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Interview mit Haze (01.04.2013)

Haze

Paul McMahon gesellt sich gemeinsam mit seinem Kumpel Chris zum lockeren Plausch über "The Last Battle" und mehr.

Warum habt ihr so lange gebraucht, um aus dem Quark zu kommen?

Paul: HAZE lagen viele Jahre auf Eis, da wir uns auf TREEBEARD konzentrierten und Folk-Covers spielten. HAZE sollten etwas Besonderes bleiben, und da wir alle Vollzeit arbeiten, waren uns längere Tourneen verleidet. Songs schrieben wir aber weiterhin, jedoch ohne uns unter Druck zu setzen, sie aufzunehmen. 2011hatten wir genug auf Halde für ein Album, also machten wir uns an die Arbeit!
Chris: Nachdem wir uns 1988 getrennt hatten, spielte Paul mit mir bei WORLD TURTLE. Von 1988 bis '98 brachten wir zwei Alben heraus, "Haze" und "Wilderness Of Eden". Ich spielte ferner bei VON DANIKEN, die ebenfalls zwei CDs veröffentlichten, "New Worlds" sowie "Transient". Nach der Wiedervereinigung von HAZE 1998 waren wir immer noch zu beschäftigt mit TREEBEARD, die auch zwei Alben abwarfen, "Heavy Wood" und "Reel Ale". Ich spielte außerdem bei den Amerikanern STROGHEART, was bis 2007 anhielt, und bis 2009 bei SILVERWHEEL, einer anderen Folk-Band. Unser Sänger Paul macht dort immer noch mit. 2006 formierten Paul und ich THE OUTLANDISH KNIGHTS, um leicht rockige Traditionals zum Besten zu geben, also kann man schon sagen, dass wir aus dem Quark gekommen sind, bloß eben anderweitig.

Warum kennt man HAZE selbst als Prog-Insider kaum?

Paul: Weil wir uns nie festlegen ließen und in erster Linie gute Songs ohne Genre-Bezug schreiben wollen.

Der Titeltrack von "The Last Battle" fungiert als Aufhänger zu einer Kritik am Zeitgeist, oder?

Paul: Ja, das trifft es recht gut. Er ist aus der Sicht von einem von König Arthurs Rittern geschrieben, der sein ganzes Leben lang gekämpft hat und im Alter einsieht, dass es ihn bald, vermutlich im Gefecht, dahinraffen wird. Er bittet seine Kameraden, ihn dann nach Hause zu bringen und dort zu bestatten, wo er aufwuchs.

"Grey To Blue" und "Edge Of Heaven" sind nicht mehr als schlichte Love-Songs, habe ich Recht?

Paul: "Grey To Blue" geht auf Paul Chisnells Kappe. Er meinte immer, man soll die Dinge nicht komplizierter machen, als sie sind, und sagen, wenn man jemanden gerne hat. "The Edge Of Heaven" habe ich komponiert, ein wesentlich düstereres Stück. Es entstand kurz nach dem Split mit HAZE, als ich alleine lebte und mein Leben in Scherben vorfand. Es ist ein verzweifeltes Liebeslied.

In "Over The River" spricht der Protagonist von einer Person, die er sehr vermisst? Wen meint ihr?

Paul: Die erste Strophe betrifft die Großmutter meiner Frau, die im hohen Alter starb. Die zweite Strophe bezieht sich auf die Fehlgeburt meiner ersten Ehefrau, bei der ich ihr 2000 zur Seite stand. Ich erinnere mich noch an die Ultraschall-Aufnahmen, die das klopfende Herz des Fötus zeigten. Zwei Wochen später gingen wir wieder zur Untersuchung und bekamen aufs Brot geschmiert, es habe aufgehört, zu schlagen. Mit dem Song wollte ich einen Kontrast darstellen zwischen einem erfüllten langen Leben und einem jäh abgebrochenen. In Strophe drei denke ich über meine eigene Sterblichkeit nach und verspreche meinen Kindern, so lange wie möglich für sie dazusein, egal was kommt.

Die in "Is That It?" und "For Real" beschriebenen Personen hadern offensichtlich mit Veränderungen ...

