Die Ästhetik von OCINNs „Nebelgeister“ lässt Black Metal vermuten, die Musik aber offeriert düstere Pianoklänge voller Melancholie und vertonter Einsamkeit. Der Schwarzwurzel-Bezug ist dennoch vorhanden. Denn die Stimmung der sieben Stücke wirkt durchweg betrübt, bisweilen suhlt sich die Musik gar in einem Gefühl von lebensmüder Schwere.
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Allerdings tragen die Stücke „Nebel I“ bis „Nebel VI“ ihre Titel nicht zu Unrecht. Denn in einem fast elf Minuten langen Stück wie „Nebel IV“ finden sich allerlei Naturbezüge, die zuvorderst auf einem kargen Gefühl von Einsamkeit basieren.
Ganz allein auf weiter Flur wandert der Hörer durch das imaginäre Nebelfeld und ist dabei seinen eigenen Gedanken über Betrübnis und das Verkümmern der Welt hoffnungslos ausgesetzt.
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Dass in der Melancholie der Musik aber auch eine Art Potenzial auf Hoffnung schlummert, lässt ein Stück wie „Nebel V“ erahnen.
Die Melodien klingen kaum weniger schwermütig und doch birgt manche Tonfolge das Potenzial zu einem schüchternen Solotanz im klammen Nebelkleid.
Dieser Tanz geschieht nicht zwingend aus Freude oder Frohmut, sondern ist eher Ausdruck einer Nicht-Akzeptanz der eigenen Resignation dem Leben gegenüber.
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Dass sich „Nebel VI“ dann ein Stück weit der klanglichen Wärme öffnet, passt gut ins Bild. Denn auch wenn der bedrückende Nebel noch immer existent ist, scheint die innere Leere trotzdem ein kleines Stück weit gefüllt worden zu sein.
Ob die suggerierte Hoffnung wirklich den Weg in das von Trübsal gebeutelte Herz findet, ist fraglich, auch weil „Im Reich der Nebelgeister“ von fluiden Gedanken und flüchtigen Momenten, die doch endlos erscheinen, erzählt. Aber wo die Grenze zwischen Traum und Erinnerung verschwimmt, sind weder Tod noch Leben weit…
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FAZIT: OCINNs „Nebelgeister“ ist ein klanglich und instrumental reduziertes Album, das nur durch minimalistische Pianoklänge (unterstützt von ein wenig Percussion, einem Cello und der kalt-kargen Erzählstimme) eine emotionale Tiefe erzeugt, die klassische Instrumentierung im Kontext einer Solo-Darbietung nicht jeden Tag zustande bringt. Die frostig-klamme Atmosphäre erinnert bisweilen an Black-Metal-Szenewerke, während die Musik Bilder von einsamen Wald- und Wiesenspaziergängen malt. Dass hier trotzdem Kopf und Herz gleichermaßen gefordert werden, verleiht der Musik einen ganz eigenen Reiz, dem man sich als Hörer, der einmal in das Album eingetaucht ist, nur schwer entziehen kann.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.12.2025
John Never
W.K., John Never
Ocinn, John Never
Eigenproduktion
42:00
06.11.2025