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Interview mit Twisted Into Form (19.02.2007)

Twisted Into Form
Nach unzähligen Durchläufen finde ich TWISTED INTO FORMs Debüt noch besser als zu Beginn. Selbst die Hochglanz-Presse feiert das Album der Norweger ab – hier gibt es weitere Erläuterungen im Originalton von Kaj Gornitzka. Was hat Leif in all den Jahren seit seinem Abgang von Spiral Architect getrieben? Leif war nie ein Mitglied bei Spiral Architect, er ist nur als Sänger für das 1995er Demo eingesprungen. Damit tat er uns einen großen Gefallen, indem er uns aus der Patsche half, als sonst niemand da war, jedoch stand ein weiteres Engagement nicht zur Debatte. Anscheinend gab es diesbezüglich immer wieder Verwirrungen, deshalb wollte ich das hier einmal klarstellen. Was sein Treiben in der Zwischenzeit betrifft, gibt es nicht viel zu sagen. Neben seiner Arbeit als Bandmanager und Agent bei der größten norwegischen Firma für Bühnenproduktionen hatte er den Sängerposten in einer straighten, modernen Rockgruppe namens Sims. Jeden Sommer trifft er sich außerdem mit einigen alten Freunden für eine dreistündige Show, bei der sie all möglichen Metal- und Hard-Rock-Klassiker covern, die du dir nur vorstellen kannst. Dann war er noch in sehr unterschiedliche Projekte als Background-Sänger involviert, und ich weiß auch von einer Solo-Single, die er vor einigen Jahren veröffentlicht hat. Das alles war allerdings recht wenig Metal. Wer ist fürs Songwriting verantwortlich? – Läuft das gemeinsam ab, oder ist eine einzelne Person dafür verantwortlich? Hat Leif seine eigenen Texte und Melodien ausgearbeitet? Den größten Teil übernehmen Erik und ich zu gleichen Teilen. Normalerweise zeigen wir den Anderen unsere Ideen, und gemeinsam arbeiten wir diese dann aus. Die Hauptverantwortung bei der Entwicklung liegt jeweils bei demjenigen, der die ursprüngliche Idee eingebracht hat, aber der Vorgang gestaltet sich immer sehr kooperativ, und wir vertrauen einander bei der Ausarbeitung sehr stark. Steht erst einmal die Grundstruktur eines Stückes, arrangieren wir gemeinsam mit David. Leif ist bisher bloß für die Gesangsdarbietung zuständig gewesen – Ich schreibe all Melodien und den Großteil der Texte. Der Rest davon stammt von Erik, der normalerweise Dinge hinzufügt und mir aushilft, wenn ich einmal nicht weiterkomme. Leif hat also überhaupt nichts zum Album beigetragen, und der wesentliche Grund dafür ist, dass er mit unserer Art von Musik - den ungeraden Taktarten und vielen Tempowechseln - nicht vertraut ist. Leif kommt vom straighten Rock, und er braucht etwas Zeit, mit unseren Sachen warm zu werden. Während der eigentlichen Aufnahmen allerdings trägt er sehr viel bei. Ich gehe mit ihm alle Vocals durch und vertraue ihm dahingehend, dass er etwas aus meinen ziemlich groben und manchmal schiefen Vorgaben macht. Im Studio genießt er vollständige Freiheit und darf die Melodien wie er will interpretieren und verfeinern. Aus logistischen Gründen kamen die letzten Stücke ganz anders zu Stande, denn Erik und ich arbeiteten jeweils einen Song aus, während wir örtlich weit voneinander entfernt waren. In der Regel aber macht die Summe der Mitglieder die Musik aus – nicht bloß ein einzelner. Bisweilen gesteht ihr in den Texten persönliche Schwächen ein, und die Stimmung ist oftmals melancholisch. Dies steht im Gegensatz zur überragenden Instrumentalarbeit und Härte der Musik. Ist es eigentlich im Metal erlaubt, solche Gefühle zu zeigen, oder seht ihr euch ohnehin abseits von Genrestandards? Vor allen Dingen moderner Metal ist besonders auf Stärke und Aggression ausgerichtet, aber für mich war das noch nie ein interessantes Themenfeld für Texte. Die Musik hat genug Power, um Zeile für Zeile über Gewalt und übertriebene Härte reichlich unnötig erscheinen zu lassen. Deshalb bevorzuge ich andere Themen, mit denen ich mich auch identifizieren