<img src="http://vg02.met.vgwort.de/na/9df346e809004e80b9d07d079c4d863a" width="1" height="1" alt=""> 2022 haben wir OUs Debütalbum unter anderem mit Devin Townsend verglichen, jetzt hat der kanadische Musikvisionär den Nachfolger co-produziert und abgemischt - eine irgendwie logische Konsequenz in Anbetracht des Stils der chinesischen Band. "II: Frailty" festigt den Eindruck, der sich beim Hören von "One" einstellte; das Quartett aus Peking erarbeitet sich eine eigene Nische innerhalb des Modern-Prog-Metal-Spektrums, indem sie entrückten weiblichen Gesang mit Breitwand-Gitarren und einem beträchtlichen Maß Electro/Ambient verschränkt.
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Unter dem Aufhänger, die "Zerbrechlichkeit und Schönheit unserer Existenz" musikalisch zu verarbeiten, entfalten sich auf ihre Spielzeit bezogen recht kompakte Kompositionen, die einerseits auf Stolper-Rhythmik à la Leprous oder Caligula's Horse beruhen und andererseits um ausgefuchste Gesangsarrangements kreisen, aus denen sich der eigentliche melodische Gehalt der Band ergibt. So pendelt das Material auf absolut nicht vorhersehbare Weise zwischen Härte und Zärtlichkeit, wobei man je nach Sichtweise anmerken könnte, das Songwriting sei experimentell oder schlicht mangelhaft.
Bisweilen sind die Sprünge jedenfalls krass, da manches nur kurz angeschnitten zu werden scheint, seien es irrsinnige Blastbeats oder Zeitlupen-Breakdowns, die wie aus dem Nichts kommen. Hut ab davor, etwas so Sperriges wie die ersten beiden Tracks in 'Purge' gastiert Townsend, dessen Handschrift als Producer unverkennbar ist, auch gleich als schreiendes Pendant zur elfenhaften Vokalistin Lynn Wu - als Singles rauszuhauen. Der Sound und die Ideen beeindrucken, der kompositorische Wow-Effekt hält sich allerdings über die abrupten Brüche hinaus in Grenzen
Das leichtfüßige 'Ocean' und das komplett synthetisch arrangierte 'Capture and Elongate (Serenity)' kokettierebn mit quietschiger K-Pop-Ästhetik, ohne plakativ exotisch anzumuten, das ätherische 'Redemption' kommt genauso wie 'Reborn' gänzlich ohne Rock-Elemente aus, wohingegen die knallharten, rhythmusbetonten Passagen des Albums Schlagzeuger und Initiator Anthony Vanacore in den Brennpunkt rücken. Der gebürtige New Yorker, derzeit einer der gefragtesten (Jazz-)Drummer in China sorgt mit seiner Meshuggah-mäßigen Microtiming-Performance für etliche Maulsperren, die für "reine" Metal-Hörer den Hauptreiz von "Frailty" ausmachen dürften.
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FAZIT: Man darf OU weiterhin Mut zum Eigensinn bescheinigen. Der chinesische Vierer ist eher avantgardistisch als progressiv im Sinne des entsprechenden Metal-Genres, und opfert die Möglichkeit, handfeste Kompositionen mit konventionellen Hooks zu bieten (was sie definitiv kann), der großen Freude am artifiziellen Soundexperiment oder -design. Unterm Strich ist das Ganze deshalb zwar alles andere als ein Gimmick-Act, aber immer noch ausbaufähig. Die Entwicklung weiterzuverfolgen wird spannend.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.04.2024
Chris Cui
Lynn Wu
Jing Zhang
Anthony Vanacore
Insi
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26.04.2024