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Lingua Mortis Orchestra - LMO - Massen-Review

08.08.2013

Lingua Mortis Orchestra "LMO" CoverLINGUA MORTIS ORCHESTRA feat. RAGE ist der komplette Name dieses Projekts, unter dem RAGE fortan ihre 1996 erfundende Hybridtechnologie (Teutonen-Metal mit Klassik-Antrieb) weiterentwickeln wollen. "LMO" heißt das erste Album unter dem neuen Banner, wird landauf, landab mit enorm viel Promotion beworben, erntet folglich hüben wie drüben bejubelnde Kritiken und hat seine Live-Feuertaufe vor ein paar Tagen in Wacken bestanden. Ob das Album aber tatsächlich eine kleine Sensation ist (so wie es 1996 RAGEs "Lingua Mortis"-Platte war), wollen wir im Massen-Review klären. Und siehe da - die Meinungen gehen hier mitunter ziemlich weit auseinander.


Review von: Andreas Schiffmann (Profil)

Peavy Wagner war während der ersten Hälfte der Neunziger, in der Heavy Metal in allen Belangen ein Schattendasein fristete, ein Garant für echten, unaffektierten Stahl und hat mit "The Missing Link" und "Black In Mind" trotz eines hohen Austoßes an Songs Klassiker geschaffen. Nachdem die griechisch-deutsche Inkarnation von RAGE zerfallen war, sollte nichts mehr so geil sein wie früher.

Heute hat Victor Smolski den Namen praktisch für sich annektiert und nutzt ihn als Plattform für seine atemberaubende Musikalität. Wagner hechelt hinterher und kann ihm doch kaum folgen, weshalb neuere RAGE-Alben immer wie faule Kompromisse klingen. Der Sechssaiter kommt seinem Arbeitgeber entgegen, indem er sich um ein Songwriting bemüht, von dem er glaubt, es gefalle dem durchschnittlichen Fan. Dies klingt dann leider oftmals bieder, und das ist auch bei diesem Projekt der Fall.

Während des energischen "Witches' Judge" und im Reim-dich-oder-ich-fress-dich von "Eye For An Eye" sieht man vorm geistigen Auge die adrett zurechtgemachten Klassiker im Graben mit den Köpfen zucken oder denkt sich ungewollt Veranstaltungsnamen wie "Heavy Metal Rock meets Classic" aus, und auch ansonsten regiert das Abgedroschene: "Scapegoat" kopiert DREAM THEATERs brutalen Duktus zu Zeiten von "Train Of Thought", was zum unsäglich prolligen Charakter der RAGE des neuen Jahrtausends passt: die Stakkatos ("Cleansed By Fire") und Smolskis Vibrato sowieso von jeher, ganz zu schweigen vom affigen Brusttrommeln hier (neudeutsch: Death-Metal-Vocals) und völlig deplatzierten Fusion-Synthesizern nebst elektronischem Flickwerk ("Afterglow").

"Lament" ist ein orchestrales Duett für jeden "Wetten, dass ..?"-Abend, und Wagner deutlicher als je zuvor der Spielball seines nach dem Lehrbuch Musik komponierenden Gitarristen. Als ausgebildeter Fachmann kann Smolski eigentlich mehr, als wie auf diesem Album Phrasen alter Komponisten wiederzukäuen. Einzig das finale "One More Time" bietet überzeugenden Melodic Metal ohne zu dicke Hoden, dafür mit für die früheren RAGE typisch tragender Gesangsmelodie.

Zugegeben, die mit den Jahren immer aufgesetzter wirkende Stimme des Frontmanns wird von dem abgeklärten, aber am Ende blassen Frauenorgan aufgewertet, doch anderswo erweisen sich dann stereotype Orff-Chöre zum Super-GAU, bisweilen zu Pathos-Refrains verarbeitet, für die sich die Studio-Kollegen BLIND GUARDIAN schon immer zu fein waren ("The Devil's Bride", hätte auf SAVATAGEs "Poets And Madmen" abzüglich der weiblichen Stimme zu den besseren Stücken gehört). Der Beinahe-Ballermann-Konsens "Straight To Hell" gewinn auch unterm Himmel voller Geigen nicht an Klasse und passt insofern gut auf "LMO", als das Original von 2001 dem ursprünglichen Gedanken hinter RAGE, den zu kennen man sich als Fan durchaus anmaßen darf, als wohl erstes Stück zuwiderlief.

