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Neal Morse: Lifeline (Review)

Artist:

Neal Morse

Neal Morse: Lifeline
Album:

Lifeline

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock

Label: InsideOut/SPV
Spieldauer: 69:49
Erschienen: 01.10.2008
Website: [Link]

Neal Morse spielt Punk. 18 Stücke in 36 Minuten. Kein Wort über Jesus, und wie dolle lieb er ihn hat. Statt dessen sozialkritische Texte, die gesellschaftlich relevante Themen poetisch und scharf analysieren. Seine Band verspielt sich mehrfach, schafft aber eine überzeugende, mitreißende Atmosphäre, die über gelegentliche instrumentale Schwächen hinwegsehen lässt. Die unbekannten Musiker musizieren mit Leib, Seele und Feuer im Leib und bringen jedes Stück genau auf den Punkt. Klar ist das Album nicht besonders lang, aber es macht so viel Spaß, das man am Ende angelangt, sofort wieder die Repeat-Taste drückt.

Dann das Erwachen: Nur wenig verwundert reibt man sich die schlaftrunkenen Äugelchen und konstatiert, dass natürlich genau das Gegenteil der oben geschriebenen Rezension zutrifft, und alles beim Alten geblieben ist. Das Universum Morse steht still und sonnt sich im Glanz seines eigenen erleuchteten Selbst.

FAZIT: Wie sollte es anders sein: "Lifeline" ist wieder virtuos und ausufernd geworden, teilweise legt’s an Härte zu, und ist zudem kein Konzeptwerk. Mag sein, dass Morse zu vergangenen Spock’s Beard-Großtaten aufschließt – ob „Snow“ jetzt deren Meisterwerk ist, sei mal dahingestellt. Ich behaupte immer noch: Besser als auf dem Debüt „The Light“ waren sie selten -, all das, womit "Lifeline" aufwartet, gibt es bereits, warum also marginal bessere oder schlechtere Variationen des Ewiggleichen immer und immer wieder durchnudeln? Und wenn Neal im eröffnenden Titelstück zum x-ten Mal jubiliert, das Jesus seine Lebenslinie sei, dann kann man zustimmen oder auch nicht, nervig ist diese Holzhammer-Lyrik in jedem Fall, und zeigt letztlich, warum missionarischer Eifer so gerne ins Gegenteil umschlägt. Die anschließende fürchterlich schnulzige Ballade mit dem unglaublich einfallsreichen Titel (Can’t Find) „My Way Home“ ist ein Kotzbrocken erster Güte.

Natürlich hat „Lifeline“ wieder seine Momente, ist vom instrumentalen Können seiner Protagonisten (u.a. Mike Portnoy und Randy George) her beeindruckend, und bleibt trotz allem ein aufgeblasenes Nichts. Man könnte es durchaus schätzen, wenn es textlich überzeugender wäre, und vor allem so und in ähnlicher Form nicht im Morse’schen Restaurant „Zum Guten Hirten“ schon mehrfach serviert worden wäre. Wieder der fragende Blick nach oben: Morse wollte doch sachte auftreten im Musikbusiness, lieber seiner Spiritualität frönen und den Herrgott einen guten Mann sein lassen?

Stattdessen steht nach dem ausufernden Live-Gebräu „Sola Scriptura And Beyond“ erneut ein mehr als einstündiges Studio-Output an, das irgendwann auch den geneigtesten Hörer ratlos zurücklassen dürfte. Na gut, „Leviathan“ ist ein starkes Stück, das vielleicht einen kleinen Wink birgt, wo sich ein musikalischer Ausweg aus dieser progressiven Heilspampe finden ließe, und auch der Longtrack „So Many Roads“ hat seine Meriten (Songs wie diese beiden machen es so schwer, Morse komplett in die Ecke des verdienten Vergessens zu schicken). Ansonsten gilt wie zuvor: Wer noch nie ein Neal-Morse-Album gehört und Spaß an derart progressivem Bombast hat, kann auch mit „Lifeline“ den Weg in Neals kleine Welt antreten. So schwer es fällt, die Texte kann man überhören, und in all dem Geschwalle lässt sich locker und leicht ein behagliches Plätzchen finden. Wir, die wir die meisten Spock’s Beard und NEAL MORSE-Solo Alben kennen, wenden uns indes ab und weinen bitterlich über diese offensichtliche Vergeudung von Talent und Können.

Fans (mit Hang zu charismatischen Gottesdiensten) können zur Bewertung satte 5 Punkte addieren, Menschen mit Spaß an Veränderung, neuen Ideen und konstruktivem Wahnsinn ziehen jene 5 Punkte ebenso satt und mit freudiger Überzeugung ab.
Für ganz Wagemutige wird es auch eine Special Edition mit Bonus-CD geben, auf der Morse und seine Freunde Cover-Versionen spielen. Über deren Qualität gibt es leider nichts zu sagen, da die Zusatz-CD nicht vorlag.

Jochen König (Info) (Review 7798x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 7 von 15 Punkten [?]
7 Punkte
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Tracklist:
  • Lifeline
  • The Way Home
  • Leviathan
  • God's Love
  • Children Of The Chosen
  • So Many Roads
  • - So Many Roads
  • - Star For A Day
  • - The Humdrum Life
  • - All The Way To The Grave
  • - The Eyes Of The Saviour
  • - So Many Roads (Reprise)
  • Fly High

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Tobias Lampert
gepostet am: 29.05.2009

Musik hin oder her (ja, Neal Morse war schon mal wesentlich innovativer und spannender): warum eigentlich nehmen Sie ausgerechnet die Texte eines Künstlers mit 'christlichem Hintergrund' so sehr unter die Lupe und machen vor allem anhand dieses Merkmals sein Album mehr oder weniger madig?

