Nach ihrem Vollalbum „Mor“ von 2021 verschlagen sich die Hamburger Doom-Punks KAVRILA für ihren Heuchler-Soundtrack wieder auf das EP-Format und feuern mit „Heretics I“ den Startschuss zu einer geplanten EP-Trilogie ab.
Dabei sorgt die analoge Aufnahme der Songs für ein rohes, direktes Klangbild, das u.a. den warm brummenden Bass in sämtlichen Stücken hervorragend zu Geltung kommen lässt. Das Konzept, keine Songs im Voraus zu schreiben, sondern alle Stücke spontan während der Aufnahmesession anzufertigen rückt in seiner Herangehensweise den Punk-Spirit der Band in den Vordergrund und schlägt sich in einem energisch rotzigen Musikbrocken nieder.
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Daher wirkt „Heretics I“ auch weniger wie ein geplantes Konzeptwerk, als vielmehr wie eine unmittelbare Katharsis persönlicher Frustration. Dieser Frust findet im depressiv wirkenden Schleifer „Ascend“ seinen emotionalen Höhepunkt, auf den vorab fleißig hingearbeitet wird. Der erste richtige Track „Embers“ [„(Exitatio)“ fungiert als krachendes Intro-Geschepper und bildet zusammen mit „(Ire sub)“ eine stimmungsvolle Klammer für diese EP], gemahnt mit schleifenden Riffs immer mal an artverwandte Truppen wie MANTAR, wobei KAVRILA ein hypnotisches Element in der Gitarrenarbeit aufblitzen lassen, welches die rohe Energie der Riffs und das Geschrei ein Stück weit kontrastiert.
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„Chains“ geht zunächst einen simpler erscheinenden Weg und kehrt die Trägheit des Doom mehr nach außen. Dabei fungiert die Gitarre als melodischer Gegenpart zur verschleppten Rohheit, die sich im Groove und dem Gesang herausschält. Apropos Gesang: Der klingt als hätte Frontmann Alex reichlich Hochprozentiges benutzt um eine Vorabmalzeit aus Glassplittern runterzuspülen. Herrlich kaputt, roh und ja, auch schmerzhaft klingen seine Gesänge, die aber trotzdem sehr gut verständlich bleiben.
„Anguish“, der Bonustrack der physischen Versionen von „Heretics I“, scheppert im Abschluss punkig aus den Boxen und wartet dabei nicht nur mit den passenden Gangshouts auf, sondern bietet rhythmisch perfekte Anlagen für gemeinschaftliches Geschrei während schweißtreibender Live-Aktivitäten.
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FAZIT: Gemessen am Vorgänger „Mor“ gehen KAVRILA auf „Heretics I“ ein Stück direkter, wenn man so will, unbekümmerter ans Werk. Dabei kehren die Musiker ihre Punk-Wurzeln stärker nach außen, was sich auch in den relativ knapp gehaltenen Songlängen widerspiegelt. Nichtsdestotrotz klingen die Norddeutschen immer noch nach schlechtem Wetter und emotionaler Schwarzmalerei und liefern damit gewissermaßen einen passenden Anti-Soundtrack zum aufkeimenden Frühling.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.03.2025
Supreme Chaos Records
17:32
28.03.2025