<b>„'The Beggar' erzählt eine Geschichte mit Rocksongs, Popsongs und einigen lateinamerikanischen Rhythmen. Und natürlich Liebesliedern.“</b> (Martin Griffiths)
Hinter MARTIN GRIFFITHS lauert eine legendäre, leider viel zu unbekannte wie verkannt Progressive-Rock-Band der Siebzigerjahre: BEGGAR'S OPERA! Griffiths charismatische Stimme verlieh deren 70er-Jahre-Alben „Act One“ (1970) sowie „Waters Of Change“ (1971) und „Pathfinder“ (1972) eine ganz spezielle, sofort wiedererkennbare Ausstrahlung.
Wer nun aber – über 50 Jahre später – vermutet, denkt oder glaubt, dass „The Beggar“, trotz der überdeutlichen Anspielung an seine Band aus der Vergangenheit, progressiv nach BEGGAR'S OPERA klingt, der wird wohl enttäuscht sein. Sich ein wenig in die Irre geführt vorkommen. Doch dazu gibt es gar keinen Grund. Denn die Stimme klingt unverkennbar nach dem 'frühen' Griffiths, sogar einem Konzept folgt er, bei dem ihn eine Vielzahl hervorragender Musiker unterstützt. Nur dass auf „The Beggar“ rockige, poppige und lateinamerikanische Rhythmen das musikalische Geschehen dominieren.
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Für diesen Prog-Rückzug gibt es einen guten Grund, der ebenso lange wie die BEGGAR'S OPERA-Vergangenheit zurückliegt, wozu Griffiths im Rahmen der „The Beggar“-Veröffentlichung klar Stellung bezieht: „Die Band zu verlassen, war eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens. Es war eine Zeit der Unsicherheit und des Wandels, aber auch der intensiven Kreativität. In dieser Zeit begann ich, eigene Lieder zu schreiben, inspiriert von der Musik, die mir schon immer am Herzen lag: die Eagles, die Beatles oder Frank Sinatra. Ich freue mich riesig, dass einige dieser Lieder, die ich damals geschrieben habe, nun, über fünfzig Jahre später, auf diesem Album veröffentlicht wurden.“
So darf der Hörer, der jenseits des Progressive Rock noch immer gerne über jeden Musik-Tellerrand schaut, begeistert zu diesem Album greifen, denn eins ist und bleibt darauf unumstößlich BEGGAR'S OPERA: die auch nach 50 Jahren noch immer charismatische Stimme von MARTIN GRIFFITHS!
Der Titelsong versprüht erstmal eine gehörige Portion Melodic Rock und erinnert deutlich an URIAH HEEP. Auch präsentiert er das hochklassige instrumentale Niveau der Griffiths-Begleitmusiker.
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Gerade die tatkräftige Unterstützung durch ALIAS EYE, die Band in der sein Sohn Philip singt und bei der auch Vater Martin einige Sangesbeiträge als Gast beisteuerte, ist ein hochwertiges Qualitätsmerkmal. Damit ist klar, dass auf „The Beggar“ auch musikalisch in der höchsten Liga gespielt wird – und woher Philip seine Stimme hat, erfährt hier eine weitere Bestätigung. Was gemeinsame Gene doch so alles ausmachen können!
„My My My“ wiederum swingt anfangs im Bar-Jazz-Stil zum Piano bis dann Gitarre und Schlagzeug das Stück mit herrlichen Pop-Melodien zu einem Hit erheben, auf den selbst ein ROBBIE WILLIAMS im Rahmen seines „Sing When You're Winning“-Albums stolz gewesen wäre.
„Karey“ dagegen wartet mit lateinamerikanischen Rhythmen und einem Schifferklavier auf.
„Hear Me Calling“ wird symphonisch und orchestral.
Dafür entführt uns „Cadaqués“ mit Wasserrauschen mitten in eine Beach-Ballade, die zur Stadionhymne wird, bei der das ganze Publikum seine Feuerzeuge zückt, um zu den schwelgenden Rhythmen das Flämmchen über den Köpfen zu schwenken.
