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The Backyard Band: Shake It Up! (Review)

Artist:

The Backyard Band

The Backyard Band: Shake It Up!
Album:

Shake It Up!

Medium: CD/Download/LP farbig
Stil:

Blues, Punk, Rock, Garage, Rotzrock

Label: Hinterhof Produktionen
Spieldauer: 37:06
Erschienen: 05.07.2024
Website: [Link]

„Die Musik ist zu punkig für den Blues – Und zu bluesig für den Punk. Aber trotzdem stehen Punks und Blues-Liebhaber gemeinsam mit Hippies, Metallern, Indie/Alternative-Jüngern und sonstigen Musik-Enthusiasten bei den Konzerten der Band im Publikum.“ (Selbstbeschreibung von THE BACKYARD BAND unter ihrer Homepage)

Die Worte unter der THE BACKYARD BAND-Homepage machen sofort neugierig auf den bereits dritten Longplayer der sich extrem rockig, bluesig und punkig gibt und in ganz besonderen Momenten mit fetten Gebläsen – von Saxophon bis Mundharmonika – aufwartet.
Die vier Jungs aus dem Rheinland setzen hierbei leider viel zu stark auf dreckig und roh anstatt auf ausgewogen und klar. Die Garagentür im Hinterhof steht weit offen und daraus scheint uns die Musik sowie die nur sehr schwer verständlichen deutsche und englischen Texte von „Shake It Up!“ entgegenzuwummern.


Rock'n'Roll trifft auf Rhythm'n'Blues und Punk sowie provokante englische und (erstmals auch) deutsche Texte. Also nennen wir es mal einfach frechen Rotzrock, der uns von „Shake It Up!“ entgegenbläst und richtig gute Momente (die englischen) sowie ziemlich schlechte (die deutschen) und einen dumpfen Garagensound hat.

Leider macht das Album soundtechnisch mit seinem zu schwammigen Klangbild auch dem 'Hinterhof'-Label wie dem Bandnamen alle Ehre, denn vieles klingt mehr nach Aufnahmen aus dem Hinterhof als gut ausgesteuert im Studio. Dabei entstanden die Aufnahmen im Kölner Bex Studio, sodass es entweder Absicht war, die Aufnahmen so roh und rau und dreckig klingen zu lassen – oder der falsche Mann saß hinter den Reglern. Denn Punk hin oder her, seit CLASHs „Sandinista“ weiß doch jeder, der in dem Punk-Genre unterwegs ist, dass Punk längst nicht mehr nach Hinterhofgarage klingen muss, um authentisch zu wirken.
Dafür aber begrüßt der punkige Rheinland-Vierer auf gleich fünf Songs illustere Gäste, von denen der großartige Kölner Saxophonist Torben Wesche beim musikalisch gelungenen, aber klangtechnisch miesen Album-Opener „Don't Tell Mama“ den Anfang macht.


Und dann gibt’s da noch einen speziellen Musikgast, der gleich auf zwei Songs mitwirkt, den KUDDEL – bekannter wohl als der Gitarrist der TOTEN HOSEN. Doch wenn man dem genauer zuhört, dann sehnt man sich ernsthaft viel mehr nach Daddel Du...
...denn er begleitet die Jungs auf dem ersten deutschen Song der LP, dessen Vinyl in der gleichen Farbe wie die hellblaue Bandschrift auf dem doch eigenartigen Cover, das eher nach eine Eisdielen-Werbung aussieht, gestaltet ist.

„Haltet mal die Fresse“ ist ein echter Steine werfender Glashaus-Song, bei dem ordentlich ausgeteilt, gedroht und vorverurteilt wird, während schon im Video Rauchen und Saufen als Ideal erscheint, während man anderen aber vorschreiben will, dass sie die Fresse halten sollen, sonst gibt’s was auf die Kauleiste („Denn auch Menschen, die konsequent, alle Fakten ignorieren, den müsste man doch eigentlich die Kauleiste polieren. Also, bevor ich die Erziehung aus dem Elternhaus vergesse – Haltet bitte, bitte, bitte einfach mal die Fresse!“). Nun gut, sowas ist angesagt in der linken oder grünen Szene, aber eigentlich kommt bei einem Song wie „Haltet mal die Fresse“ eher der Wunsch auf, dass die vier Jungs, die noch dazu von der 'toten Hose' Kuddel (Andreas von Holst) unterstützt werden, sich doch weiterhin auf die englische Sprache beschränken würden (So müssten sie nicht auch noch das Gendern als feine Sache verkaufen oder einen Opa verurteilen, der nicht damit klarkommt, dass er nicht mehr 'Schokokuss' – gemeint ist aber im Grunde wohl der 'Neger-Kuss' – sagen darf.), auch wenn die es natürlich völlig anders sehen und feststellen: „Moritz singt hier tatsächlich zum ersten Mal auf Deutsch! Und das aus triftigem Grunde, denn 'Haltet mal die Fresse' ist ein Statement gegen soziale Verrohung und demokratiefeindliche Strukturen in unserer Gesellschaft.“ Vielleicht sollte THE BACKYARD BAND doch noch einmal das Grundgesetz zur Hand nehmen und den Artikel zur Meinungsfreiheit und was man in einer Demokratie ertragen muss genauer lesen.


