Ruhig ist es in den vergangenen Jahren um Helrunar geworden, und seit Drautran die Segel gestrichen haben, sind sogar rund anderthalb Jahrzehnte ins Land gezogen. Dass nun ausgerechnet die 2008 gegründeten SKARDUS nach drei Demos und einem Split-Tape mit ihrem ersten (!) Langspielalbum jenes von den deutschen Pionieren verwaiste Feld beackern, sollte keinesfalls den Schluss nahelegen, dass es die Kieler Band gemütlich angehen lässt: "Stormriek" wartet mit schroffen Ecken und Kanten auf, und zehrt von zahlreichen schwermetallischen Einflüssen.
Einfach diesem oder jenem Stil zuordnen lassen sich die Norddeutschen also nicht, doch vor allem das ebenso garstige wie atmosphärische Klangbild weist in Richtung Black Metal. Dass SKARDUS gelegentlich an die beiden genannten Bands erinnern, liegt vor allem an einigen Gesangsarrangements bzw. an der Kombination von Gesangs- und Erzählstimmen. Immerhin war Bassist und Sänger Herr Jürgensen einst bei Drautran mit an Bord, und auch die Vortragsweise von Skald Draugir ging wohl nicht spurlos an ihm vorbei, wie zum Beispiel in "Det Schong Von Er Onnerbaantjes" deutlich wird. Bereits diese Facette hebt das Trio vom Gros des (nicht selten eher peinlichen) deutschsprachigen Pagan Metal ab. Hinzu kommt, dass SKARDUS den Sagen und Legenden ihrer Heimat auch auf Plattdeutsch und Friesisch Gehör verschaffen, was ihrer Musik einen noch eigenwilligeren Klang verleiht, der vielleicht nicht jedem sofort geschmeidig ins Ohr geht, doch umso interessanter tönt.
Ähnlich harsch und grimmig wie einst bei den Münsteranern (Grátr!) geht der Black Metal dem Trio gut von der Hand, zur Hochform läuft es immer mal wieder auf, wenn es das Tempo zugunsten von Dramatik und Atmosphäre drosselt und dabei bemerkenswert variabel vorgeht. Die Keyboard-Untermalung im Song "Ins Tosende Grab" erweist sich als Paradebeispiel für einen die Stimmung verdichtenden Einsatz dieses Instruments im Black Metal und erinnert an die Gründerjahre im Norden. Die Musik klingt durchweg handgemacht, und auch die jenem Umstand Rechnung tragende Postproduktion von Markus Skroch räumt jegliche Verwechselungsgefahr mit schwachbrüstigen Amon-Amarth-Abklatschen aus. Mit "De Doden Singt Ehr Leder" knallen uns SKARDUS zu guter Letzt noch einen besonders grimmigen Rausschmeißer vor den Latz, der Laune macht, auf "repeat" zu drücken.
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"Stormriek" erscheint als liebevoll gestaltete Digipak-CD, für welche die norddeutsche Künstlerin The Field Alchemist eigens angefertigte Linolschnitte-Illustrationen beigesteuert hat, deren spröder Charakter zur Musik passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Der von Einheit Produktionen und Schattenpfade gemeinsam veröffentlichte Tonträger erweist sich somit auch in dieser Hinsicht als geschmackvoll widerborstiges Unikat, das kitschigen Plastik-Metal der üblichen Verdächtigen ganz alt aussehen lässt.
FAZIT: Hut ab vor der Band aus Kiel, die konsequenterweise erst 15 Jahre nach der Gründung ihr Debütalbum vorlegt – und damit überzeugt! Denn "Stormriek" ist ein rundherum gutes, atmosphärisch dichtes, mitunter sogar mitreißendes Album, das zum Beispiel beim Strandspaziergang ab Windstärke sechs gehört werden sollte.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.09.2023
Herr Jürgensen
Herr Jürgensen
Morten Basse
J.S.
Einheit Produktionen / Schattenpfade
43:30
22.09.2023