FAZIT: Die Musiker-Fachpresse entdeckt RAGE mit diesem Album vermutlich zum wiederholten Mal neu und lobt sie ob ihrer Akrobatik und angeblicher Verwegenheit über den grünen Klee. Nüchtern betrachtet ist "LMO" sinfonisch aufgegossener kalter Kaffee aus des biederen Hausmanns Küche.

6 von 15 Punkten


Review von: Andreas Schulz (Profil)


Vor einiger Zeit entschied man sich im Lager von RAGE dazu, unter diesem Banner nur noch "richtige" Metalalben aufzunehmen. Alles, was in Verbindung mit klassischer Musik stehen würde, sollte unter einem anderen Projektnamen veröffentlicht werden. Dieser Projektname ist also LINGUA MORTIS ORCHESTRA feat. RAGE. Der Name bezieht sich natürlich auf das "Lingua Mortis"-Album, mit den RAGE 1996 Pionierarbeit leisteten, was die Verknüpfung von Metal mit Klassikelementen angeht. Trotzdem fragt man sich, warum man nicht einfach alles unter dem Namen RAGE veröffentlicht und stattdessen zu solchen Konstrukten greift. Streng genommen haben wir es hier mit dem Debütalbum des LINGUA MORTIS ORCHESTRA zu tun, betitelt wurde es - offensichtlich in Abwesenheit jeglicher Kreativität - mit "LMO". Das gibt Abzüge in der B-Note, denn wenn man schon ein Konzeptalbum über die Hexenverbrennung anno 1599 von Gelnhausen macht, kann man sich doch bitte schön auch einen ordentlichen Titel ausdenken.

"LMO" muss sich natürlich mit den Werken von RAGE messen lassen, in denen man ebenfalls der Klassik fröhnte, hier ist in erster Linie das famose "XIII" von 1998 zu nennen. Gleichzeitig haben BLIND GUARDIAN auf ihrem letzten Album bei zwei Songs bewiesen, wie man Metal und orchestrale Elemente in Perfektion verbindet. Angesichts des Konzeptcharakters und der Tatsache, dass neben Peavy Wagner auch die zwei Sängerinnen Jeannette Marchewka und Dana Harnge viel Gesang übernehmen, fühlt man sich auch leicht an AVANTASIA erinnert und zuguterletzt erinnern die Arrangements der Chöre und klassischen Instrumente im Opener "Cleansed By Fire" an die "Cantus Buranus"-Werke von CORVUS CORAX.

Vergleicht man "LMO" mit dem älteren Metal-meets-Classic-Material von RAGE, so wird natürlich schnell klar, dass die damalige Hemdsärmeligkeit dem Perfektionsdrang eines Victor Smolski gewichen ist. Das muss man natürlich nicht als Nachteil werten, es wirkt halt nur alles ein bisschen zu rund, zu gut, zu geschliffen. Andererseits gibt es auch genug Leute, für die - gerade bei dieser Genre-Kombination - Perfektion ein Muss ist und so ist man auch zu  einer ähnlichen Sichtweise geneigt. Zumal: letztlich kommt es immer noch darauf an, dass die Songs funktioieren. Und das ist auf "LMO" besonders in der ersten Albumhälfte der Fall. Sowohl das 10-minütige "Cleansed By Fire" als auch das das folgende "Scapegoat" leben von der Kombination aus Opulenz und Eingängigkeit und beiden Songs gelingt es schnell, sich festzusetzen, dabei aber spannend zu bleiben. Auch "The Devil's Bride" mit seinen SAVATAGE-Anleihen ist eine starke Nummer, während sich an "Lament" die Geister scheiden werden. Kitschballaden im Duett mit einer Frau kann ein Tobias Sammet bei AVANTASIA zwar noch besser, aber wenn man sowas mag, bekommt man auch bei der ZDF-Romantik dieses Songs ein weiches Herz.

Nach dem Zwischeninstrumental geht es bei "The Witche's Judge" wieder deutlich härter zu und auch hier funktioniert der einprägsame Refrain bestens, während die Komposition von "Eye For An Eye" Metal und Klassik in massentauglicher Soundtrack-Opulenz kombiniert (ein Tuomas Holopainen kann das besser) und man bei "Afterglow" schon mal das Feuerzeug rauskramen kann, um es zur Stimmungsförderung in die Höhe zu halten. Die Adaptionen der älteren RAGE-Songs "Straight To Hell" und "One More Time" liegen außerhalb des Konzepts und sind so eher als Bonus zu sehen.

