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Black Star Riders - All Hell Breaks Loose - Massen-Review

26.05.2013

Black Star Riders "All Hell Breaks Loose" CoverNeuer Bandname, alte Bekannte. Im Grunde genommen wurden die BLACK STAR RIDERS erst im Dezember letzten Jahres gegründet, im Kern ist die Band aber schon fast 44 Jahre alt. Denn dahinter verbirgt sich die Fortführung dessen, was einst unter dem Namen THIN LIZZY begann und heute Legende ist. Da jedoch dieser Name sehr eng mit Phil Lynott verbunden ist und für immer bleiben wird, entschied man sich dazu, unter einen neuen Namen weiterzumachen - oder neu anzufangen? Das kann man sehen wie man will. Im Grunde genommen ist "All Hell Breaks Loose" also auch so etwas, wie ein Debütalbum. Und wie das klingt, erklären fünf Redakteure.



Review von: Andreas Schiffmann (Profil)

Viele Bands, die eigentlich nur noch Ersatzteillager ihrer Urbesetzung darstellen, sollten den konsequenten Weg von THIN LIZZY gehen und sich umbenennen. Namen sind schließlich Schall und Rauch, derweil es auf die Musik ankommt, und die ist bei diesem legitimen Neustart des irischen Wahrzeichens gleichermaßen frisch wie klassisch ausgefallen.

BLACK STAR RIDERS unterstreichen die Blues-Wurzeln der frühen Werke der Band und orientieren sich vor allem an der Phase rund um "Johnny The Fox", wobei Ricky Warwicks Lynott-Interpretation (nicht Imitation, auch wenn er unheimlich ähnlich klingt) regelmäßig Schauer über den Rücken jagt. Johnson und Gorham harmonieren, als spielten sie schon ewig zusammen, und zitieren die Vergangenheit mit Würde: "Bound For Glory" gemahnt an "The Boys Are Back In Town", "Kingdom Of The Lost" an "Emerald" oder das folkloristische Debüt, und "Hey Judas" verfügt über ein lakonisches Moment, das LIZZY von Beginn an unverkennbar machte.

Authentischer nach Grüner Insel klingt niemand, sieht man von Jimmy DeGrasso ab, einem notorischen Vielspieler, der auf "Black Star Riders" einen Tick zu funktionell und abgeklärt spielt, wohingegen Phil am Bass angemessen melodiös wie groovig vertreten wird. Der zeitlose Melodic Rocker "Bloodshot", der Hit "Kissin' The Ground" oder das Titelstück lassen neben dem forschen "Valley Of The Stones" (könnte ebenso wie "Before The War" nicht nur des Titels wegen auch auf "Thunder And Lightning" stehen) an die Situation mit Gary Moore beziehungsweise dessen erfolgreiche Alleingänge denken.

BLACK STAR RIDERS dürfen nicht in Konkurrenz zu jugendlichen Heißspornen wie DEAD LORD gesehen werden, sondern als seien sie nie von der Bildfläche verschwunden und klängen heute genau so, weil sie dieses Ding mit der einen oder anderen Variation im Programm schon seit Jahrzehnten durchziehen. Richtiggehend überraschende Töne wie im psychedelischen, teils aber auch recht zackigen "Hoodoo Voodoo" erinnern zudem an die von jeher ausgewiesene Scheuklappenfreiheit der Combo, für welche auch das swingende "Someday Salvation" steht. Dass der Abschluss "Blues Ain't So Bad" dann ein bisschen nach den USA schielt, macht den Gesamteindruck noch ausgewogener.

FAZIT: Mit neuem Namen segeln die Überlebenden von THIN LIZZY und ihre (mehr als nur ersetzenden) Mitmusiker nicht unter falscher Flagge, sondern sitzen mit weitgehend starken Songs, die teils auf Vorlagen beruhen, aber manchmal auch beispiellos bleiben, ziemlich fest im Sattel des zeitgenössischen Musikbetriebs. Auf einer tief verwurzelten, aber nicht zwanghaft festklammernden Basis wie "Black Star Riders" lässt sich bauen, ob im ersten Bildungsweg oder zweiten Frühling.

