Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Even Horses: Even Horses (Review)

Artist:

Even Horses

Even Horses: Even Horses
Album:

Even Horses

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock

Label: Eigenproduktion
Spieldauer: 76:28
Erschienen: 13.10.2008
Website: [Link]

“No unicorns were harmed during this recording...”

So steht’s im Booklet geschrieben. Also immerhin, die selbsterklärten deutschen Progrocker pro forma wissen durchaus, ironisch mit ihrer ausweglosen Schubladenunterbringung umzugehen und lassen das auch exzessiv in den selbstbetitelten Longplayer einfließen. EVEN HORSES kann man als Persiflage verstehen, als lieb gemeinten Witz über die Klischees des so genannten “Progressive Rock”, den der Musikliebhaber ebenso sehr intuitiv versteht und ebenso wenig mit eigenen Worten erklären kann wie der Fußballfan die Abseitsregel.

Freilich jedoch muss man nicht jeden Witz verstehen. Während ich zum Beispiel seit Anbeginn der Comicbeilage in der Zeitung rätsele, was in Teufels Namen an “Hägar, der Schreckliche” so lustig sein soll, entwickelt sich EVEN HORSES mit jedem Durchlauf ein Stück mehr zum Hägar des Progressive Rock.

Ähnlich den ambitionierten Stadionprog-Projekten KINO und FROST* zelebriert das fünfköpfige Sortiment sämtliche Klischees vom exzessiven Einsatz des Keyboards bis hin zu den obligatorischen 10-Minute-Breakern, ohne dass sich dabei zwangsläufig Vergleiche zu anderen Bands eröffnen würden. Hier und da lassen sich mal Parallelen zu DREAM THEATER oder RIVERSIDE erahnen (“u.s.c.h.i.” kann man als Mix selbiger betrachten), doch sind diese unter dem Strich nicht weiter erwähnenswert.
Im Gegensatz jedoch zu der MARILLION / PORCUPINE TREE / ARENA / IT BITES-Supergroup und dem berechneten Produkt eines Produzenten für Pop-Ware ? la ATOMIC KITTEN ist dieses Pferd nun kaum auf Wohlgefallen hin gestriegelt und gepflegt, sondern recht intuitiv zusammengewürfelt. Auch wenn der Soundauswurf edel klingen möchte: alleine durch die unvorteilhafte Produktion kann er das schon nicht, und spätestens das oft beliebig wirkende Arrangement der (durchaus abwechslungsreichen) Instrumentierung lässt den Gedanken an Eingängigkeit schon im Anfangsstadium wieder verschwinden.

Was neben den manchmal auffällig simplen Texten ganz besonders dazu verleitet, eine ironische Schlagseite in die Rezeption zu legen, ist der Gesang. Abgesehen davon, dass er stets deutlich in den Vordergrund gemischt ist, dominiert er schon aufgrund seiner gewollt prätentiösen Exzentrik, die eine sehr eigenwillige Wirkung zur Folge hat. Ein quäkiges Krächzen ufert dabei meist in einen hellen, dramatischen Tenor, mit dem die letzten Silben bedeutungsschwanger betont werden. Besonders gut funktioniert das bei “Holy Sun”, das im Zusammenspiel von Text, Melodieführung und Akzentuierung die parodistischen Züge am stärksten heraushebt. Meist jedoch macht die Instrumentierung dabei nicht mit, wirkt sie insbesondere in den vielen Soli zu ernsthaft und ambitioniert, wenngleich so manche 80er-Jahre-Anleihe dafür doch wieder altbacken (und damit ein klein wenig humorvoll) anmutet.

Problematisch ist es, dass die Songs als Einzelstücke zu wenig Charisma ausstrahlen. Die Laufzeit liegt bei stolzen 76 Minuten, und doch könnte man sich noch eine zweite Scheibe vorstellen, auf der es genauso weitergeht wie bisher, ohne dass man am Ende schlauer wäre. Nicht einmal der Zwölfminüter “Oblivion” vermag es, mit einer speziellen Dramaturgie aus dem Gleichklang auszubrechen; genauso gut könnte man sich daraus drei gleichförmige Vierminüter basteln. Vielleicht sind es gerade die klischeehaften Bestandteile und die bewusst getroffene Entscheidung der Band, sich NICHT gegen die Stigmata zu stemmen, die dazu führen, dass der Hörer eigentlich immer weiter ist als das Album.

FAZIT: Mit Konsequenz verteidigen EVEN HORSES ihre resignative Grundhaltung und arbeiten gegen den Fortschritt, um sich dreisterweise im gleichen Atemzug bereitwillig “Progressive Rock” betiteln zu lassen. Dieser Sachverhalt alleine bietet genug Freiraum für selbstironische Schläge auf den eigenen Nacken, die ja auch in Angriff genommen werden. Das Heil wird in der Parodie gesucht, doch als solche ist die Scheibe nicht entschlossen genug. Zwar klingt sie teilweise verjährt und abgegriffen, aber eben nicht im übertriebenen Maße, und das macht sie wieder inkonsequent. Von Zitaten wird scheinbar auch nicht viel gehalten, so dass weder Fisch noch Fleisch auf dem Teller übrig bleiben. Wer allerdings grundsätzlich vor allem Kopien spezieller Bands bis zum Hals stehen hat, der möge noch einen Punkt oder zwei dazurechnen, denn eine spezielle Band kopieren EVEN HORSES nicht; sie kopieren ein Musikgenre. Und zwar halbherzig. Es sei denn, ich habe den Witz einfach nicht begriffen. Eine Million Hägar-Fans können schließlich nicht irren...

Sascha Ganser (Info) (Review 7331x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 5 von 15 Punkten [?]
5 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Nemesis
  • Holy Sun
  • Stranded
  • Out There
  • Another First Time
  • U.s.c.h.i.
  • Oblivion
  • Crossroads And Deadends
  • Mojave Knew
  • Brazen Lies

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Schreibe das folgende Wort rückwärts: Regal

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!