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Soundgarden - King Animal - Massen-Review

17.11.2012

Soundgarden "King Animal" CoverDamals in den 90ern gehörten SOUNDGARDEN zu den großen Bands der Grunge-Welle, gewannen Grammys und MTV Video Music Awards. Die Band um Frontmann Chris Cornell mit der unverkennbaren Stimme hatte aber auch immer wieder ihre Probleme, besonders was die Live-Situation anging. So kam es, dass die Band sich 1997 auflöste. Recht überraschend wurde 2010 bekannt gegeben, dass man sich wieder zusammengetan habe, was zunächst in der Veröffentlichung des Best-of-Albums "Telephantasm" resultierte. Mit "King Animal" haben die Seattler nun ein ganz neues Studioalbum aufgenommen, das überraschenderweise mitunter recht euphorisch aufgenommen wird.



Review von: Andreas Schiffmann (Profil)


Das erste Studioalbum seit 15 Jahren ist für die Seattle-Institution der erwartbare Spagat zwischen den ruppigen Anfangstagen und ihrer Zeit als Mainstream-Darlings: abgeklärt, aber eben wieder mit Spaß am Krachmachen wie dereinst.

Dies schließt gleichwohl nicht aus, dass man leise Töne anschlägt, etwa mit dem psychedelisch wabernden "Bones Of Birds" und dem verschlungen "A Thousand Days Before". Noch sachter lassen es die Grunge-Vordenker (wenn man sie so deuten will) mit "Black Saturday" und "Halfway There" angehen – beides halb akustische Songs, die indes genauso auf vorhersehbare Strukturen pfeifen wie der Rest. Kommerziell betrachtet dürfte diese Scheibe abseits der eingefleischten Klientel ein Rohrkrepierer sein, denn mit Ausnahme des kraftvollen Openers "Been Away Too Long" mit seiner plumpen Hookline ist kein offensichtlicher Hit unter den Stücken. Vielmehr zeigen sich SOUNDGARDEN schroff dissonant, machen ausgiebig Gebrauch von Percussion-Parts und zocken rhythmisch komplexer, als es sich für eine vermeintlich basische Rockband gehört.

Highlights in dieser Hinsicht sind das verspielt proggige "By Crooked Steps" und "Rowing", ein schrulliger Bass-Drum-Schleifer. So langsam und stet diese Songs allerdings wachsen, glänzen sie nicht alle golden: "Blood On The Valley Floor" ist einfallsloses Stop-and-go, "Taree" gleichsam zu behäbig ohne rechte Idee, und "Eyelid's Mouth" hypnotisiert oder langweilt je nach Einschätzung minimalistisch, besitzt aber immerhin einen unverhofft dichten Refrain. Nichtsdestoweniger darf man von einem gelungenen Comeback sprechen, denn mit dem leichtfüßigen "Attrition", dem funky Reißer "Non-State Actor" und dem ebenfalls halbwegs Konsens-fähigen "Worse Dreams" zeigt der Daumen eindeutig nach oben. Kim Thayil ist immer noch kreativer Sturkopf und eine Marke für sich, wohingegen Cornell schreit wie ein Jungspund und seine Solo-Nichtigkeiten vergessen macht.

FAZIT: Insgesamt handelt es sich bei "King Animal" um ein würdiges Ausrufezeichen, das kaum an die alten SOUNDGARDEN anknüpft und teilweise wie eine Kampfansage gegen allzu leichte Rock-Kost fürs Radio anmutet. So darf der zweite Karriereanlauf gerne weitergehen.

12 von 15 Punkten


Review von: Andreas Schulz (Profil)


Damals in den 90ern gehörte es zum guten Ton, SOUNDGARDEN zu Hören. Und so finden sich auch in meiner Sammlung zwei Releases der Grunge-Band aus Seattle: die "Superunknown"-CD und eine Picture-7‘‘ von "Fell On Black Days". Denke ich aber darüber nach, wie ich SOUNDGARDEN damals und heute fand bzw. finde, stelle ich fest, dass ich nie so richtig begeistert von ihrer Musik war. Klar, einige wirklich gute Songs hatten die Jungs schon, aber so mitgerissen, wie es NIRVANA mit "Nevermind" oder PEARL JAMs "Ten" getan haben, hat mich die Band eigentlich nie.

Nun sind SOUNDGARDEN also wieder da und haben ein neues Album im Gepäck. Und ich stelle fest, dass sich an meiner Haltung zur Band auch mit "King Animal" nichts geändert hat und das hat vor allem einen Grund: SOUNDGARDEN klingen nämlich auch 2012 in allererster Linie nach sich selbst. Sie waren schon immer die eigenwilligste der Grunge-Bands auch diese Charaktereigenschaft haben sie bis heute behalten. Musikalisch stellt sich dies besonders in den rhythmischen Arrangements und der ungewöhnlichen Gitarrenarbeit dar. Man wandelt stets auf dem schmalen Grad zwischen Eingängigkeit und Sperrigkeit, ohne zu weit in ein Extrem zu gehen. Mit dem Ergebnis, dass die ausgezeichnet gemachte Musik nie nervig oder unangenehm wird, aber auch nicht so richtig durchzündet. Man hört es, man merkt, dass es gut ist und… ja, was und? Es ist das alte Problem, das ich mit SOUNDGARDEN habe – sie faszinieren mich nicht wirklich.

