LES DUNES sind abstrakt und überfrachten ihren Instrumentalsound mit einer Menge Gefühl. Vielleicht spielt da auch ihre Herkunft Norwegen eine Rolle, denn die Landschaft Skandinaviens ist bekanntlich schön und schroff zugleich.
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Die Struktur von „Les Dunes“ gleicht in vielerlei Hinsicht dem Verlauf eines Tages. Die Morgensonne steigt langsam am Horizont auf. Sanft bettet ihr Licht die Erde und ihre Lebewesen in Wärme, sorgt dafür, dass sich Pflanzen aus dem Boden gen Himmel räkeln und Klein- und Großgetier sein Tagwerk antritt. Stücke wie „Akkordskiftelåten“ zeichnen sich durch einen meditativen Charakter aus. Der Klang schwillt langsam, aber stetig an und fällt auf seinem Höhepunkt zurück in sanfte, reduzierte Gitarrenklänge.
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In „Spectral Lanes“ verschiebt sich der Fokus noch mehr in Richtung Entspannung. Wie die vertonte Beobachtung in Vogelperspektive gleiten die Töne dahin, Bilder von satt grünen Wäldern, feuchten Wiesen ziehen vor dem geistigen Auge auf. Und überall wuselt das Leben. Egal ob Kleinstgetier im Erdreich oder Großwild, das sich am satt-grünen Gras einer Lichtung zusammen findet: Das Leben scheint in voller Blüte zu sein.
Mit „Zosima“ ziehen ein paar Wolken auf. Behäbig schieben sich die Regenträger über den Himmel. Die Musik wird ein klein wenig melancholischer, bedachter und führt in „Mayhem in Hm“ auf eine intime Innenschau hin. Inmitten dieser unberührten Natur ist da plötzlich ein Mensch, der sowohl überwältigt von der Schönheit seiner Umgebung ist, als auch ein Bewusstsein dafür hat, dass er anders ist. Weniger gebunden an einen evolutionären Zyklus, will er trotzdem ein Teil davon sein, denn das Leben um ihn herum scheint vollkommen.
Und doch ist er einsam.
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„Kaisarholi“ weckt mit reduzierter Tonalität Ahnungen von dunklen Wolken die sich über den Himmel schieben und somit auch Unsicherheit mitbringen.
Wird es nur regnen und somit nährendes Wasser bringen?
Oder wird es stürmen?
Ungewissheit macht sich breit…
„D and ass“ trägt diese Unsicherheit weiter. Allerdings lockt doch noch die Wärme der Sonne. Behäbige Grooves, meditative Melodien und repetitive Muster malen Bilder einer langsam ergrauenden Idylle. Dieser Prozess wirkt keineswegs destruktiv, vielmehr ist er Teil eines Kreislaufs, der im finalen „The Build-up“ den Weg zu einem Neuanfang findet. Die Musik klingt einerseits wieder lebensfroher, andererseits liegt in der rhythmischen Behäbigkeit, den tiefschürfenden, repetitiven Melodien auch etwas Schmerzliches. Der Schmerz darüber, dass ein Abschnitt dem Ende entgegenstrebt. Und doch liegt in der ansteigenden Dringlichkeit der Musik das Gefühl von Geborgenheit. Ein Kreislauf endet eben nicht, findet höchstens zu neuer Form und Gestalt. Wie die Raupe, die zur Puppe wird und schließlich als Schmetterling wiederkehrt.
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FAZIT: LES DUNES stecken voller Gefühl und teilen auf ihrem selbstbetitelten Debüt die volle Packung Lautmalerei. Diese Musik bietet eine Auszeit von den hektischen Eindrücken des Alltags und schafft Raum für Ruhe und Entspannung. Damit ist „Les Dunes“ ein instrumentaler Seelenstreichler und zugleich achtbarer Einstand dieses norwegischen Trios.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.04.2023
Per Steinar Lie
Per Andreas Haftorsen
Morten Jackman
Kapitän Platte/Apollon Records
41:47
24.03.2023