11 von 15 Punkten


Review von: Andreas Schulz (Profil)


Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix. THIN LIZZY heißen jetzt BLACK STAR RIDERS und sonst ändert sich nix? Nicht ganz. Denn mit lediglich einem Mitglied der legendären Band um Phil Lynott - auch wenn es Gitarrist Scott Gorham ist - wäre es anmaßend gewesen, unter dem Lizzy-Banner weiterzumachen. Also warf man den Bandnamengenerator an (wie auch sonst sollte man auf so einen belanglosen Namen kommen?) und heraus kamen die BLACK STAR RIDERS. Mit dabei: THE ALMIGHTY-Sänger Ricky Warwick, Drummer Jimmy DeGrasso (ex-MEGADETH, ex-ALICE COOPER und diverse andere), Basser Marco Mendoza (der unter dem Lizzy-Banner seit 1996 dabei ist) sowie als zweiter Gitarrist Damon Johnson, der ebenfalls schon für ALICE COOPER aktiv war. Eine All-Star-Tribute-Band also, die das musikalische Erbe von THIN LIZZY weiterführt? Ziemlich genau so kann man es beschreiben.

"All Hell Breaks Loose" ist der Titel des ersten Albums unter dem neuen Namen und der Titel ist genauso einfallslos wie der Bandname. Mit dem Titeltrack wird das Album auch eröffnet - ein gediegener Rocksong mit coolen Basslines und edlen Leadgitarren; Warwicks ausgerufenes "Alright, Scotty" vor dem Solo wirkt allerdings eher peinlich. Es folgt das übertrieben gut gelaunte "Bound For Glory" mit seinem Ohrwurmrefrain. Kann man super finden, muss man aber nicht. Im Grunde genommen ist auch diese Nummer ein guter Song, mir gibt er jedoch überhaupt nichts. Besser kommt "Kingdom Of The Lost" mit seinen keltisch-kitschigen Instrumenten daher. Das wiederum werden andere Leute sicher eher unnötig finden, doch strahlt dieser Song eben dieses besondere, irische Flair aus, das mich immer anspricht. "Bloodshot" erinnert angenehem an GARY MOORE, während "Kissin' The Ground" in die Kategorie belanglos gehört - so einen Song erwartet man eher von FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE.

Inzwischen ist klar, dass "All Hell Breaks Loose" sicherlich ein gutes Rockalbum ist - mehr aber auch nicht. In der Folge wechseln sich zunächst ganz gute ("Hey Judas" und das flottere "Valley Of The Stones") und weniger gute Songs ("Hoodoo Voodoo" und "Someday Salvation" sind furchtbar) ab, bevor es an ein packendes Ende geht: "Before The War" ist mit seiner intensiven, an NEW MODEL ARMY erinnernden Atmosphäre das Highlight des Albums und bei "Blues Ain't So Bad" sagt der Name alles.

FAZIT: Zu viel gute Laune, zu wenig Tiefgang. Handwerklich in jeder Hinsicht makellos, aber gutes Handwerk ist eben nicht alles. Musik, die man sich prima anhören kann, wenn sie irgendwo im Hintergrund läuft, die ich aber nie zuhause auflegen würde.

9 von 15 Punkten


Review von: Dr.O. (Profil)

Die Achtziger sind nicht umsonst als Jahrzehnt des Heroins in die Geschichte eingegangen. Ob Phil Lynott nun direkt an der Droge oder mit 36 Jahren an den Langzeitschäden seines Drogenmissbrauches starb, ist letztlich egal, zu jung zum Sterben war er allemal. Und wenn auch THIN LIZZY nicht die größte Liebe meiner Jugend war, ist "Live And Dangerous" ein Album, vor dem ich nur niederknien kann.

Es wäre nun ein leichtes für Scott Gorham und Ricky Warwick gewesen, ihr neuestes Werk unter dem alten Banner firmieren zu lassen, aber sie haben es – wie sie selbst sagen – aus Respekt vor ihrem alten Sänger und Bassisten nicht getan. Das schützt zwar vor dem Sell-Out-Gebrüll, aber hört man "All Hell Breaks Loose", wäre dieser Schritt nicht wirklich notwendig gewesen, da man THIN LIZZY in Reinkultur geboten bekommt.