Auf "King Animal" sind es – wie auch in der Vergangenheit – besonders die ruhigeren Stücke, die mich ansprechen. Konkret vor allem die beiden direkt aufeinander folgenden "Bones Of Birds" und "Taree". Das stärker mit Referenzen an die 70er aufwartende "Non-State Actor" ist genauso ein wirklich guter Song, wie das markante "Eyelid's Mouth" zum Ende hin. Allein schon diese vier Songs und die Unverkennbarkeit des SOUNDGARDEN-Sounds sind ihre zehn Punkte durchaus wert.

FAZIT: Toll gemachte Musik, aber nicht unbedingt meine Musik.

10 von 15 Punkten


Review von: Dr.O.
(Profil)


Machen wir es kurz. Hat wirklich jemand auf eine neue SOUNDGARDEN-Scheibe gewartet? Ich meine gewartet, so wie damals, am Veröffentlichungstag zum Plattenladen rennen und immer wieder das Teil gehört. Außer einigen geldgeilen Musikmanagern wohl kaum jemand. Und genau das verschafft der Band die Freiheit, das zu tun, was sie will. Und das machen SOUNDGARDEN.

Sie sind dank Chris Cornell unverkennbar und der Mann hat auch 15 Jahre nach der letzten LP nichts von seiner Stimme eingebüßt. Und auch der unveränderte Rest der Band, die Herren Thayil, Cameron und Shepherd, sind eine faszinierende Einheit auf "King Animal". Die immer wieder leicht orientalisch wirkende Melodieführung ist altbekannt, wird aber mit solcher Perfektion umgesetzt, dass jeder noch so kantige Part groovt. Das ist Handwerk, das kaum besser gemacht werden kann. Und so erfreut man sich an den ersten Tracks und wartet und wartet und wartet. Wartet auf einen großen Hit, etwas, was über Jahrzehnte in Erinnerung bleibt, ein "Full Ob Kevin!s Mom" oder "Jesus Christ Pose". Aber er kommt nicht. Schade.

FAZIT: Was bleibt, ist ein handwerklich faszinierendes Album, das erwachsen klingt, sich nicht an den Mainstream anbiedert, aber auch nicht mit den ersten beiden Longplayern der Band mithalten kann.

10 von 15 Punkten


Review von: Chris P. (Profil)

Reunions sind ja stets so eine Geschichte für sich. Das Resultat ist meistens ein erbärmlich substanzloses Produkt, mit dem versucht wird, noch einmal etwas vom Buffet zu naschen. Auch bei SOUNDGARDEN wusste man nicht so recht, was einen da erwarten mochte, zumal die letzten AUDIOSLAVE- und CHRIS CORNELL-Soloalben nicht gerade der Brüller waren. Man erinnere sich mit Schaudern an das in Kooperation mit TIMBALAND entstandene Werk "Scream", das musikalisch extrem auf Radio-R'N'B getrimmt war und mit musikalischem Nichtgehalt glänzte.
 
Sämtliche Bedenken werden allerdings mit dem ersten Hördurchgang hinfortgespült, denn die wiederauferstandene Seattler Legende klingt auf "King Animal" so, als hätte es die siebzahnjährige Pause nie gegeben. Im Grunde knüpfen die vier - mit Kim Thayil, Ben Shepherd und Matt Cameron komplett in der zuletzt jahrelang bekannten Besetzung vertreten - genau dort an, wo sie aufgehört haben. Irgendwo zwischen der Massivität von "Badmotorfinger", der stilistischen Vielfalt von "Superunknown" und dem wieder etwas verschrobeneren "Down On The Upside" besinnen sich SOUNDGARDEN auf ihren ureigenen Sound, ohne irgendwelche Strömungen aufgesogen oder irgendwelche Modernisierungen vorgenommen zu haben.
 
Die typisch verschraubten Cameron-Beats, die eigenwilligen Shepherd-Basslinien, Thayils sonderbare Gitarrentechnik inklusive gewagter Tunings - alles wurde würdevoll in die Jetztzeit gerettet. Auch die schrägtaktigen Parts ("By Crooked Steps"), die überraschenden Wendungen innerhalb der Songs, die Songaufbauten in all ihrer Dramatik sind unverändert präsent. Besonders aber durfte man gespannt sein, ob es Chris Cornell, der in der subjektiven Bestenliste des Verfassers dieser Zeilen seinen festen Platz in der Top 5 innehat, noch kann. Kann er. Die unverkennbare Stimme ist die glänzende Farbe, die die detailreichen Klangskulpturen zum erleuchten bringt - ohne Defizite.
 
Manchmal, an vereinzelten Stellen, fühlt man sich sogar an die Prä-"Badmotorfinger"-Ära erinnert, und es ist beinahe schon verwunderlich, wie SOUNDGARDEN aus all diesem bereits Bestehenden ein derart frisches Album gezaubert haben. Erfreulich hierbei ist, wie locker und unverkrampft die Band auf diesem hervorragend natürlich produzierten Longplayer klingt. Neue Ideen tönen nie aufgesetzt, Reminiszenzen an alte Songs wirken nie wie Selbstkopien, stattdessen bleibt das US-Quartett einfach es selbst und schreibt eine Stange exzellenter Songs, an der die Welt nun endlich teilhaben darf.
 
FAZIT: So einfach kann also eine gelungene Reunion sein. Einfach nur die Identität bewahren und locker durchatmen. Und dann machen. Warum kriegen das andere Bands, die wieder Blut geleckt haben, dann nicht auf die Reihe?

13 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 11,25 von 15 Punkten

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Andreas Schulz (Info)