Chris: "For Real" befasst sich mit dem Verschwinden von Richey Edwards von MANIC STREET PREACHERS. Sein Wagen wurde an der Severn Estuary Road Bridge, wo sich schon mancher umgebracht hat. Es gibt Fans von ihm, die glauben, er sei einfach untergetaucht, um ein neues Leben zu beginnen - ein unwahrscheinlicher, aber tröstlicher Gedanke. "Ist That It?" hingegen behandelt eine Beziehung, die ich gerade beendete, auf zynische Weise, da jeder um mich herum gerade heiratete und zugleich das Interesse an Sachen zu verlieren schien, die mir weiterhin teuer waren, allen voran der Musik. Deshalb stellte ich mich selbst infrage, kam aber letztlich zu dem Schluss, weiterzumachen.

In "Dragon Fly" klingt ihr irgendwie orientalisch ...

Paul: Dafür gibt es keinen besonderen Grund. Wir hatten 1979 ein Stück namens "Mirage", dessen Hauptmotiv auf der phrygischen Skala beruhte, und genau dies ist auch hier der Fall.
Chris: Für mich hat der Song etwas von "Set The Controls For The Heart Of The Sun" von PINK FLOYD, und diese verschlungene Melodie spiegelt die Thematik des Textes wider, in dem es um heidnische Opfer geht.

Wie passt "Classic Rock Bar" da ins Bild?

Chris: Vermutlich gar nicht. Ich war in dem Schuppen in Sheffield Stammgast, bis er nach drei Jahren dichtmachte. Er fungierte als Treffpunkt für Musiker und Biker, weshalb wir die Schließlung bedauerten. Der Besitzer Sass starb, weil er seine Medikamente nicht zahlen konnte und zu viel Stress am Hals hatte, bis er die Bar verlor. Ich spielte dieses Stück einige Jahre lang regelmäßig live, und es ist ein Tribut an Sass.

"Long, Long Gone" mutet wie die Überlegungen eines verbitterten Menschen an.

Paul: Ich war beim Schreiben nicht unbedingt verbittert, aber enttäuscht.
Chris: Es steht in der gleichen Linie wie viele andere Stücke von Paul: "The Night", "The Vice", "The Ember", "Fading Away", "Epitaph" und "Kickback". Sie alle behandelt Lebensüberdruss und Desillusionierung im Rahmen des Musikgeschäfts.

Habt ihr die Geschichten in den Texten vonb "The Barrister And The Bargast" und "Train" selbst erfunden?

Paul: Ich habe einen Bürojob am Paradise Square im Sheffielder Zentrum. Dort erzählt man sich eine Legende über einen großen, schwarzen Hund, den Bargast, der einen Lahmen über den Platz gehetzt haben soll, als er noch ein Acker war. Da heute vorwiegend Schlipsträger dort verkehren, dachte ich mir diese Handlung aus, wonach das Tier einen Anwalt verfolgt.
Chris: "Train" habe ich irgendwo aufgeschnappt, und als ich es meiner Freundin erzählte, stellte ich fest, da ich mich nicht mehr richtig an die Einzelheiten erinnerte, dass das, was ich dazu erfand, einen ziemlich guten Plot abgab. Der Zug stellt dabei nur eine Metapher im Sinne von John Lennon dar: Das Leben hat anderes mit dir vor, während du Pläne schmiedest. Du denkst, du musst einsteigen, ehe der Zug abfährt, und dies sei das Ziel deines Daseins, doch eigentlich steht der Tod am Ende.

Warum singt bei "Balder And The Mistletoe" niemand?

Chris: Ein kanadischer Freund behauptet, es sei ein traditionelles Lied aus Grönland. Wir wollten, da wir es zu einem Prog-Stück ummodelten, nicht auch noch einen Text dazu verfassen.

Wie geht es weiter bei euch?

Paul: Ich schreibe Songs, solange mir noch welche einfallen. Mein 14-jähriger Sohn spielt jetzt Schlagzeug bei HAZE. Er kann aber erst dann regelmäßig mit uns auftreten, wenn er die Schule beendet hat. Ich kann mir nicht vorstellen, überhaupt jemals mit der Musik aufzuhören, aber unterwegs sein werden wir wohl nicht ewig.
Chris: Ursprünglich sollte das Album tatsächlich unsere letzte Schlacht darstellen, auch weil unser Drummer ausstieg. Dan ist hingegen noch sehr jung, aber er hat uns allen einen Tritt verpasst, also geht es weiter!

Andreas Schiffmann (Info)
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