kann. Ich denke dennoch nicht, dass dies einzigartig ist: Fates Warning machen das schon seit Jahren, und auch Opeth - Obwohl die auch sehr böse und heavy klingen können, stecken viele Emotionen in ihren Texten. Es hängt auch davon ab, auf welche Art Metal du dich beziehst, denn die meisten Black-Metal-Bands würden nie daran denken, ihre tiefsten Gefühle zu offenbaren, und ich schätze, Death, Thrash und ähnliche Genres vermeiden dies größtenteils ebenfalls. In der Progressive-Szene zeigen die Leute etwas mehr von ihrem Innenleben. Vielleicht hat es auch etwas mit dem Alter zu tun, denn wenn du älter wirst, ändern sich die Perspektiven ein wenig, und du siehst manches in einem anderen Licht. Die Welt geht dir dann auf eine Weise unter die Haut, wie sie es in deiner Jugend noch nicht tat, und es ist nur natürlich, dies in Texten zu reflektieren, die man schreibt.. Nichtsdestoweniger gehen wir, glaube ich, entschlossener als andere Metal-Bands an die Sache heran, indem wir ein sehr klares Bild mit dunklen Farben über das ganze Album hinweg malen. Wenn ich mir die Texte nun anschaue,wird mir klar, dass sie nicht gerade vor Hoffnung und Happy Ends überschäumen – im Gegenteil. Mit meiner persönlichen Situation oder jener der anderen Mitglieder hat das nichts zu tun – ich bin eine sehr privilegierte Person und weiß darum -, doch bin ich mir schmerzhaft der Dinge bewusst, die in der Welt um mich herum geschehen, und für die Mehrheit der Menschen ist unser Planet kein sonderlich glücklicher Ort. Habt ihr schon live gespielt, und besteht die Möglichkeit, euch irgendwo in Europa zu sehen? Wir haben noch gar nicht live gespielt, und leider wird dies so schnell auch nicht geschehen. Es ist nicht so, dass wir nicht wollten, bloß befinden wir uns in einer komplizierten Situation. Ich lebe schon einige Jahre lang in Portugal, wohingegen die Anderen alle in Norwegen sind. Das macht das Proben schwierig. Für den Moment sind wir darin übereingekommen, uns auf das nächste Album zu konzentrieren und weiter Musik zu komponieren. Allein die Zeit wird es an den Tag legen, aber eines tages würde ich liebend gerne live spielen. Wir müssten uns dann nur hundertprozentig auf die Sache konzentrieren können. Wir wollen nicht halbherzig rüberkommen. Lars von Spiral Architect hat mir erzählt, dass er einen Gastauftritt auf dem Album hat. Da hast du ihn falsch verstanden – er gastiert nicht in dem Sinne, dass er auf dem Album spielt. Er steht nur auf der Dankesliste, wohin er auch wirklich gehört. Es wäre auch sehr überstürzt gewesen, einen der Spiral-Jungs um Hilfe zu fragen, denn ob die Leute es so sehen oder nicht: dies ist eine andere Band als Spiral Architect; wir werden nämlich ständig miteinander verglichen. Ich weiß, dass man das nicht vermeiden kann, und die Leute vergleichen das, was du gerade tust mit dem, was du einmal getan hast. Wir wollten ihnen nicht noch mehr Gründe dazu geben – zumindest nicht auf dem ersten Album, doch wer weiß, was in Zukunft geschieht? Was hast du selbst nach der Trennung von Spiral Architect getrieben, und warum bist du überhaupt fortgegangen? Twisted Into Form sind doch sehr nahe an deiner alten Band... Es gab viele Gründe auszusteigen, und mein Timing hätte besser sein können, doch manchmal gerätst du an einen Punkt, an dem es einfach nicht mehr weitergeht. Faktisch habe ich die Band verlassen, als ich das Studio in Texas nach den Arbeiten an „A Sceptic’s Universe“ verlassen habe - das war 1998, zwei Jahre vor der eigentlichen Veröffentlichung. Während der Aufnahmen geschahen Dinge, mit denen ich nicht einverstanden war, und ich war schon lange Zeit vor den Studio Sessions frustriert. Zeitmangel war ein Faktor, denn im Gegensatz zu Lars und Steinar übe ich nicht sonderlich gerne. Ich habe neben der Musik andere Interessen, doch wenn du bis zu viermal pro Woche jeweils stundenlang probst, kannst du