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Helgen: halb oder gar nicht (Review)

Artist:

Helgen

Helgen: halb oder gar nicht
Album:

halb oder gar nicht

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Deutsch-krautiger Indierock und Hamburger Schule

Label: Chateau Lala/Broken Silence
Spieldauer: 42:58
Erschienen: 04.08.2017
Website: [Link]

Es gibt immer wieder echte Überraschungen auf dem - musikalisch wie intellektuellem - viel zu weichgespülten deutschen Musikmarkt, die so frisch und unverbraucht, aber andererseits auch so schön retrolastig und verspielt klingen, dass es eine wahre Freude ist, solche Entdeckungen „Made In Germany“ machen zu dürfen. HELGEN und ihr Album „halb oder gar nicht“ sind eine davon!

Und wenn sich selbst die FAZ zu dem Satz: „Die Band HELGEN ist ein großes Versprechen!“, hinreißen lässt oder Sounds & Books feststellen: „Helgen hinterlassen einen charismatischen Eindruck und überzeugen mit Indie-Songs, die den Intellektuellen-Touch von Stephen Malkmus und Jarvis Cocker ins Deutsche übertragen“, dann sind das keine Übertreibungen, sondern Informationen, die Neugier auf eine (zumindest von den großen Medien) gänzlich unbeachtete Band schüren, welche HELGEN mit „halb oder gar nicht“ gekonnt bestätigen, auch wenn man sich gerade beim Gesang etwas mehr Mut zu provokativem Abwechslungsreichtum wünschen würde, den die frech-sinnigen Texte, die glücklicherweise alle im 16seitigen Booklet enthalten sind, regelrecht herbeirufen.

Selbst der Krautrock scheint dem jungen deutschen Trio nicht fremd zu sein und darum experimenteiren auch sie mit elektronischen Soundspielereien oder den wundersamsten Klangcollagen, beackern überraschend instrumentale Breitwandfelder mit ihren Instrumenten, zaubern manchmal ein paar hitverdächtige Melodien hervor, wobei sie mitunter an THE NOTWIST erinnern, und schreiben Texte voll hintergründigem Humor und jeder Menge Doppeldeutigkeiten, wie wir sie ähnlich nur noch von TOCOTRONIC und KEIMZEIT oder DIE STERNE und KETTCAR gewohnt sind. Doch auch die sind schon ziemlich in die Jahre gekommen – HELGEN aber sind ihre geistigen Kinder, die sich weniger ernst nehmen, dafür aber die Verkopftheit durch eine ordentliche Portion Jugendlichkeit durchschütteln: „Ich starre Löcher in die Wand; Und stell mir vor, es sind Sterne;“ („Schlecht“).

Unüberhörbar ist in ihrer Musik auch die Zusammenarbeit mit Olaf Opal, dem Produzenten und Klang-Künstler, der bereits THE NOTWIST und DIE STERNE seinen speziellen Stempel aufdrückte: „Wir haben von Olaf eine Menge gelernt. Zum Beispiel, die Dinge wirklich an den Eiern zu packen. Krass zu sein. Eine Idee durchzuziehen“, stellt Helge, der singende und textende Gitarrist und Multiinstrumentalist, diesbezüglich fest.

Mit „Anfang“, „Gator“ und „Zwölf“ gibt es zwei instrumental-krautige Zwischenspiele und eine Albumeröffnung, die sofort Neugier erweckt, bis den Hörer nach d(ies)em „Anfang“ ein sehr zwischenmenschlich-problematischer „Fernsehturm“ erwartet: „Du hast ein Sendebedürfnis wie‘n Fernehturm; Die Nachrichten sind meistens schlecht, außer Du berichtest über dich;“ - aber auch die Aufforderung: „Lass uns Feinde sein; Ich hab so viele falsche Freunde; […] Ich will den Leuten sagen, dass ich sie scheiße finde; Ich will dass Leute sagen, wenn sie mich scheiße finden;“, ist in dieser Klarheit schlicht bewundernswert!

HELGEN haben kein Problem damit, sich völlig „Nackt“ zu machen, damit sie nicht wie im Märchen vom nackten Kaiser mit seinen „neuen Kleidern“ vor ihrem Publikum stehen, um festzustellen: „Eigentlich alles scheiße, was wir machen, aber schließlich applaudieren die Leute ja trotzdem.“
HELGEN sind ehrlich und konsequent, bei dem, was sie tun – in ihrer Musik und ihren Texten.
Und zugleich bleiben sie immer „Das Rätsel“, für das es keine einfache Antwort, aber viele Lösungen gibt. Für welche sich HELGEN dann entscheiden, bleibt ihre Sache und ist für uns wohl immer wieder eine Überraschung – nur eins ist klar, gängigen Trends und Plattitüden biedern sich HELGEN garantiert nicht an: „Du wirst nie erraten; Was es ist; Ich werd dir niemals sagen; Was es ist;“.

FAZIT: Lasst uns einfach froh und glücklich sein, dass es noch immer solche junge deutsche Bands gibt, die wie HELGEN auf „halb oder gar nicht“ ihr eigenes großartiges, krautiges Indie-Pop-Musik-Ding, garniert mit genauso großartigen deutschen Texten, machen und sich einen Scheißdreck darum kümmern, was andere darüber denken, denn wie in ihrem Song „Paul und Peter“ gilt wohl auch für das hoffnungsvolle deutsche Anti-Pop-Trio: „Ich war ja schon immer krankhaft zuversichtlich;“
Weiter so – HELGEN!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2964x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
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  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Anfang
  • Fernsehturm
  • Das Vergessnis
  • Das Rätsel
  • Gator
  • Nackt
  • Hamburg und Amsterdam
  • Schlecht
  • Lass uns Feinde sein
  • Alles was wahr ist
  • Zwölf
  • Es passiert
  • Paul & Peter
  • Fressneid
  • Halb oder gar nicht

Besetzung:

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