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Ash Ra Tempel: Ash Ra Tempel (Review)
Artist: | Ash Ra Tempel |
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Album: | Ash Ra Tempel |
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Medium: | CD | |
Stil: | Instrumentaler Krautrock in seiner urwüchsigsten Form |
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Label: | MG.Art / MIG | |
Spieldauer: | 45:25 | |
Erschienen: | 04.02.2011 | |
Website: | [Link] |
Dank der leidenschaftlichen Aufarbeitung durch das ASH RA TEMPEL-Mastermind MANUEL GÖTTSCHING haben alle Freunde des urwüchsigen und ursprünglichen Krautrocks endlich wieder die Möglichkeit, alle längst vergriffenen und zu exorbitanten Preisen gehandelten Alben von ASHRA bzw. dem Vorgänger ASH RA TEMPEL zu moderaten Preisen zu erstehen. Doch nicht nur das, der Meister höchstpersönlich legte beim digitalen Remastering seine Hand an und es ist deutlich zu spüren, dass Göttsching sehr behutsam zur Sache ging, um den frühen Alben ihre Atmosphäre zu bewahren, ohne sie am Ende als eine steril wirkende Erinnerung aus vergangenen Zeiten klingen zu lassen. Eins der besten Beispiele dafür ist dieses legendäre erste ASH RA TEMPEL-Album, das Gitarrist GÖTTSCHING noch gemeinsam mit KLAUS SCHULZE am Schlagzeug und den Keyboards sowie HARTMUT ENKE am Bass im Jahr 1971 aufnahm und welches als die insgesamt 15. Aufnahme des damals ebenso legendären Krautrock-Labels „Ohr“ erschien, auf dem CONNY PLANK als Toningenieur sein Bestes gab. Und jeder, der heutzutage von sich behauptet, die wichtigsten Krautrock-Alben in seinem Musik-Schrank stehen zu haben, der muss eben neben KRAFTWERK, AMON DÜÜL, TANGERINE DREAM, GURU GURU, AGITATION FREE & POPOL VUH auch genau dieses Album - und im Grunde fast alle weiteren ASHRA-Alben - stehen haben.
Zeit also, mal wieder für eine Reise durch das brennende Gehirn des Krautrocks, welches uns schon in allerbester Manier auf „Ash Ra Tempel“ mit folgendem Text begrüßt, den ich hier aus meinem innersten Bedürfnis heraus in seiner kompletten Variante wiedergeben will. Denn in diesem Falle gilt eins unangefochten: „Wem es gelingt, diesen Text zu verstehen, ihn irgendwie zu greifen bzw. zu mögen, der wird auch die beiden schwer psychedelischen Krautrock-Longtracks dieses 71er Albums verstehen, irgendwie begreifen und vor allem mögen!“
Los gehts - nur nicht vergessen: beim Schreiben dieses Textes war das Jahr 1971 angesagt, als der hodenlose Wichser Honecker den schwanzlosen Spitzbart Ulbricht in der DDR im Sinne einer noch stärkeren Hardcore-Diktatur nach russischem Vorbild entmachtete, das Wort des Jahres „Aufmüpfig“ hieß, das ZDF zum ersten Mal mit ILJA RICHTER die „Disco“ sendet, um damit den Tod des legendären BEATCLUBs 1972 einzuleiten, und das RAF-Mitglied Petra Schelm erschossen wird, wofür sich die RAF mit dem Mord an einem Polizisten rächt, während dem Bundeskanzler WILLY BRANDT der Friedensnobelpreis verliehen wird.
Versuchen wir uns also fast 45 Jahre später in den folgenden, sich auf dem Innencover der LP „Ash Ra Tempel“ befindenden Text, dem ich in Eigeninitiative sämtliche Satzzeichen hinzugefügt habe, hineinzuversetzen:
„Ich sah die besten Köpfe meiner Generation vom Wahn zerstört, hungrig, hysterisch, nackt, im Morgengrauen durch Negerstraßen irrend, auf der Suche nach einer tüchtigen Spritze.
Süchtige mit Engelsköpfen, lustentbrannt, nach uralter sphärischer Verbindung, zum Sterndynamo in der Maschinerie Nacht, die arm, zerfetzt, hohläugig und blau im übernatürlichen Dunkel von Armerleutswohnungen rauchend saßen, schwimmend über dem Häusermeer in Musikekstase, die unter der S-Bahn ihr Hirn dem Himmel entblößten und mohammedanische Engel, auf Mietskasernendächern erleuchtet, taumeln sahn, die durch die Universitäten gingen, mit strahlend kühle Augen, mit Träumen, mit Drogen, mit aufpeitschendem Alpdruck, Alkohol, Schwanz und endlosen Hoden.“
Man stelle sich nun bitte vor, diese Worte anno 2015 zu veröffentlichen!
