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Abstrakt: Limbosis (Review)

Artist:

Abstrakt

Abstrakt: Limbosis
Album:

Limbosis

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock

Label: Eigenproduktion / Just For Kicks
Spieldauer: 73:50
Erschienen: 30.10.2015
Website: [Link]

Einmal gibt es Musik, gegebenenfalls mit Texten. Dann gibt es manchmal aber auch Erzählungen, die musikalisch geschmückt sind.

Wenn sich man das monströse 74-Minuten-Debüt von ABSTRAKT vornimmt, muss man auf letzteres gefasst sein. „Limbosis“ ist in erster Linie kein Musikalbum, sondern surrealistisches Acoustic Roleplay. Ähnlich wie die Landsmänner QUIDAM setzt man immer wieder gerne Soundeffekte ein, um die kathartische Geschichte mit Hörspielatmosphäre zu unterstützen – da rappeln mal Kisten und Gläser, Wind stöhnt, Scherben klimpern, weißes Rauschen wird entsandt oder jemand flüstert eindringlich „Wake Up“ und bereitet damit ein dimensionales Tor zwischen Traum und Wirklichkeit. Krzysztof Podsiadło verlässt sogar hin und wieder die Komfortzone Gesang und beginnt zu sprechen, und im Inneren des ansprechend designten Digipaks wird man von einer einzelnen, vielsagenden Zeile begrüßt: „the journey begins…“

Richtig interessant wird das Ganze eigentlich erst durch die Verfremdung der Instrumente zur akustischen Theaterkulisse. Keine prägnanten Riffs oder Ohrwurmmelodien wird man aus diesem Album mitnehmen, sondern eher Foley Design und cineastische Rahmengestaltung. Das starke Coverartwork lässt bereits Gedanken an die Videospielserie „Silent Hill“ aufkommen; wenn sich die musikalischen Arrangements mit verschrobenen Streichern zur mise-en-scène einer Bühne ummodellieren, werden diese Eindrücke noch stärker. Auch die auf der Homepage (und bei Youtube) bereitgestellten Videoteaser tragen dazu mit ihrer Mystery-Horror-Gestaltung bei.

Der entscheidende Vorteil dieser Ausrichtung: Obwohl die polnische Schule sehr präsent ist und sich auch gerne mit TOOL’schen Allgemeinplätzen verknüpft, klingen ABSTRAKT mit ihrer Konzeption sehr individuell und vor allem auch vielseitig. Feste Songstrukturen sind keine bedingungslose Notwendigkeit (werden aber dennoch häufig verwendet), ebenso will man kein „Metal“ sein, sondern konzentriert sich eher auf die wandlungs- und formbare Zwischenhölle aus düsteren Bassgrooves. Der Sound ist spröde und lässt viele Entwicklungsmöglichkeiten zu, was nichts anderes bedeutet, als dass er nicht in das Korsett einer fetten Produktion eingezwängt wird. Podsiadło kleidet die Instrumentierung weiterhin mit einem schier endlosen Repertoire an Stimmeinsätzen aus und klingt dabei selten bis nie gesattelt oder festgelegt; gleichwohl fehlt ihm die Markanz, die man bei einem ausdrucksstarken Sänger normalerweise suchen würde.

Auf der anderen Seite kann man „Limbosis“ natürlich ankreiden, sich mit seiner langen Laufzeit oftmals in seiner Atmosphäre zu verlieren, nicht auf den Punkt zu kommen, kurz: den typischen Anfängerfehler vieler Debüts zu begehen. Tatsächlich ist es schon auffällig, dass es keinem der acht überlangen Tracks gelingt, richtige Hooks zu bilden. Man kann eher von Gespinsten oder Geflechten sprechen als von richtigen Songs, gleichwohl sie alle grundsätzlich einer solchen Struktur folgen, trotz des narrativen Ansatzes. Reine Drone- oder Ambientflächen lassen sich kaum ausmachen, mindestens irgendein Instrument ist immer irgendwie beschäftigt. Da muss man schon fragen, wie ein Album - nahezu von Filmlänge - am Ohr vorbeiziehen kann, ohne auch nur einen denkwürdigen Moment aus Songwriter-Perspektive geschaffen zu haben.

FAZIT: Ein Album in erster Linie für Träumer, Poeten und solche, die sich vom Mysteriösen und Abgründigen angezogen fühlen. „Limbosis“ ist ein mutiges Debüt; es klingt, als habe man jede Idee gnadenlos umgesetzt, selbst auf die Gefahr hin, sich dabei zu verzetteln. Es eignet sich in erster Linie, um Gedanken schweifen zu lassen, weil es selbst gerne abschweift. Wer also hinter einem Album wirklich ein Album erwartet, mit Musik, die auf den Punkt kommt, der ist hier falsch, selbst wenn er mit den vom Promoteam genannten vermeintlichen Referenzbands TOOL und RIVERSIDE etwas anfangen kann.

Sascha Ganser (Info) (Review 5158x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Teratoma
  • The Bus
  • Clockhouse
  • Wolf
  • Bloody Mary!
  • Liars Symphony
  • Greatnot
  • Journey

Besetzung:

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