Und das ist positiv gemeint. Das Album ist purer Hard Rock, zitiert sich vorsichtig selbst und ist eine Ansammlung von Ohrwürmern und Hits. Einzelne Songs hier hervorzuheben macht wenig Sinn, die Qualität ist durchgehend hoch. Und obwohl alles hier unüberhörbar THIN LIZZY, sorry, BLACK STAR RIDERS ist, reicht die Bandbreite doch recht weit, von "Kingdom Of The Lost" mit irischem Einschlag über das zuckersüße "Kissing The Ground" bis zu simplen Rockern wie "Bound For Glory" oder "Before The War".

All das schaffen die BLACK STAR RIDERS recht locker und unverkrampft, natürlich fehlt durch die Umbenennung der Druck, so klingen zu müssen, wie man letztendlich dann aber doch klingt. Scott Gorham zaubert ein THIN-LIZZY-Riff nach dem anderen aus dem Ärmel, die Twin-Gitarren sind allgegenwärtig und Ricky Warwick ist eine sehr gute Lynott-Adaption. Der Mann hat nicht nur eine sehr ähnliche Stimme, auch Melodieführung und Textphrasen hat er bis ins Detail verinnerlicht. Macht in der Summe ein Album, das deutlich über den Erwartungen liegt, das Einzige, was hier in der Menge der seht guten Songs ein klein wenig fehlt, ist ein Überhit, aber selbst "Whiskey In The Jar" ist ja nüchtern betrachtet nur ein Volkslied gewesen.

FAZIT: Respekt für ein Album beinahe ohne Lückenfüller, Respekt für eine Ansammlung von Ohrwürmern und Respekt für die Lässigkeit mit der "All Hell Breaks Loose" daherkommt. Klasse Platte.

12 von 15 Punkten


Review von: Lothar Hausfeld (Profil)

Schätzungsweise gibt es 1384 Rock- und Metal-Bands, die sich ein Beispiel an Scott Gorham nehmen können. All diejenigen nämlich, die, nur um ein paar schnelle Euros zu machen, mit halbgaren "Re-Unions" oder "Comebacks" um die Ecke kommen und einstmals einigermaßen stolze Namen in den Dreck ziehen. Scott Gorham dagegen beweist Stil – und Widerstandsfähigkeit gegen kommerzielle Verlockungen: Statt unter dem legendären Namen THIN LIZZY ein neues Album zu veröffentlichen, entscheidet er sich für einen kompletten Neustart. Respekt!

So punktet "All Hell Breaks Loose" schon vor dem ersten Durchgang, weil es unter dem Banner BLACK STAR RIDERS in die Läden gestellt wird. Und auch geschätzte 20 intensive Hördurchgänge weiter kann man konstatieren: Die BLACK STAR RIDERS machen verdammt vieles richtig. Zwar bewegt man sich sehr dicht am originären Sound THIN LIZZYs, begeht aber nicht den Fehler, sich ausschließlich im Zitieren der eigenen Klassiker zu üben. Die frischen Songs haben Drive, besitzen die typischen Twin Guitars, sind einfach luftige Hardrocknummern und bilden einen einfach lässigen Sound für jeden lauen Sommerabend.

Zudem hat man - wer hätte das vor einigen Jahren noch gedacht? – mit Ricky Warwick einen Sänger, der wirklich als Inkarnation Phil Lynotts durchgeht. Wer schon bei den schwedischen Newcomern DEAD LORD an den legendären Sänger dachte, der hätte Ricky Warwick anstandslos als Sänger auf einem Album akzeptiert, das unter dem Banner THIN LIZZY veröffentlicht worden wäre.

Mit "Bound For Glory", "Hey Judas", "Kissin‘ My Ground", "Valley Of The Stone”, "Before The War” und "Blues Ain’t So Bad” ist die Mehrheit der elf Songs der Rubrik "bärenstark” zuzuorden, lediglich "Hoodoo Voodoo" fällt als träger Langweiler komplett durch das Qualitätsraster. Was vielleicht den Kompositionen ein wenig abgeht, ist die Lizzy-typische Melancholie – beinharten Fans der ersten Stunde mag "All Hell Breaks Loose" insgesamt vielleicht ein wenig zu locker und fröhlich sein. Mir aber nicht.