FAZIT: Wenn man Metal und Klassik kombiniert, schadet eine gewisse Spießigkeit nicht. Die findet sich auf "LMO" zuhauf und macht es einerseits leicht konsumierbar, andererseits sind die Songs an sich auch gut genug, um dem Werk - besonders für die ersten beiden Songs - elf Punkte zu geben.

11 von 15 Punkten


Review von: Joe A. (Profil)

Von der ersten Zusammenarbeit zwischen RAGE und dem LINGUA MORTIS ORCHESTRA bis zum Neustart als Trio reicht meiner Meinung nach die beste Phase der Ruhrpöttler. An genau diese Zeit will „LMO“ also anknüpfen? Bitte, gerne!

Der überlange Opener orientiert sich zwar schon eher an „Soundchaser“, verarbeitet aber noch einige starke Intermezzi, die im üblichen RAGE-Sound selten Platz finden. Dadurch klingen RAGE auch mit den folgenden beiden Titeln spannender als auf der letzten, recht vorhersehbaren und eingefahrenen Scheibe „21“. Dabei finden sich immer wieder Parallelen zu prominenten Symphonic (Metal)-Bands wie RHAPSODY OF FIRE oder TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA, die ihrerseits sicher von Alben wie „XIII“ profitiert haben.

Wenn aber schon das Orchester anstelle der Band als Interpret genannt wird, erwartet man doch zumindest ein Duell auf Augenhöhe, wie es bei oben genannten Bands und auch in RAGEs eigener Vergangenheit der Fall war. Gerade dieses Wechselspiel machte die alten Scheiben doch so spannend. Die Rolle des Klangkörpers ist auf „LMO“ aber denkbar schlecht, egal ob Ballade oder Uptemponummer: Verdopplung der Stimmführung bei Riff- und Hooklines mit Streichern und Oboe, Klangteppiche für die Wärme im Sound und ein paar Einwürfe der Hörner, das war's. Die Klassiker erhalten keine Chance sich einmal „solistisch“ zu präsentieren. Diese Beiträge hätte man auch samplen können, zumal das Orchester im Mix oft den Kürzeren zieht.Völlig unverständlich bleibt, warum das kurze Zwischenspiel „Oremus“ dann tatsächlich nur mit Synthesizern inszeniert wird.

Dieser akustische Glitzerlack führt bei den Balladen dann ins Verderben: Während „Lament“ noch als hübsch gesungenes Musical-Duett durchgeht, hat „Afterglow“ im Refrain Anklänge an die MÜNCHENER FREIHEIT. Der Rest der neuen Titel ist bestenfalls ordentlicher Melodic Power Metal mit gemischtem Gesang, wie er in Holland und Schweden mittlerweile an jeder Straßenecke angeboten wird (Stichwort: Neo-classical Metal, oder was man dafür hält).

Dass zum Schluss mit „Straight To Hell“ und „One More Time“ noch zwei absolute Sternstunden von RAGE neu aufgenommen wurden, mag im Textkonzept zum Thema Hexen mehr oder weniger Sinn machen, musikalisch sind die Tracks aber bedeutungslos. Im Falle von „One More Time“ wird die wunderbare Schlichtheit des Klaviers nur unnötig verkitscht, womit die Originalversion die Oberhand behält.

FAZIT: Was seinerzeit als vielversprechendes Experiment begann, stagniert in der Fortsetzung. Wo LINGUA MORTIS ORCHESTRA draufsteht, ist vor allem RAGE drin, die vergessen haben, dass ein Orchester mehr zu bieten hat als romantisierenden Zuckerguss von Streichern, Hörnern und Oboe. Hier hätte ein Arrangeur wie Gaute Storaas (DIMMU BORGIR) wesentlich mehr herausholen können. Wenn man im Promo dann noch von einer Neudefinition des Genres liest, ist man geneigt, den kurzen Albumtitel zu „LMAO“ zu erweitern. Enttäuschend.

