Wenn ein Titel bereits die grundlegende Stimmung hinter einem Album verrät – ohne einen auf die falsche Fährte zu locken – dann ist das vorab lobenswert. Ein 'zufälliger Moment der Stille' ist in einer immer lauter und aggressiver werdenden Zeit eine wahre Erlösung. Das werden sich wohl auch die progressiven Harmoniker mit dem permanentem Hang zur Härte SUBLUNAR aus Polen so oder ähnlich gedacht haben und schufen daraus ihr beachtliches „A Random Moment Of Stillness“-Album.
Auch dass die ersten Töne so klingen, als würde sich uns ein Bienenschwarm nähern, ist wohl bedacht. Man werfe nur einen genaueren Blick auf das Cover: jämmerlich verreckte Bienen unter einer Staubschicht, so als hätten sie ihren Flug in Richtung eines anderen Planeten mit dem Tod bezahlen müssen.
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Oder reicht es für sie einfach nicht mehr, auf der Erde ihren eigenen (Über-)Lebensraum zu finden und zu erhalten.
Die Themen hinter „A Random Moment Of Stillness“ drehen sich tatsächlich oft ums Überleben, aber nicht der Bienen sondern der Menschen, die irgendwie ihre Richtung verloren haben und wie in „Attract / Deter“ in einer Blase leben, die einen kaum noch schützt: „Inside those marbles / We were placed / … / And every time they fall / I learn about it / They aren't made of stone.“
SUBLUNAR leben also nicht nur den plötzlichen Moment der Stille aus, sondern leiten diesen mit deutlich härteren Prog-Klängen ein, der an ihre Landsleute RIVERSIDE erinnert.
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Es entsteht eine filmische Science-Fiction-Atmosphäre, die zum Höhepunkt treibt – und dieser Höhepunkt ist eben die Stille. Eine Stille, welche von Dunkelheit umgeben ist. Das klingt alles bedrückend und ist es auch. Die Musik lebt von Gegensätzen. Eben laut und leise. Rockiges trifft auf Elektronisches – eine gute Mischung. Ambient-Elemente dürfen genauso wenig fehlen wie tief wummernde Bässe, treibendes Schlagzeug und riffende Gitarren, welche es manchmal sogar auf die Post-Rock-Spitze treiben. Aber immer wieder lauert da die Stille!
Glücklicherweise beeindruckt auch Sänger Jablonski, der seine Stimme bestens den jeweiligen Stimmungen anzupassen versteht und sich druckvoll seinem Mikro annähert, genauso wie er es auch zerbrechlich vorsichtig verlässt.
Das Album-Ende wird mit dem finalen Longtrack „A Sun Blur“ sowie totem Schmetterling-Motiv eingeleitet. Als einziger Song knackt diese 'Sonnenunschärfe' die Zehnminuten-Marke und erhebt sich so zum großen, abschließenden Epos.
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„A Sun Blur“ setzt „A Random Moment Of Stillness“ die finstere, bedrückend wirkende Prog-Asche-Krone auf und hebt noch einmal alle Fusionen von Elektronik, Retroprogressivem, Post- und Shoegaze-Klängen hervor, um sie dann in der dauerhaften Stille zu vereinen, nachdem der letzte Ton verklingt.
Mal wieder lässt sich mit SUBLUNAR eine Prog-Band nicht lumpen und beweist, dass Polen gerade im Bereich der progressiven Rockmusik nicht umsonst einen wirklich guten Ruf hat. „A Random Moment Of Stillness“ schärft sogar die polnische Speerspitze RIVERSIDE ein wenig.
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FAZIT: Mit „A Random Moment Of Stillness“ legen die fünf polnischen Prog-Mannen, die 2016 SUBLUNAR gründeten, ihr zweites Album mit dem durchaus ernstzunehmenden Titel rund um den zufälligen Moment der Stille vor. Diesen leiten sie immer wieder mit dynamischen (Post-)Rock-Klängen ein und lassen dabei ihren guten Sänger in bedrückenden Texte über ein Leben singen, das sich an der dunklen Seite des Mondes statt an den Sonnenseiten orientiert. Eine finstere Reise, aus der einen die immer wieder plötzlich eintretende Stille befreit.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.08.2025
Jacek Ksiazek
Lukasz Dumara
Michal Jablonski, Marcin Peczkowski
Lukasz Wszolek
Eigenpressung/Just For Kicks
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04.07.2025