FAZIT: Angesichts der Songs, des Sounds und der Qualität hätte "All Hell Breaks Loose" durchaus seine Berechtigung, als THIN-LIZZY-Album veröffentlicht zu werden. Dass Gitarrist Scott Gorham dieser Verlockung widerstand, ist ihm hoch anzurechnen. Wobei: Der Albumtitel aus der DESTRUCTION-Restetruhe wäre einem Lizzy-Album dann doch nicht so ganz würdig gewesen. Insofern: Alles richtig gemacht, BLACK STAR RIDERS!

12 von 15 Punkten


Review von:  Lutz Koroleski (Oger) (Profil)

Da schafft es eine der großen Bands der Rockgeschichte so etwas ähnliches wie eine Reunion (das letzte THIN LIZZY-Studio-Album liegt immerhin 30 Jahre zurück) auf würdevolle Art und Weise zuwege zu bringen und dann nutzen sie den potentiellen Werbeeffekt des großen Namens nicht einmal aus. Zugegebenermaßen ist mit Scott Gorham nur einer der einstigen Weggefährten von Phil Lynott mit an Bord, dafür finden sich mit Ricky Warwick und Marco Mendoza noch zwei weitere langjährige Mitglieder der THIN LIZZY-Live-Besetzung bei den BLACK STAR RIDERS. Die Quasi-Neugründung erfolgte letztlich aus Respekt vor der 1986 verstorbenen irischen Rock-Ikone, obwohl "All Hell Breaks Loose" seinem Andenken auch unter dem Original-Banner sicher keine Schande bereitet hätte.

Mr. Warwick zeigte schon bei seinen Live-Interpretationen der Band-Klassiker, dass er in der Lage ist, den Kern von Lynotts Gesangslinien herauszuarbeiten, ohne dabei zum bloßen Imitator zu verkommen. Eine schwierige Aufgabe, der er auch bei den 11 Songs des vorliegenden Albums mehr als gerecht wird, die letztlich allesamt nach THIN LIZZY klingen. Das liegt natürlich an den markanten doppelläufigen Gitarren-Melodien, aber auch an der besonderen Art des Songwritings, das sich vor allem an der Phase zwischen "Jailbreak" und "Black Rose" orientiert. Dabei gelingt der Band eine stattliche Anzahl an Treffern, die sich dem Qualitätsniveau dieser Hochphase zumindest deutlich annähern, ohne altbacken zu wirken. Neben dem schon bekannten "Bound For Glory" stechen das folkige "Kingdom Of The Lost" sowie der Hit des Albums "Kissin´ The Ground" (mit Solo zum Niederknien) besonders hervor. "Bloodshot" und "Before The War" machen ebenfalls Freude und erinnern ein wenig an die 80er GARY MOORE-Alben. Daneben gibt es noch einige kernigere, groovige Hardrocksongs ("Valley Of The Stones", "Hoodoo Voodoo"), Blues-Orientiertes ("Blues Aint So Bad") und mit "Someday Salvation" einen echten Gute-Laune-Rocker zu hören, der zwar mehr an Strandurlaub als irischen Nebel erinnert, aber musikalische Offenheit nach allen Seiten war ja ebenfalls immer schon ein hervorstechendes Merkmal von THIN LIZZY.

Dass die BLACK STAR RIDERS, deren Bandname sich übrigens aus den Titeln diverser Western zusammensetzt, auf beeindruckendem musikalischen Niveau agieren und von Kevin Shirley einen maßgeschneiderten, druckvollen Sound verpasst bekommen haben, versteht sich fast von selbst.

FAZIT: "All Hell Breaks Loose" ist ein unerwartet starkes, frisches Hardrock-Album geworden, das den schwierigen Balance-Akt, einerseits dem großen Erbe gerecht zu werden und andererseits der Gefahr anachronistisch zu klingen, erfreulich sicher meistert. The Boys Are Back In Town, quasi.

11 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 11 von 15 Punkten

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Andreas Schulz (Info)