<img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/99ca9d39fc6643bdb8c3f22a2bd35426" width="1" height="1" alt=""> Musikalisch markiert das sechste NIGHTINGALE-Album "White Darkness" 2007 eine deutliche Abkehr von den früheren Gothic-Anleihen und eine klare Hinwendung zu direkterem, melodiebetontem Progressive Rock-Metal. Es ist in diesem Kontext vielleicht das traditionellste Werk der Schweden, was wohl daran liegt, dass Dan Swanös älterer Bruder Dag fast alle Songs geschrieben hat. Das Keyboard gibt häufig den Ton an, ohne die grundlegende Heaviness zu kompromittieren, und die Dichte an hymnischen Refrains mit AOR-Flair (‚Reasons‘, ‚Belief‘ und, und, und) ist hoch, was im Kontext der Depressionen behandelnden Songtexte eine eigentümliche, aber reizvolle Mischung ergibt.
Da Dag den Großteil der Kompositionen verantwortet, stehen seine stilistischen Vorlieben im Vordergrund: ein spürbarer Einfluss der 70er-Jahre, von Keyboards getragen, mit klar strukturierten, eingängigen Refrains und einem leichten Pop-Einschlag. Dans Beitrag liegt eher in einzelnen Texten, Bridges und vor allem im Gesang, der das Album maßgeblich trägt. Seine Stimme wirkt offen, melodisch und emotional zugespitzt – ein zentrales Element, das die Stärke des Materials erhöht und so manche Passage erst richtig zum Leuchten bringt.
Die Neuauflage entsteht, weil Dan Swanö das Album beim Remastern für sich neu entdeckt. Die ursprüngliche Mischung klang bereits ordentlich, doch die neue Fassung bringt hörbar mehr Wärme und organische Tiefe in den Gesamtklang. Ein kompletter Remix scheitert an lückenhaften Backups aus dem Jahr 2006, doch die Veröffentlichung gleicht dies durch eine Fülle an Zusatzmaterial aus. Darunter finden sich sieben Originalstücke aus Dags Archiv von 1983, mehrere Demos der späteren Albumtracks, ein unveröffentlichter Song sowie eine neue 2025er Version des Titelstücks, auf der Dag erstmals ein komplettes NIGHTINGALE-Lied als Leadsänger interpretiert.
Die düsteren Texte stehen wie gesagt oft im Kontrast zur hellen, beinahe beschwingten Keyboard-Arbeit, die stellenweise an die verspieltere Seite von Rush erinnert. Wenn Dan über Verlorenheit singt und gleichzeitig warme, verführerische Synth-Flächen schweben, entsteht eine reizvolle Spannung, die "White Darkness" eine unverwechselbare Note verleiht. Obwohl viele Songs eine ähnliche Grundstruktur teilen, variiert die Band die Arrangements spürbar. Das Spektrum reicht von balladesken Momenten bis zu etwas komplexeren Prog-Metal-Ausflügen. Besonders ‚One Way Ticket‘ bündelt viele dieser Stärken: akustisches Gitarrenintro, emotionaler Gesang, ein härterer Refrain und ein Solo, das in seiner melodischen Führung Erinnerungen an ‚Alonely‘ weckt – und vor allem im Übergang zu einem der Glanzpunkte des Albums gehört.
FAZIT: Trotz der Eingängigkeit verfällt das Album nie in Kitsch, und das Zusammenspiel bleibt souverän ohne demonstrative Virtuosität, was man ja im Grunde von der Band gewohnt ist. Fans dürften Dags dominierende Rolle im Songwriting nicht überraschen – einige der beliebtesten NIGHTINGALE-Stücke stammen ohnehin aus seiner Feder. Gerade diese Neuauflage zeigt eindrucksvoll, wie klar seine Handschrift auf "White Darkness" ablesbar ist und wie weit die musikalische Entwicklung der Brüder Swanö historisch zurückreicht.
In dieser erweiterten Form gewinnt das Album noch einmal an Bedeutung. Das Remaster verschafft dem Material einen einladenderen, wärmeren Charakter, während das Bonusmaterial die Entstehungsgeschichte über mehr als vier Jahrzehnte nachzeichnet. So wird White Darkness zu einem der gehaltvollsten Re-Releases von NIGHTINGALE.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.12.2025
Erik Oskarsson
Dan Swanö, Erik Oskarsson
Dag Swanö, Dan Swanö
Dan Swanö, Dag Swanö, Tom Björn
Tom Björn
Inside Out / Sony
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05.12.2025