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Darjeeling: Maguna (Review)

Artist:

Darjeeling

Darjeeling: Maguna
Album:

Maguna

Medium: CD/Download/Limitiert/LP farbig
Stil:

Progressive-krautiger Indie Rock und Avantgarde Pop

Label: Listen Records
Spieldauer: 38:00
Erschienen: 26.02.2021
Website: [Link]

Wer kennt weltweit die musikalischste (nicht etwa aber indische) Tee-Sorte aller Zeiten und weiß, dass diese auch noch aus dem verschnarchten Wuppertal kommt?
(So gut wie) Niemand!?
Wie ungerecht ist das denn?!
Zeit, um diesbezüglich Abhilfe zu schaffen, besonders wenn man auf Tee-Musik-Mischungen voller rockiger Kräuterchen, indie-poppender Krümelchen und synthie-getragener Zusatzstoffe steht.
DARJEELING sollten eigentlich schon eine echt kultige Feinschmecker-Sorte sein, doch irgendwie sind die Teekenner und Musikgenießer diesbezüglich noch nicht wirklich auf den Geschmack gekommen, obwohl die vom Trio zum Quartett angewachsene Band (Der Schlagzeuger scheint jetzt offizielles festes Bandmitglied zu sein.) schon seit über 10 Jahren auf dem (Musik-)Markt sind. Vielleicht liegt's ja auch daran, dass viele Tee-Fetischisten doch auf andere, mehr alternative-folk-welt-ethno-yoga-ambient-schwangere, Musik und alle Rock-Freunde einfach mehr auf Bier stehen...

Und selbst wenn DARJEELING auf ihrem aktuellen, nunmehr bereits dritten Studio-Album einen allseits beliebten Weihnachtssong als ihr „Darj Cristmas“-Variante verhunzen, scheint auch das noch nicht zu helfen – vielleicht zu wenig Nelken und Zimt und Pathos in dieser Mischung. Dabei ist sie doch eine so herrliche, extrem schräge (fast qualvolle) Alternative zu dem alljährlichen Weihnachtslieder-Schmus, mit dem man uns spätestens ab dem 1. Advent auf allen Funk- und Fernsehsendern regelmäßig quält. Wer solche Ohrenkrebs verursachende Fahrstuhl-Weihnachtsmucke liebt, der meide unbedingt „Darj Cristmas“, denn danach wird seine Last-Christmas-Weihnachtslieder-Welt in Trümmern liegen.

DARJEELING verbreiten jedenfalls ein angenehmes Musik-Feeling für alle Freunde, die den verrücktesten Ideen solcher Bands wie THE SPARKS, STEREOLAB und neuerdings ziemlich speziell TALK TALK oder ansatzweise gar THE FLAMING LIPS mit offenen Ohren gegenüberstanden und dabei schnell in deren Bann gezogen wurden.
Warum nicht auch mal auf ein paar Deutsche setzen, die dieses größtenteils als anglo-amerikanisches Gefühl empfundene Ideal in ihrer Musik umsetzen?

Auf „Maguna“ jedenfalls wird man dafür mit einfallsstrotzenden Überraschungen belohnt, selbst wenn einige davon nicht unbedingt jedermanns oder jederfraus oder jedergenders oder jederneutrals Sache sein werden.

Da wäre beispielsweise „Over The Sea“ als stimmungsvolle Hu-Hu-Hab-mich-lieb-Nummer, die nach dem recht düster-psychedelischen Albumstart bereits verwirrt. Denn „Print Bullets“ kommt voller sehr spannender Stereo-Effekte daher, die breit ausgelotet werden, sodass man während des Songs tatsächlich den Eindruck gewinnt, eine Mücken-Fliege-Kombination würde zwischen den Lautsprechern hin- und hersurren. Mit einem ähnlichen Effekt, in dem eine Fliege gejagt wird, beeindruckte bereits ROGER WATERS bei seinem Solo-Anteil auf der zweiten LP des „Ummagumma“-Doppelalbums von PINK FLOYD im Jahr 1969.

Wer jedenfalls gerne kategorisiert und dabei die (provokante) Schublade Avantgarde Pop mag, der hat dafür mit „Maguna“ ein wahrhaftes Paradebeispiel gefunden.
Und da die LP, welche übrigens auch streng limitiert auf farbigem Vinyl mit einer großen Applikation in der Mitte aufwartet, die wie ein verunglückter Taubenschiss oder ein sich noch in seiner weißen Jungfräulichkeit befindlicher Corona-Virus aussieht (Einfach herrlich!!!), sich natürlich auch auf ebendiese Pandemie bezieht, entdeckt man mit „Meet U in RL“ auch einen ansteckenden Song (Übersetzt und ausgesprochen: Treffe dich im wahren Leben), der sich auf verschiedene Formen von unfreiwilliger Gefangenschaften bezieht: „The taste of freedom / What do I know?“

„Bisous“ ist dann der absolute Überflieger, welcher tatsächlich nach den „Burning Down The House“-TALKING HEADS klingt sowie an die „Thrack“-Zeiten von KING CRIMSON erinnert und jeden Freund psychedelisch-progressiver Klänge mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht und den schönsten Erinnerungen in den Ohren zurücklässt. Und irgendwie schleicht sich bei einem das Gefühl ein, dass sich nach „Maguna“, das häufig TALK TALK und deren „The Colour Of Spring“-Atmosphäre heraufzubeschwören scheint, uns noch etwas ganz Großes erwartet.
Steht uns da etwa noch ein „Spirit Of Eden“ von DARJEELING bevor?
Welch wundervoller Gedanke!
Welch riesige Herausforderung!
Aber, aber … die Jungs aus Wuppertal werden das schon wuppen!
Zuzutrauen ist es ihnen nach „Maguna“ auf jeden Fall … trotz Wuppertal!

FAZIT: Entstanden im Corona-Sommer 2020, als man so vieles – außer unsere Kunst und Kultur – noch viel zu leicht und locker nahm… Die Kultur war rundum angeschissen und „eingeschlossen“, während kein Mensch mehr wusste, warum die Einen das durften, was man anderen verbot. Also brach auch DARJEELING die eigentliche Grundlage für eine Band weg, der Live-Auftritt auf den Bühnen dieser Welt. Echte Scheiße, wenn man doch gerade dabei ist, sich einen Namen zu erspielen. So wurde aus der Not eine „Maguna“-Tugend und diese streng limitierte, kunstvoll gestaltete LP bzw. das Album (als CD und digitaler Download) entstand. Eine großartiges Album, irgendwo zwischen TALK TALK und TALKING HEADS, abstrusem Humor und meisterhaften Kompositionen. Und wenn jetzt noch wer sagt, die Pandemie hätte nicht auch was Gutes, der hat nur noch nicht „Maguna“ gehört. Und für die faszinierend gestaltete Vinyl-Version gibt’s gleich noch einen Punkt dazu.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2496x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (20:50):
  • Print Bullets (4:05)
  • Over The Sea (3:35)
  • Read In The News (4:15)
  • Darj Christmas (3:14)
  • In My Name (5:41)
  • Seite B (17:10):
  • Noyau (4:57)
  • Got Away (2:45)
  • Meet U in RL (3:58)
  • Bisous (5:30)

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