8 von 15 Punkten


Review von: Lothar Hausfeld (Profil)

Seitdem Victor Smolski bei RAGE als Gitarrist tätig ist, ist der durch und durch sympathische Bandkopf Peavy Wagner der Meinung, dass seine eigentlich im Blaumann bestens ausgestattete Combo doch eher für den Professorenstuhl befähigt ist. Will sagen: Die handwerklich soliden Power Metaller muten sich und ihren Fans seitdem immer mal wieder ein wenig zu viel zu, ergehen sich in elegischen Gitarreneskapaden oder in breakdurchsetzen Songstrukturen, statt wie in früheren Zeiten einfach mal straighte und kompakte Metalsongs zu kreieren.

Bei aller Kritik: Das vor dem Smolski-Einstieg entstandene "Lingua Mortis"-Werk war 1996 schon so etwas wie eine kleine Sensation; die Verschmelzung von Klassik und Heavy Metal ging selten so eine gelungene Beziehung ein wie auf dieser EP. Und auch wenn die Band auf späteren Alben immer wieder ein Orchester aufspielen ließ – an "Lingua Mortis" reichte keine der Kollaborationen wieder heran.

Insofern waren Zweifel durchaus angebracht, ob die jetzt vorgenommene Trennung – RAGE kümmern sich als RAGE ausschließlich um Heavy Metal, während man als LINGUA MORTIS ORCHESTRA fortan Klassik-Metal-Hybride schaffen will – Sinn macht. Der Album-Opener "Cleansed By Fire" macht schon mal einen sehr guten Eindruck: Die Streicher treten massiv auf, Oboe und Konsorten bringen sich immer wieder gleichberechtigt neben Gitarre und Drums ein. Einzig der 08/15-Frauen-Operngesang, der hier und auf dem gesamten Album immer wieder eingesetzt wird, verleiht dem ganzen einen unangenehmen (und unnötigen) Kitsch-Faktor.

Man darf vorweg nehmen: Der Kitsch-Faktor wird im weiteren Verlauf noch weiter steigen, auch wenn mit "Scapegoat" erst einmal ordentlich Fahrt aufgenommen wird; auf einem äußerst soliden metallischen Fundament haben es allerdings die klassischen Instrumente schwer, Fuß zu fassen. Als Power-Metal-Granate eine gute Wahl, für ein Klassik-Album allerdings eher ungeeignet. Auch "The Devil’s Bride" hat eine deutliche Metal-Schlagseite, wenngleich bedeutend melodischer als "Scapegoat", wozu der große Anteil an weiblichen Pseudo-Opern-Vocals beiträgt.

Mit "Lament" wird in punkto Schmalz und Kitsch der Tiefpunkt erreicht; der Song ist ein bisschen wie ein vertonter Autounfall – man kann nicht weghören, aber wenn Peavy mit seinen weiblichen Pendents um die Wette schmachtet, fühlt man sich eher an den European Song Contest erinnert denn an ein Heavy-Metal-Album. Nach dem kurzen instrumentalen Zwischenspiel "Oremus" wird mit "Witches‘ Judge" wieder ein wenig die Handbremse gelockert; doch auch hier fungieren die klassischen Instrumente kaum mehr als Stichwortgeber, bleiben hinter dem massiven Drums und Gitarren meilenweit zurück. "Eye For An Eye" erinnert dann wieder an frühere RAGE-Zeiten, ein melodischer Ohrwurm, der freilich eine etwas angestrengte Überbetonung des Refrains auf der Minus-Seite stehen hat. Mit "Afterglow" folgt zum Abschluss des regulären Albums eine weitere Ballade, für die sich eine Band wie NIGHTWISH vermutlich nicht schämen würde, die aber den Schmalzgeigerzähler zahlreicher Metal-Fans zum heftigen Ausschlag bringen wird. Mühsam mit Klassik-Versatzstücken versehene Neuaufnahmen der alten RAGE-Klassiker "Straight To Hell" (schon in der Originalfassung eher ein schwächerer Song der Band, der nur durch den Einsatz im "Der Schuh des Manitu"-Film ein kleiner Hit geworden ist) und "One More Time" dehnen die Spielzeit noch auf über eine Stunde aus – an "Lingua Mortis"-Großtaten reichen auch diese beiden Neuinterpretationen bei weitem nicht heran.

FAZIT: Während sich die Kollegen anderer Magazine in vorauseilender Euphorie fast schon überschlagen, bleibt der Verfasser dieser Zeilen desillusioniert zurück. Nicht nur, dass das lyrische Konzept – Hexenjagd im Mittelalter – wenig einfallsreich ist, auch musikalisch werden nur alte Breie neu in der Mikrowelle erhitzt. Und anders als bei einem Eintopf, der aufgewärmt besser schmeckt, reicht "LMO" bei weitem nicht an das Referenzwerk der Band in Sachen Metal meets Classic heran.

