"Kein Wort über Hunde – das Cover hat lediglich einen kommerziellen Hintergrund." So steht es geschrieben auf dem Deckblatt der für unverschämte 3 € den Turbokapitalismus anheizenden, 116 Seiten starken elften Ausgabe des ISIDOR-Fanzines, dessen Untertitel "Musik, Kultur, Sport, Alltag und andere Grausamkeiten: Intrinsisch motivierte Texte zur fokussierten Aggressionsreduktion" bereits mehr Vielfalt aus Tableau bringt als andere Papiersammlungen.
In einem seinesgleichen suchenden Vorwort notiert Herausgeber und Ultra-Läufer Bernd, dass "239 Kilometer zu Fuß gar nicht das eigentliche Problem beim JUNUT (Jurasteig Nonstop Ultratrail) sind, es sind die (7.500) Höhenmeter, die einen ausbremsen und Energie kosten". Aha, so viel also zu dem Thema… Hut ab, Bernd, vor Deiner ultra-sportlichen Leistung!
Eine "Titelstory" im herkömmlichen Sinne gibt es zwar nicht, doch das ausführlichste (zehnseitige) Interview dieser Ausgabe wurde mit Ulf Andreas "Uffe" Cederlund geführt, der u.a. auf die frühen Jahre von Entombed zurückblickt und sich als ebenso reifer wie entspannter Gesprächspartner entpuppt: "Es hat insgesamt bei der Entstehung zu ‘Left Hand Path‘ eine Weile gedauert, bis wir wussten, was wir taten. Aber im Grunde war es immer ‘die Regeln brechen’!”
<br><center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/qGhz2S4vPiw?si=E06OsZGfl4qb72iB" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center></br>
Die Lektüre des Interviews mit dem Illustrator David Staege eröffnet Einblicke in die Abgründe des Undergrounds, wenn der Künstler davon berichtet, mit welcher finanziellen "Entlohnung" er je nach Auftraggeber noch nicht mal rechnen darf – selbst 20 € für ein Demo-Cover seien manchem noch zu viel. Da kann man nur noch den Kopf schütteln und möchte dem Kreativen am Liebsten aufmunternd auf die Schulter klopfen und ermutigen, sich von solchen Idioten seine Leidenschaft nicht vermiesen zu lassen. Der Artikel wird passenderweise von etlichen märchenhaft-fantastischen Illustrationen geschmückt, welche die Leserschaft hoffentlich inspirieren, sich eine Pause vom Alltag z.B. auf www.davidstaege.de zu gönnen.
Wie er ein "nettes D.I.Y. Dingens von Freunden für Freunde" in Form eines zweitägigen Festivals zum 30-jährigen Label-Jubiläum in Ulm aufziehen möchte, erklärt Oli von Civilisation Records im Interview, und David von Grodock berichtet, was es mit Veranstaltungen unter dem Titel "Im Osten nix Noise" in Leipzig auf sich hat, und wie unterschiedlich Menschen auf seinen Ambient/Noise reagieren, den er selbst als "Störung" des Herkömmlichen und Tanzbaren begreift. Nach der Lektüre des Interviews mit Micha von PasztöRözött fühle ich mich nicht nur gut informiert, sondern auch musikalisch bis handwerklich herausgefordert: Gibt es eine Grenze zwischen Flexi Disc und Schmiergelpapier?
<br><center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/ZJ5X6PgUTVw?si=kn9wPS_8Sd4wYING" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe></center></br>
FAZIT: Trotz Schweiß-Weiß-Druck geht es auch im elften ISIDOR-Fanzine vor allem bunt und obskur zu, und Überraschendes dürfte hier für jeden zu finden sein – nur kein Interview mit Pete und Paul, die als Blickfang auf dem Cover einmal mehr ganze Arbeit leisten.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.07.2025
Bernd Laufdurchdienacht
Eigenveröffentlichung
116 Seiten
15.05.2025