Garantiert steht ruckzuck das IS-Anti-Terroreinsatzkommando in Kürze bei einem vor der Tür, die Sicherheitsbeauftragte für jugendgefährdende Schriften bringen sie gleich mit und die Nazi-Keule wird als das letzte „erschlagende“ Argument rausgeholt, damit man nicht hören und denken, sondern nur (vor)verurteilen braucht.
Chancenlos werden wir sein, denn unser einziges Argument für diese klug-hörigkeitsgetreu geschulten Staatsdiener heißt:
„Das ist Musik, das sind Erinnerungen, das ist ein kleiner Teil meiner Vergangenheit, den ihr mir immer mehr zu nehmen versucht - ja, das ist Kunst, in der bekanntlich alles erlaubt ist und die man nur mit Geist und Leidenschaft, nicht mit Überwachungswahn, Angstmache und Vorverurteilung versteht. Eigenschaften des Nürnberger Trichters, dem wir nichts Anderes als unsere offenen Ohren entgegensetzen wollten, um zu erkennen, dass die Nürnberger-Trichter-Bildungsmethode doch stärker als die des freien Geistes und der offenen Ohren war!“
Man wird uns alsdann aus unseren gewohnten, bis dahin als sicher empfundenen eigenen vier Wänden zerren, während drinnen noch aus unseren hochwertigen Boxen der „Amboss“ aus dem 71er „Ash Ra Tempel“-Album hämmert, dem wir uns in besagter „Musikekstase“ hingaben, und keiner räumt uns mehr eine Chance ein, uns daraufhin den folgenden, fast sphärisch anmutenden, traumhaften Klängen der „Traummaschine“, dem zweiten und zugleich letzten instrumentalen Titel des Albums, hinzugeben.
Irgendwer muss uns zuvor schon bei dem Versuch, solche Musik zu hören, als Musik-Terrorist enttarnt haben, der sogar faschistoide Neigungen in sich zu tragen scheint, weil er über „Negerstraßen“ sinniert und sich zugleich wohl auch dem Drogenrausch hingibt und „Süchtige mit Engelsköpfen“ anbetet, während wir wahrscheinlich auch noch pädophilen oder mindestens blasphemischen Neigungen um Schwänze und Hoden huldigen.
Wir sind zur wahren Gefahr geworden - für ein Land, das uns zwangsgebührenfinanziert jedes Wochenende mit Schlager- und Volksmusik-Sendungen musikalisch zumüllt, um eine heile Welt zu kreieren, die schon mit zwei offenen Ohren als wahre Bedrohung empfunden werden müsste.
Der Krautrock von „Ash Ra Tempel“ ist unsere einzige Antwort darauf. Die zugleich klügste, musikalisch denkbare Antwort anno 2015!
FAZIT: Wenn es noch irgendwen geben sollte, der Krautrock als ein Kleidungsstück, genäht aus Kräutern, ansieht, der sollte weiterhin Samstags ARD oder ZDF anschalten, um zwischen Schlager oder Volksmusik zu wählen. Wer aber Krautrock als eine weltbewegende musikalische Stilrichtung versteht, der würde ein großes musikalisches Loch in seiner Musiksammlung finden, wenn das 71er Album „Ash Ra Tempel“ nicht darin stünde!
Punktwertung nicht möglich.
Als Kopfnote stünde: „Unerlässlich!“
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Amboss
- Traummaschine
- Bass - Hartmut Enke
- Gitarre - Manuel Göttsching
- Keys - Klaus Schulze
- Schlagzeug - Klaus Schulze
- Ash Ra Tempel (2011)
- Join Inn (1972 / Remastert 2011) (2011)
- Friendship (2014) - 13/15 Punkten
- Le Berceau De Cristal (1975 - digital remastert 2016) (2016) - 13/15 Punkten
- Gin Rosé (2020)
- Schwingungen - 50th Anniversary Edition auf Vinyl (2022)
- Ash Ra Tempel (1971) – The 50th Anniversary Vinyl-Edition (2023)
-
keine Interviews
Kommentare | |
Thomas
gepostet am: 05.02.2015 |
Herrliche Review, auch wenn sie aus meiner persönlichen Erfahrung nicht ganz den Nerv der damalige Zeit trifft (richtig, ich bin ein so alter Sack!) |