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Ein herrlich breites Musikspektrum, das da MARTIN GRIFFITHS ausreizt, um sein farbenfrohes Leben – mit allen Höhen und Tiefen – zum Ausdruck zu bringen. Wie wichtig das alles für ihn persönlich ist, hört man zugleich an der tiefen Leidenschaft, die in seiner Stimme mitklingt und den Gesang, der – hört man genauer hin – sicher auch beim Hörer echte Emotionen, vielleicht verbunden mit der einen oder anderen Erinnerung an seine eigene Vergangenheit, auslöst.
Bedrückend finster und auf angenehme Weise progressiv wird es mit „Dream On / Fly Away“. Selbst die Stereo-Effekte mit den zwischen den Boxen umherwandernden E-Gitarren verlangen Hochachtung ab, obwohl das Thema die unangenehmen Seiten des Lebens anschneidet und feststellt: Träume ruhig weiter, die Realität ist längst verschwunden...
„Friends In The Mountain“ entwickelt sich zur ganz großen Hymne an die Freundschaft und steuert melancholisch wie pathetisch dem Album-Ende entgegen.
Passend dazu stößt Griffiths Senior im „Love Song“ deutlich in ELTON JOHN-Gefilde vor. Wunderschöne Ballade – ideal geschaffen für den nächsten Kuschelrock-Sampler. Nicht etwa kitschig (trotz des dahinschmachtenden Textes), sondern einfach nur schön. Alles, was hier besungen wird, nimmt man eben einem so gestandenen Mann und Musiker wie MARTIN GRIFFITHS zu 100% ab.
Eine spannende Beigabe sind die Bonusstücke (gut 18 Minuten): uralte (Live-)Revox-Aufnahmen aus dem Jahr 1975, in denen MARTIN GRIFFITHS zur akustischen Gitarre die Songs vor Publikum singt, die sich nunmehr in den breit aufgebräzelten und fett instrumentierten Versionen auf „The Beggar“ wiederfinden, wobei Griffiths gerade beim letzten „Four Seasons“ regelrecht ekstatisch aus sich herausgeht, was man in dieser Art kaum erwartet hätte.
Dass dieses 74-minutige Album eine echte Herzensangelegenheit und zugleich sehr intime Retrospektive ist, hört man zu jedem Moment, in jeder Minute. So weit hier auch der Progressive Rock von BEGGAR'S OPERA entfernt ist, so nah sind doch die Stimme ihres Sängers und die Emotionen hinter „The Beggar“.
Musik für's Herz und eine Vergangenheit, die zwar nicht wiederkommt, aber an die man aus heutiger (Musik-)Perspektive nur zu gerne zurückdenkt!
<br><center><iframe style="border: 0; width: 350px; height: 350px;" src="https://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=612373672/size=large/bgcol=ffffff/linkcol=0687f5/minimal=true/track=3874799349/transparent=true/" seamless><a href="https://martin-griffiths.bandcamp.com/album/the-beggar-2">The Beggar von Martin Griffiths</a></iframe></center></br>
FAZIT: MARTIN GRIFFITHS, der ehemalige Sänger von BEGGAR'S OPERA mit seiner charismatischen, unverkennbaren Stimme ließ sich nach seinem Opera-Abgang 1973 über 50 Jahre bis zu seinem völlig andersartigen, recht unprogressiven „The Beggar“-Album (samt 12-seitigem Textbooklet) Zeit, das Singer/Songwriter-Stücke, Rock, Pop, Lateinamerikanisches und vieles mehr in sich vereint. Unterstützt von der großartigen Band seines Sohnes Philip, ALIAS EYE, holt er seine ein halbes Jahrhundert alten Songs, die kurz nach seinem 1973er-Band-Abgang entstanden, wieder hervor und trägt sie professionell arrangiert mit jugendlicher wie altersweiser Leidenschaft vor.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.12.2025
Frank Fischer
Martin Griffiths
Tissi Richter, Vytas Lemke
Vytas Lemke
Ludwig Benedek
Vytas Lemke (Akkordeon), Philip Griffiths (Harmoniegesang)
Beggaram Music/Just For Kicks
73:44
04.11.2025