dich nicht mehr anderen Dingen widmen. Wir hatten außerdem kaum Auftritte oder ähnliche Ausbruchsmöglichkeiten aus dem Trott, und ich wurde der ganzen Sache überdrüssig. Die Albumaufnahmen wären eine Möglichkeit gewesen, der Routine zu entkommen, doch ich ertrug es nicht länger, als sowohl technische wie persönliche Probleme rauskamen. Wir kamen auch in Verzug, und ich hatte einen Termin in Norwegen, den ich nicht verpassen durfte. Dennoch blieb ich bis zum Ende, obwohl ich es mir finanziell nicht leisten konnte und sowieso keine weitere Note mehr einspielte. Das alles setzte mir wohl so zu, dass ich schließlich auf dem Rückflug ziemlich fertig war. Das war mein letzter Tag bei Spiral Architect, obwohl es einige Monate lang nicht offiziell war. Ich brauchte eine Weile, um die Sache zu verarbeiten und war ziemlich angefressen wegen der Art und Weise, wie die Dinge sich entwickelt hatten. Um es jedoch klarzustellen: wir sind immer noch sehr gute Freunde. Es dauerte lange, ehe ich die Gitarre wieder in die Hand nehmen konnte. Es liegen zwei Jahre zwischen meinem Ausstieg und dem Neuanfang mit Erik 2000. Ich habe alles mögliche getan, außer zu spielen – ich arbeitete und reiste ein wenig herum, kam über eine schmerzhafte Beziehungskiste hinweg, fotografierte und pflegte meine sozialen Kontakte – alles Dinge, die ich zuvor getan hätte, wenn Zeit dazu vorhanden gewesen wäre. Irgendwie juckte es mich irgendwann doch wieder, und als Erik und ich schließlich über eine mögliche Zusammenarbeit sprachen, kam ich wieder in die Stimmung für Musik! Es ist wirklich seltsam, wie die Dinge manchmal laufen. Dass Twisted Into Form und Spiral Architect sich ähneln... nun, daran kann ich nicht wirklich etwas ändern. Ich war sechs Jahre lang an Spiral beteiligt – sogar länger, wenn man all die Bands berücksichtigt, in denen ich vorher mit Lars gespielt habe, denn das führte schließlich mehr oder weniger zu Spiral Architect. Es ist logisch, dass ich dort einen gewissen Einfluss ausübte, was die Gitarren und die Gesangsausarbeitung betrifft, in die ich damals auch stark involviert war. Es liegt einfach daran, dass dies die Musik ist, mit der ich vertraut bin - die ich schon immer gespielt habe. Wenn die Personen um mich herum sich ändern, dann heißt das nicht, dass die Musik es plötzlich auch tut. Ich schreibe auf meine Art – das ist alles, was ich tun kann. Deshalb ist alles, was von mir in Spiral Architect einfloss, auch ein Teil von Twisted Into Form. Natürlich beeinflussen neue Mitmusiker auch das Ergebnis – und ich denke, es gibt grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Gruppen -, aber das wird dem Leuten bestimmt viel klarer, wenn die faulen Säcke von Spiral endlich ihr zweites Album aufnehmen, hehehe!...Sie werden das übrigens wirklich tun, falls du es nicht glauben solltest... Wollt ihr präsenter sein als sie, was die Veröffentlichungsfrequenz und das Livespiel betrifft, oder seid ihr genauso lahm in eurer Vorgehensweise? Wie gesagt, Gigs sind momentan kein Thema, doch ein weiteres Album wird hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft erscheinen. Nach der Veröffentlichung des Debüts habe ich die meiste Zeit mit Bandangelegenheiten verbracht, unsere Band- und MySpace-Seiten im Netz organisiert, Emails und beantwortet und Interviews geführt. Dabei hatte ich nicht sonderlich viel Zeit zum Songwriting. Ich habe aber einige neue Ideen und werde versuchen, einen Zahn zuzulegen, wenn ich mit jenen anderen Dingen aus dem Gröbsten rausbin. Auch wenn ich zugeben muss, ebenfalls etwas langsam zu sein, haben wir Twisted Into Form doch als Ventil für unsere Kreativität und um des Spaßes an der Musik Willen gegründet, und ich möchte diesen Aspekt nicht verlieren, indem wir die Band in Stress ausarten lassen. Musik soll Spaß bereiten, oder?
Andreas Schiffmann (Info)
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