setting, wie man es in dieser Konsequenz nun auch schon lange nicht mehr gehört hat (was ironischerweise bei den deutschsprachigen Passagen zu einem gewissen NDW-Feeling führt).

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.09.2022

Tracklist

  1. Schweden Espresso
  2. Court Jester
  3. Love Park
  4. Baker Miller Pink
  5. Klein-Marx
  6. Feeling Bad Forsyth-Street
  7. Ballad Of Bonny Beausoleil
  8. Sick Boy
  9. Someone Is Smoking

Besetzung

  • Gesang

    Sofie Royer

Sonstiges

  • Label

    Stones Throw

  • Spieldauer

    33:35

  • Erscheinungsdatum

    23.09.2022

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