Zum Glück bläst Torben Wesche danach gleich noch einmal mit seinem Saxophon im Rahmen des Titelsongs den ideologischen Frust des Textes fort – und so dürfte es gerne bleiben. Bleibt's aber nicht.
„Aufstand im Betrieb“ zeichnet ein ebenso finsteres Bild des Kapitalismus, inklusive der Ausbeutung der Arbeiter – genauso wie der hier über der Review sitzende Kritiker diesen in seinem DDR-Staatsbürgerkunde-Unterricht definiert bekam, wenn er im Land der Planwirtschaft permanent die Definition des 'faulenden, sterbenden Kapitalismus' auswendig lernen musste. Seltsam, wie sich diese Ansichten und Ideologien noch heute so massiv halten und permanent ein Dagegensein fordern, anstatt die Freiheit und Verantwortung jedes Einzelnen einzuklagen. Dafür wird Solidarität gefordert. Das hatten wir alles schonmal. Doch wer unter der Band-Homepage erfährt, dass Sänger und Texter Moritz Ziergiebel nicht nur Musiker sondern auch als Gewerkschafter tätig ist („Ziergiebel singt erstmalig bei der Hälfte der Album-Tracks in deutscher Muttersprache und äußert sich dabei kritisch zu aktuellen politischen und sozialen Themen. Seine Arbeit als Gewerkschafter spiegelt sich ebenfalls in der Thematik wider.“), dem erschließt sich natürlich ganz schnell die Absicht hinter diesem Song. Nur schade, dass die Musik von THE BACKYARD BAND nunmehr wie ein Vehikel dient, dass gewerkschaftskonforme Botschaften transportiert.

So wechseln sich auf dem Album die englischen mit den deutschen Songs ab, wobei deutschsprachig noch die Raserei auf deutschen Autobahnen auf's Korn genommen und mit beispielsweise politischen Statements für die Grünen verbunden wird. Schade, das hätten sie sich sparen können und einfach auf dieses irre Bild der Raser („Wenn sie Gas geben, kribbelt's in der Prostata“), die ihren Frust über Tempo ablassen, beschränken und noch ausbauen können. Da käme man vielleicht sogar selber darauf, dass ein Tempolimit ernsthaft Sinn machen würde, auch ohne dass einem dies vorwurfsvoll 'vorgesungen' wird: „Jeder der für'n Limit ist, ist auch automatisch ein Terrorist...“ Och, nöö, dann bin ich ja auch einer!


Nach den ersten drei deutschen Titeln neben den drei englischen der LP-A-Seite der zart-hellblauen Vinyl-Scheibe kommt der Wunsch auf, das die rheinländischen Jungs doch weiterhin bei der englischen Sprache bleiben sollten, da einen so nicht unerbittlich all die klischeehaften Plattitüden muttersprachlich anspringen. Da gerät man dann vielleicht in eine völlig andere Form der „Deutsche[n] Raserei“.

Natürlich geht es auf der LP-B-Seite in diesem Verhältnis und mit ganz ähnlichen Aussagen weiter – nur dass diesmal das „Amphetamin“ berauschend besungen wird und die Vertreter des LKA verbal einen auf die Fresse bekommen (Vielleicht weil sie diese nicht halten?).
Die drei englischen Songs sprühen dann allerdings vor gutem Rotzrock mit hohem Blues-Anteil über und wenn sie die Liebe zur Hölle samt höllischem Mundharmonika-Solo besingen, dann klingt dabei auch noch eine gehörige „Gamma Ray“-Linie der Marke BIRTH CONTROL mit durch. Ein richtig geiler Titel, der einen deutlich besseren Sound verdient hätte. Hier reizt THE BACKYARD BAND ihr ganzes Können aus – und beweist wahre Stärke. So weiter! Bitte! Bitte! Die Hölle ist angerichtet – und das ist gut so, denn die richtet sich nicht nach über deutsche Songs transportierte Cancel-Culture-Botschaften, sondern nach dem ehrlichen, unerbittlichen und keine Grenzen akzeptierenden Rock'n'Roll und Blues, weil nur durch den der Kessel so richtig kochen kann.


FAZIT: Rotzig, rau, dreckig und böse (eben eine Hinterhof-Band) – das trifft in guter (englische Songs, punkiger Rock'n'Blues mit Mundharmonika und Saxophon) wie ebenso schlechter Sicht (deutsche Texte, schwammiger Garagen-Sound) auf „Shake It Up!“, das dritte Album der rheinländischen THE BACKYARD BAND zu. Mit ihren deutschen, in gewisser Weise gesellschaftlich wie politisch belehrenden Texten tun sie sich dabei allerdings keinen Gefallen und sollten noch einmal darüber nachdenken, auch weiterhin – wie auf den beiden Alben zuvor – ausschließlich englisch zu singen, was auch deutlich besser zu ihrer Musik passt, die es erstmals streng limitiert sogar auf farbigem Vinyl zu erstehen gibt. Live sind die Jungs garantiert ein Erlebnis, durch den nur mittelmäßigen Garagen-Sound vom Studio-Album her wird dagegen so einiges verschenkt.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 907x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 7 von 15 Punkten [?]
7 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (20:25):
  • Don't Tell Mama – feat. Torben Wesche (2:22)
  • Haltet mal die Fresse – feat. Kuddel (4:33)
  • Shake It Up! - feat. Torben Wesche (3:26)
  • Aufstand im Betrieb (3:37)
  • Good Times (3:23)
  • Deutsche Raserei (3:04)
  • Seite B (16:41):
  • Break It Down (2:52)
  • Amphetamin – feat. Kuddel (2:27)
  • LKA – feat. Elf (3:09)
  • Loving The Hell – 2024 Version (4:44)
  • Get Up – 2024 Version (3:29)

Besetzung:

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Interviews:
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