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Reviews

Drott: Troll

Stil: Progressive / Experimental

Cover: Drott: Troll

Ein ganz eigenes, in sich selbst versponnenes Album legt das Bergener Trio DROTT mit seiner zweiten Veröffentlichung unter dem Titel "Troll" vor. Ein Namedropping der hauptverantwortlichen Musiker und ihrer Gäste könnte den Verdacht nahelegen, dass uns abenteuerlicher (Post) Black Metal entgegenschallt – doch weit gefehlt: DROTT musizieren mit Staunen machender Freiheitsliebe jenseits solcher Genres und lassen ihrer Musik noch mehr Raum zur Entfaltung als bei ihren Herkunftsbands. Und das will was heißen, denn wir sprechen u.a. über Enslaved und Ulver…

Insofern mag das Trio einige Metal-Fans gepflegt vor deren Dickschädel stoßen, denn heavy oder black ist seine Musik allenfalls in Maßen, und selbst von Metal lässt sich nur sehr bedingt sprechen – eher bewegen sich DROTT so experimentierfreudig wie souverän im Fahrwasser von Bands wie etwa Jaga Jazzist. Will heißen: Wenn die Norweger eine Songidee entwickelt haben, dann wird diese auch mit großer Konsequenz realisiert, und zwar unabhängig von vermeintlichen Stilgrenzen. Einflüsse aus der Oper (in "Det Ser") sind ebenso zu erkennen wie aus dem Folk (z.B. in "Troll") oder der Klassik ("Nattas Blot", Emerson, Lake & Palmer oder auch Mekong Delta lassen grüßen). Die Dramatik einiger Kompositionen lässt einen unterschwelligen Hang zum Größenwahn erkennen: "Nattas Blot" erinnert schließlich doch mit erdrückender Düsternis an Celtic Frosts epochales "Monotheist".

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Gleichwohl gilt: Festnageln lassen sich DROTT kein bisschen auf diesen oder jenen Stil, sondern bewegen sich munter von einem Lied zum nächsten, zitieren, wenn es gerade passt, (die norwegischen) Shining im Vorbeitanzen, lassen viel Spaß an der Freude durchschimmern, geben sich gleichzeitig in Form von ungewöhnlichen Vokal-Arrangements nicht gerade wenig geheimnisvoll. "Troll" ist ergo ein Album wie kein zweites, und in einem ungewöhnlichen Maße abenteuerlich und verwegen. Als Gastsänger:innen haben Linda Fay Hella, Kristian „Gaahl“ Espedal sowie Herbrand Larsen daran einen nicht unerheblichen Anteil. Würde Edvard Grieg heute leben, ich wäre sehr gespannt darauf, was der (selbst)kritische Künstler zu diesen Kompositionen und Darbietungen zu sagen hätte…

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FAZIT: Progressiv im wahrsten Sinne des Wortes laden DROTT mit "Troll" zu einer mitunter hypnotisierenden Reise durch ihre eigene, mythisch inspirierte Welt ein. Sobald ihre Musik erklingt, ist ganz egal, ob es sich dabei um atmosphärischen Rock, psychedelischen Metal oder experimentelle (Kammerspiel-)Musik im stilistischen Grenzland handelt. "Troll" ragt in vielerlei Hinsicht aus dem Einerlei von so genanntem Prog Rock und Metal weit heraus und verzaubert mit seltenem Ideenreichtum und phantastischer Musikalität. In dieser Hinsicht faszinieren DROTT keinen Deut weniger als die Nachbarn von Natt (ehemals Kraków) und legen gleichfalls einen bärken…, pardon, trollstarken Anwärter auf das "Album des Jahres" vor.

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.05.2023

Tracklist

  1. Troldhaug
  2. Allting
  3. Våkenatt
  4. Til Stein
  5. Det Ser
  6. Solskodde
  7. Mara
  8. Troll
  9. Nattas Blot
  10. Sabbat
  11. Fornjots Born
  12. Grotten
  13. Natt

Besetzung

  • Gesang

    Kristian Espedal (guest), Linda Fay Hella (guest), Herbrand Larsen (guest)

  • Gitarre

    Arve Isdal

  • Schlagzeug

    Ivar Thormodsæter

  • Sonstiges

    Matias Monsen (Cello)

Sonstiges

  • Label

    By Norse Music

  • Spieldauer

    46:23

  • Erscheinungsdatum

    19.05.2023

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