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Interview mit Vanity (04.03.2013)

Vanity

Die kulturell unterschiedlichen Gesichter hinter VANITY beantworten unsere Fragen gemeinsam und stellen sich als hochinteressante Düstermänner heraus, die wirklich etwas aussagen möchten - als hätte man es mit "Occult You" im Ohr nicht bereits geahnt.

Stellt euch zunächst einmal vor, bitte ...

Wir agieren von Italien aus, stammen aber unter anderem auch aus Palestina und der Schweiz. VANITY zeichnen sich neben ihrer schleierhaften, romantischen Stimmung auch durch eine nicht alltägliche Verbindung von Elementen aus dem Rock- und Metal-Bereich aus mit stilistischen Schlenkern gen New Wave und Pop aus. Zudem legen wir sehr großen Wert auf Details und wollen die Kunst vergangener Jahrzehnte mit aktueller vermischen.

Wie seid ihr musikalisch sozialisiert worden, und welchen Künstlern seht ihr euch verbunden?

Wir wollen uns nicht anmaßen, die Band neben andere zu stellen, denn dazu ist es noch zu früh, und wir haben noch einen langen Weg vor uns. Davon abgesehen hören wir aber viele unterschiedliche Bands und saugen ihre Musik auf, nicht zu vergessen die Arbeiten bildender Künstler und Filmemacher. Es wäre schön, wenn sich die Leute eines Tages auch auf uns berufen würden, so es um einen bestimmten Stil geht, den niemand anders außer uns gespielt hat.

Wie müssen wir das Cover von "Occult You" verstehen?

Es spiegelt das kontrastive Element unserer Musik und Persönlichkeit perfekt wieder: einerseits die Reinheit, Anmut und Lebendigkeit eines Kindes, andererseits Dunkelheit und Tod, die demselben innewohnen.

"Sleeping Tears" und "Ghost" lesen sich für mich wie die Worte eines von Liebe Besessenen. Beruhen die Texte auf eigener Erfahrung?

Das tun sie - wie auch alle anderen, und ja, diese zwei sprechen besonders deutlich über Liebe, aber auf verschiedene Weise jeweils. "Sleeping Tears" behandelt Egoismus, also bedingungslose Liebe sich selbst gegenüber, die letztlich in den Ruin führt. "Ghosts" setzt sich mit gewaltsamer Liebe für jemand anderen auseinander, mit Besessenheit und dem daraus resultierenden Selbstvergessen.

"Sleeping Tears" und "Pagan Hearts" gehören zu einem Filmsoundtrack ...

Beim Komponieren denken wir sofort in Bildern und Geschichten, welche die Musik leiten. Daraus erwuchs letztlich der Wunsch, einen zweiteiligen Kurzfilm zu produzieren. Wir nehmen unseren Sound sehr cineastisch wahr und wollen unsere Bildersprache mit den Filmen für die Fans verstärken.

In "Under Black Ice" geratet ihr mit dieser Bildersprache in winterliche Gefilde. Was wird dadurch symbolisiert?

"Under Black Ice" ist eine Umdeutung des klassischen Narziss-Stoffes auf eine der urtümlichen Schauerliteratur entsprechende Weise. Es geht dabei um eine Person, die in einer Schneelandschaft umherirrt und einer fernen Stimme zu folgen sucht. Schließlich bemerkt sie, dass im Eis unter ihr jemand eingeschlossen ist; als sie genauer hinsieht, erkennt sie sich selbst darin.

"Ruins" spricht den Wunsch aus, die Pläne eines anderen zu durchkreuzen. Worin besteht hier der Zusammenhang?

Das Stück spricht unsere Einbildung an, wir seien unsterblich, die im Angesicht des Todes rasch relativiert wird. Im Text findet die Diskrepanz zwischen Zukunftsplänen und der Unausweichlichkeit des Endes ihren Ausdruck.

"Pagan Hearts" addressiert wiederum eine Frau, aber was hat es mit deren "heidnischem Herz" auf sich?

Es soll eine Ballade im altertümlichen Sinn sein, die das Thema liebe mit heidnischen Gottheiten verschränkt. Zwei Stimmen hinterfragen darin ihre Existenz, und der Erzähler versucht, sie davon zu überzeugen, einfach ihr Leben zu leben, statt sich der falschen Hoffnung auf Ewigkeit hinzugeben.

"Sun" klingt hingegen durchweg wie ein in Worte gefasstes Weltuntergangs-Szenario.

Das ist es auch. Das Lied spricht von einer Apokalypse im Zuge der Erkaltung der Sonne. Wir stellen uns dabei vor, in einem Raum eingeschlossen zu sein und aus dem Fenster zu schauen: Draußen spielen sich dann chaotische Szenen panischer Menschenmassen ab. Der Song soll den Kontrast zwischen Geruhsamkeit im Bewusstsein des dräuenden Todes ("but I'm tired" ist die betreffende Textzeile) und allseitiger Konfusion unter den heilssuchenden Leuten herausstellen.

Im Titelstück greift ihr abermals Liebesbesessenheit als Motiv auf, nicht wahr?

Es beschreibt den ewigen Konflikt zwischen vermeintlich heiliger und profaner Liebe, zwischen Treue und Verrat. Dabei deuten sich vergangene Fehltritte ebenso an wie Schuldbewusstsein, da man etwas Einzigartiges verloren zu haben glaubt und jemanden verletzte, den man sehr gern hatte. Der Track hat eine stark erotische und sexuelle Komponente, insbesondere der Refrain.

Findet ihr den multikulturellen Faktor eigentlich ausschlaggebend für eure Originalität?

Sicherlich kann man unsere verschiedenen Wurzeln nicht unter den Tisch kehren, aber wir haben ihr gesamtes Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Unsere Erfahrungen in unterschiedlichen Kulturkreisen können VANITY nur berechern und von anderen Bands abheben.

Wie werdet ihr das in Zukunft forcieren?

Rough Trade bringen das Album flächendenkend heraus, und wir kommen auch auf Europa-Tournee. Als Band sind wir sehr ehrgeizig, als Menschen aber auf dem Boden geblieben, denn es gibt noch eine Menge zu tun ...

Und wir hängen an euren Lippen ... vielen Dank!

Andreas Schiffmann (Info)
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