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Long Distance Calling: Long Distance Calling (Review)

Artist:

Long Distance Calling

Long Distance Calling: Long Distance Calling
Album:

Long Distance Calling

Medium: CD/Download
Stil:

Instrumental Rock

Label: Superball Music
Spieldauer: 56:05
Erschienen: 18.02.2011
Website: [Link]

Wie war das noch mit dem Post Rock? Richtig, er ist absolut und vollkommen relativ. Ein und dieselbe Geschichte klingt in des Einen Ohr so spannend wie eine Vorlesung über Organisationsentwicklung in Franchise-Unternehmen, für das andere Ohr mag sie eine Ode an das Leben selbst sein. Vielleicht handeln Post-Rock-Rezensionen genau deswegen immer davon, wie fad und lahm die Nachweltepik "normalerweise" klingt, nur eben bei dieser einen besonderen Kapelle nicht, deren Album gerade zufällig besprochen wird. Bei einer solchen Argumentation hat man bequem beide Seiten untergebracht – die Müdigkeit erregende und die blendend schöne Seite ein und derselben Medaille.

LONG DISTANCE CALLING gehörten, auch wenn sie auf ihrem Zweitling immerhin KATATONIAs Jonas Renkse für sich gewinnen konnten, auch zu der Sorte, die man gerne auf die Art besprach. Gefällig gingen sie ins Ohr und wussten dem Post-Rock-Spezi querschnitthaft und vielseitig alle Facetten einer stets zwiespältig beäugten Musikgattung nahezubringen – zuerst mit dem Newcomer- dann auch schon mit dem Etabliertenbonus.

Von derlei Kategorien verabschieden sich die Herren auf der selbstbetitelten Dritten mit Bravour. Es ist nicht mehr nötig, wunderschöne Melodiebögen zum Vorwand zu nehmen, um die Qualitäten des Albums herauszustellen. Die Münsteraner sind endlich mit einem Bein aus der Autarkie des Post-Rock-Planschbeckens herausgetreten und werfen mit schmutzigen, meist lauten und manchmal sogar garstigen Klumpen um sich. Ein Schritt, der angesichts der (Death) Metal-Herkunft der Mitglieder ohnehin naheliegend war.

So entwickelt sich dann auch das diesmal mit ARMORED SAINT- und Ex-ANTHRAX-Organ John Bush besetzte Sängercameo zur logischen Konsequenz. Nachdem Jonas Renkse mit des Vorgängers "The Nearing Grave" den Schöngeistern einen Wonneschauer verursachte, bedient Bush dem Outfit des aktuellen Sounds entsprechend die kratzbürstige Klientel. Und obwohl "Middleville", das Stück, das er begleitet, nicht unbedingt zu den Highlights gehört, so steht Bushs Stimme doch stellvertretend für die Salven von Überraschungen, die "Long Distance Calling" unverschämt frech auf uns niederregnen lässt.

Dinger, die glaubt man kaum: "The Figrin D'an Boogie" beispielsweise, das schwer dosierte Psychedelica und Reminiszenzen an die Siebziger miteinander vereint, nur um ihnen das bleischwere Kleid der Postapokalypse überzustreifen. Oder "Arecibo", typisches TOOL-Riffing furztrocken in die Dauerschleife gelegt. Immer wieder diese Heavyattacken, die nie ganz abebben, und vor allem – diese Schnelligkeit. Man vernehme die Gitarrenrhythmik im zweiten Drittel von "Timebends" und frage sich: wie soll man das, ja wie kann man das überhaupt noch kategorisieren?

Natürlich, die Post-Rock-Anlagen sind nicht im Nirvana verschwunden. Der Anfang von "Invisible Giants" tönt schwerstens nach MOGWAI und die Schere aus "Into The Black Wide Open", dem unheilvoll sich aufbauenden Eröffner, und "Beyond The Void", dem episch sich vom Kleinsten ins Überdimensionale ausbreitenden Abschluss, kostet gekonnt alle Stilmittel aus, die instrumentaler Rock zu bieten hat. Das Tolle an "Long Distance Calling" ist aber, dass es nicht mehr auf den Bau großer Klanggebäude angewiesen ist. Zu hoch bleibt der Lautstärkeregler nämlich eingestellt, und zwar nicht nur für kurze Spitzen, sondern auf volle Distanz.

FAZIT: Minutenlanger Spannungsaufbau, der auf unbestimmte Zeit zum göttlichen Funken führt? LONG DISTANCE CALLING verzichten nicht vollständig auf die Geheimrezeptur, die Post Rock zeitweise so wankelmütig zwischen Redundanz und Bedeutung pendeln ließ. Doch in der durch Riffbetonung erzeugten Kraft und Stärke, die dem Album beiliegt, finden die Beinahe-Instrumentalisten ein weiteres Standbein, das für einen echten Quantensprung sorgt. Gastsänger John Bush prägt die umliegenden Instrumentaltracks und damit den Gesamtsound nicht so auffällig, wie es einst Renkse mit "Avoid The Light" vergönnt war (das deswegen fast schon wie ein KATATONIA-Spinoff klang) – umgekehrt bedeutet dies aber, dass die Stücke von "Long Distance Calling" genug Eigenantrieb erzeugt haben, um ganz alleine zu leuchten.

Sascha Ganser (Info) (Review 8042x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Into The Black Wide Open
  • The Figrin D'an Boogie
  • Invisible Giants
  • Timebends
  • Arecibo
  • Middleville
  • Beyond The Void

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
Kommentare
Mirko
gepostet am: 18.02.2011

Ich warte gerade noch auf meine LP. War sowieso ein Blindkauf.
J.
gepostet am: 20.02.2011

User-Wertung:
15 Punkte

Ganz, ganz großes Kino!
Den John Bush Song finde ich nicht ganz so zwingend wie den Rest des Albums (was nicht heissen soll das er schlecht ist).
Ich gebe mal vorsichtig 14,6 Punkte und habe Angst vor dem nächsten Album von LDC ;-)
Mirko
gepostet am: 23.02.2011

User-Wertung:
14 Punkte

Die Bonus CD der Ltd. Edt. ist auch ganz fein geworden. "Live At Roadburn 2010" mit Bombensound!
Chris [musikreviews.de]
gepostet am: 04.03.2011

User-Wertung:
9 Punkte

Puuh... tut mir leid... eigentlich MÜSSTE das mein Ding sein, aber das läuft regelrecht durch mich durch, ohne auch nur irgendwo hängen zu bleiben.
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 04.03.2011

Bleibt auch schwerer haften als der Vorgänger, ist aber auf lange Sicht m.E. wesentlich nachhaltiger als das sicherlich zunächst mal schönklingendere "Avoid the Light". Vielleicht wächst es ja noch?
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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