9 von 15 Punkten


Review von:  Lutz Koroleski (Oger) (Profil)

Mit Sequels ist das so eine Sache, nicht nur bei Filmen, sondern auch in der Musik. Einige Bands sind damit schon grandios gescheitert, allen voran die ehemals unangreifbaren QUEENSRYCHE mit dem zweiten Teil von "Operation Mindcrime".

Ob das 96er "Lingua Mortis"-Album in der RAGE-Diskografie einen ähnlichen Stellenwert hat, sei dahingestellt. Zweifellos handelte es sich dabei allerdings - nicht nur für den damaligen Zeitpunkt - um eine der gelungensten Kooperationen zwischen Metal-Band und klassischem Orchester. Insofern hängt die Meßlatte für den 013er-Versuch ziemlich hoch.

Kommen wir zunächst zu den offensichtlichen Unterschieden. Peaveys metallische Begleitmannschaft steckt die damalige Besetzung technisch locker in die Tasche, das Zusammenspiel zwischen Band und Orchester wirkt wesentlich perfekter, die Übergänge sind nahtloser und auch der Sound ist natürlich wuchtiger, bombastischer und absolut schwankungsfrei. Im Gegensatz zum ersten Versuch gibt es heuer fast nur neues Material zu hören, mit Ausnahme zweier Songs vom ersten RAGE-Album unter Beteiligung von Guitar-Hero Smolski "Welcome To The Other Side" (2001), das damals wegen des suboptimalen Klangs harsche Kritik einstecken musste.

Doch trotz wesentlich mehr Hochglanz erreicht der aktuelle Versuch nicht den Tiefgang des Originals. Während damals die RAGE-Melodien von den Orchester-Musikern bzw. Christian Wolff auf eine ganz eigene Weise interpretiert wurden und die Songs ganz anders klangen als im Original, kommen 2013 die klassischen Instrumente nur selten alleine zum Zug, setzen wenig wirklich eigene Akzente und es bleibt ihnen häufig neben den harten Riffs und Double-Base-Attacken nur die Statisten-Rolle. Die Einsätze der beiden Sängerinnen sind sicherlich Geschmackssache, mir gefällt weder die Sopran- noch die Musical-Stimme besonders gut, da es dem Ganzen einen latenten NIGHTWISH-Touch verleiht. Für die Umsetzung der wenig originellen Story (Hexenverfolgung in Gelnhausen im 16. Jahrhundert) mag das allerdings Sinn machen.

Kommen wir schließlich zu den Songs. Wer die letzten RAGE-Alben mochte, wird auch mit dem neuen Material klarkommen, das auch problemlos ohne Orchester funktionieren würde. Am besten gefallen mir der epische Opener "Cleansed By Fire", das brettharte "Scapegoat" sowie das etwas ruhigere "Afterglow". Knackige Riffs, großartige Soli und dazwischen immer wieder klasse Gesangsmelodien von Herrn Wagner, wenn auch mit einem gewissen "Wiedererkennungswert". Alles wie gehabt, bis auf einen Total-Ausfall, denn "Lament" pendelt auf einer komfortablen Schmalzschicht zwischen Musical-Schmachtfetzen-Duett und Kitsch-Klassik, lyrisch absolut jenseits der Schmerzgrenze. Kurz und gut, ein Punkt Abzug.

Die beiden schon erwähnten bekannten Songs klingen im polierten Orchester-Gewand tatsächlich überzeugender als im Original, an die 96er Versionen der alten RAGE-Gassenhauer wie "Don´t Fear The Winter" oder "Firestorm" kommen sie aber bei Weitem nicht heran.

FAZIT: Den Charme des Originals erreicht die aktuelle Version des Lingua Mortis Orchesters nicht. Es bleibt ein typisches RAGE-Album der Smolski-Phase mit verstärktem Einsatz klassischer Instrumente und – bis auf einen Rohrkrepierer – auch etwas besserem Songmaterial als zuletzt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

9 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 8,6 von 15 Punkten.

Damit Einstieg auf Platz 43 in den Massen-Review-C
harts.

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Andreas Schulz (Info)