<b>„Es ist kein Geheimnis, dass sich GLASS HAMMER auf jedem Album neu zu erfinden versucht. Genauso wie auch diesmal. Darum gibt es auf 'Rogue' ganz viele neue Gesichter zu entdecken.“</b> (Steve Babb)
Wieder tauchen GLASS HAMMER ganz tief in die Retro-Prog-Welt der Frühsiebziger und solcher Eigengewächse wie ihr <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2018/Glass-Hammer/Chronomonaut/" target="_blank" rel="nofollow">„Chronomonaut“</a> und <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2007/Glass-Hammer/Culture-Of-Ascent/" target="_blank" rel="nofollow">„Culture Of Ascent“</a> ein und hinterlassen darin ihren hammerhaften wie gläsernen, durchaus bleibenden, proggigen Fußabdruck.
Hierbei kündigt der Album-Opener „What If“ die auf dem Album eingeschlagene Richtung vorausschauend an. Denn der 5-Minüter endet nach einer anfangs deutlichen YES-Atmosphäre mit TANGERINE DREAM-Electronics, um dann das folgende „The Road South“ mit einer Gitarre einzuleiten, die ein STEVE HOWE nicht hätte besser spielen können.
Wie bei dem gläsernen Hammer-Kopf Steve Babb bereits zur Gewohnheit geworden, überrascht er auch dieses Mal mit sehr interessanten, wirklich guten Sängern: Thomas Jakob aus Holland und Olivia Tharpe aus Amerika. Überhaupt wird die musikalische Multikultur wiederum sehr groß geschrieben, sodass auf „Rogue“ zusätzlich ein argentinischer Keyboarder, ein britischer Gitarrist und ein polnischer Schlagzeuger mit zum Einsatz kommen. Alle eine Bereicherung und Garanten für viel Abwechslung auf „Rogue“.
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Natürlich lässt sich Babb aber nie die breit angelegte Keyboard-Federführung aus der Hand nehmen, wobei er das gesamte Spektrum von einem TONY BANKS bis hin zu einem RICK WAKEMAN beherrscht.
Besonders stark hierbei „One Last Sunrise“! Das einzige Instrumental auf dem Album, spielt – passend zum Titel – mit harmonischen Electronics, die ein wenig Richtung 'Berliner Schule' und die großartigen ASHRA bzw. MANUEL GÖTTSCHING ihre Fühler ausstrecken und voller Stereo-Effekte diesen letzten Sonnenaufgang zu einem außergewöhnlichen Erlebnis werden lassen, bis die letzten 20 Minuten bzw. die letzten zwei Stücke zum großen (mitunter hymnischen) Finale ausholen.
Vielleicht sollte zuvor allerdings noch erwähnt werden, dass „I Will Follow“ eine – in diesem Falle für GLASS HAMMER ungewohnte – Erinnerung an die großen britischen Electro-Popper ORCHESTRAL MANOEUVRES IN THE DARK weckt. Der Song verbreitet mit all seinen poplastigen Harmonien und dem männlichen wie weiblichen Gesang viel Optimismus: „I will follow where my heart would go...“
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Überzeugend ist auch die Gestaltung von „Rogue“.
Im zweiflügeligen Digipak entdeckt man ein 12-seitiges, kunstvoll ausgeschmücktes Booklet mit allen Texten, welche die recht pathetische Geschichte, die am Ende ihre göttliche Fügung findet, erzählen, wobei fast schon selbstverständlich ist, dass der GLASS HAMMER-Kopf auf seinem Album erneut eine konzeptionelle (letzten Ende doch etwas bedrückende) Story entwickelt, die er selber zusammenfasst: „Es geht um die schicksalhafte Reise eines Mannes. Er lässt alles hinter sich, was er bis dahin kannte und ihm als selbstverständlich erschien, weil er an einen Ort zurückkehren will, von dem er glaubt, dort einmal glücklich gewesen zu sein. Aber in Wirklichkeit führt ihn seine Odyssee an einen für ihn völlig unerwarteten Ort. Es ist ein schwieriges Thema für ein Album, aber die Musik ist nicht so schwierig wie es unsere letzten Veröffentlichungen waren. 'Rogue' ist viel mehr wie die GLASS HAMMER-Alben, die unsere Fans als 'klassisch' bezeichnen.“
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FAZIT: Auf „Rogue“ kehren GLASS HAMMER (oder besser STEVE BABB) zu ihren/seinen alten Wurzeln mit neuer Besetzung und neuen Sängern zurück. Babb selber bezeichnet sein aktuelles Werk als 'klassisches Album', was viele begeistern wird, die seinen Hang zu konzeptionellen Werken mit YES- und GENESIS-Schlagseite sowie gutem, abwechslungsreichen männlichen und weiblichen Gesang mögen. Die Härte der Vorgänger-Alben weicht hierbei symphonisch breit ausladenden Harmonien und sorgt so für eine zwar entspannte, aber trotzdem spannende Musikstunde, um einen Mann, der eine schicksalhafte Reise auf der Suche nach seiner großen Liebe antritt und dabei alles, was er bis dahin kannte und für ihn gewohnt war, zurücklassen muss.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.05.2025
Steve Babb
Thomas Jacob, Olivia Tharpe, Steve Babb
Steve Babb, Fred Schendel, Reese Boyd, David Wallmann, Oliver Day, Attilio Calabrese
Steve Babb, Ariel Perchuk
Randall Williams, Evgeni Obruchkov
Steve Babb (Percussion, Taurus Pedals Guitars)
Sound Resources/Just For Kicks
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11.04.2025