Auf ihrem fünften Album geben sich OVRFWRD wieder komplett instrumentalen Klängen hin. Fast siebzig Minuten dramatische Musik, die stilvoll und wuchtig zwischen Progressive-Rock und -Metal herumschwirrt, wobei das Metallische nicht allzu derb ausfällt. Lieber wird ein Klavier eingesetzt oder fette Mellotron-Sounds bremsen die Härte der attackierenden Gitarren und der wirbelnden Rhythmus-Sektion. Mehr noch schätzt die Band aus Minnesota das vollmundige Großformat und hat es im Griff.
Immer wieder nähern sich OVRFWRD dem Jazz, besonders im Opener „Red Blanket“, der von Dave Foley an der Trompete veredelt wird. Ein sehr schöner und gelungener, leider einmaliger Einsatz. Doch gibt es anderweitig genug Hörenswertes. Die Frickelfraktion arbeitet zweckdienlich, sorgt für Dynamik und zerstört nicht den melodischen Aufbau der meist um acht Minuten langen Songs. Und bevor die Zurschaustellung technischer Fertigkeiten zum Selbstläufer wird, setzt Chris Malmgren mit dem Piano romantische und gepfefferte Akzente, oder gibt seinen Keyboards und Synthesizern ausreichend Spielraum. Dabei wechselt er geschickt zwischen zwirbeligen Soli und üppigen Kaskaden zum Schwelgen.
Geschickt enthalten sich OVRFWRD stumpfen Powerplays, flechten ruhige Passagen ein oder lassen es im Midtempobereich vertrackt zugehen („Notes Of The Concubine“). „Eyota“, der längste Track des Albums, erlaubt sich ein wenig geordnetes Chaos zum Einstieg, bevor er zupackend, aber mit Schmelz große Gefühle zelebriert. Das Klavier spielt erneut eine zentrale und rühmliche Rolle. Wenn die späten RENAISSANCE sich an einem Jazz-Rock-Instrumental als Hommage ans MAHAVISHNU ORCHESTRA versucht hätten, wäre vielleicht so etwas wie „Eyota“ dabei herausgekommen. Ein musikalisches Melodram der bekömmlichen Art und ein Höhepunkt des Albums.
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FAZIT: OVRFWRD spielen Wohlfühlprog (mit schrägen Ausreißern und Jazz im Angebot) der gehobenen Härteklasse. Das ist ausgereift, spannend durchkomponiert und hält auch ohne Gesang über die pralle Laufzeit bei Laune. Selbst Progmetal-Agnostiker können ein Ohr riskieren, sofern sie auf Vocals verzichten können.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.02.2024
Kyle Lund
Mark Ilaug
Chris Malmgren
Richard Davenport
Dave Foley (trumpet)
Rock Slacks Music/Just For Kicks Music
68:26
12.01.2024