In so gut wie keiner anderen Ihrer Rezensionen habe ich auch nur ein Sterbenswörtchen über die Lyrics gelesen. Ob das wohl daran liegt, daß in allen diesen Fällen ausschließlich literarische Perlen zu finden waren, die so glänzten, daß jeder Kommentar Ihrerseits dazu zu wenig wäre?

Vielleicht überprüfen Sie einfach mal Ihre (von mir vermutete) Antipathie gegenüber 'christlichen Inhalten' (ob nun literarisch besonders kunstvoll oder nicht - auch hier zugegeben: Neal Morse Lyrics sind selten echte Kunstwerke) und fragen sich, ob sie bereit sind, mit Ihrem Satz "dann kann man zustimmen oder auch nicht" wirklich ernstzumachen und ein Album in inhalticher Hinsicht dementsprechend neutral oder doch wirklich inhaltlich kritisch (was Sie hier vorbringen, wird ja nicht einmal in wirklich inhaltlicher Auseinandersetzung mit den Texten untermauert) zu bewerten?

Die Konsequenz wäre: entweder in diesem Fall davon absehen, daß Sie persönlich keinen Zugang zu den Texten haben (übrigens: seit wann ist "missionarischer Eifer", an sich ja schon eine Kampfparole ewiggleicher platter Religionskritik, gleichbedeutend mit der Weitergabe dessen, was einem wichtig ist - oder kommt es gar nicht mehr auf die Art von Aussagen an, wann man von "missionarischem Eifer" sprechen kann, sondern allein darauf, ob hier 'christliche Inhalte' vorliegen oder nicht?), oder auch in anderen Rezensionen ausführlich darauf eingehen, daß das ewiggleiche "Baby, I love you" oder besonders dunkle Attituden, seit den Anfängen der Metalmusik immer und immer wieder bloß kopiert, den Qualitätspegel eines Albums ebenso herunterdrücken und das Anhören irgendwie zur Qual macht.
Jochen [Musikreviews.de]
gepostet am: 29.05.2009

"Warum eigentlich nehmen Sie ausgerechnet die Texte eines Künstlers mit 'christlichem Hintergrund' so sehr unter die Lupe und machen vor allem anhand dieses Merkmals sein Album mehr oder weniger madig?"

Lieber Tobias, das stimmt ja wohl nicht so ganz. Meine Einwände beziehen sich sowohl auf Text wie Musik. Und es sind nicht alleine die Inhalte, sondern genau das Problem, dass Morses Musik auch kennzeichnet: die Wiederkehr des Ewiggleichen.
Ich besitze die meisten seiner Solo-Alben und schätze sie sehr – trotz der Texte. Nur, wenn einem zum x-ten Mal die gleichen, bzw. ähnliche Phrasen mit Inbrunst entgegen geschleudert werden, ist es Zeit näher drauf einzugehen. Mag Morse seine Berufung gefunden haben und es der Welt verkünden, aber ob Gott oder wer auch immer mich auffängt, wenn ich ganz unten bin, soll bitteschön meine Entscheidung bleiben. In einem Punkt haben sie allerdings recht: die meisten von Morses Texten sind mir schlicht zu banal, um näher drauf eingehen zu müssen. „There is more than we can see, God loves you and He wants you to be free”. Und weiter geht’s mit seicht angelehnter Hippie-Lyrik “We are sunlight, we are golden”. Wenn er meint… Da war „stardust“ doch weit origineller.

„In so gut wie keiner anderen Ihrer Rezensionen habe ich auch nur ein Sterbenswörtchen über die Lyrics gelesen.“
Dann haben sie nicht sonderlich genau gelesen. Meistens, wenn Texte sich in den Vordergrund schieben, gehe ich darauf ein. Die Auswahl ist tatsächlich subjektiv und ich werde mit Sicherheit nicht jedes Herz- und Schmerzlied zur literarischen Exegese heranziehen. Aber ob Südstaaten-Redneck, gewaltverherrlichender Death Metal, Singalong-Plattitüden – das und mehr ist von mir mit Nachdruck bedacht worden. Neben einer guten Hand voll Rezensionen, die ich wegen der – meist politisch hirnverbrannten – Inhalte nicht online gestellt habe.
Jochen [Musikreviews.de]
gepostet am: 29.05.2009

Und Teil 2:

“Übrigens: seit wann ist "missionarischer Eifer", an sich ja schon eine Kampfparole ewiggleicher platter Religionskritik“ (macht dies das Vorhandensein desselben besser?) „gleichbedeutend mit der Weitergabe dessen, was einem wichtig ist - oder kommt es gar nicht mehr auf die Art von Aussagen an, wann man von "missionarischem Eifer" sprechen kann, sondern allein darauf, ob hier 'christliche Inhalte' vorliegen oder nicht?“
Letzteres ganz und gar nicht. Morse ist ja beileibe nicht der einzige christliche Musiker, den ich besprochen habe, ohne die Lyrics großartig zur Bewertung mit heran zu ziehen - inklusive Morse selbst, dessen „Sola Scriptura & Beyond"-DVD eine höhere Bewertung als „Lifeline“ erhalten hat. Aber wenn mir Phrasen wieder und wieder entgegen geschleudert werden – und viel mehr bietet Morse oft nicht – dann bin ich von seiner Überzeugung längst überzeugt und werde immer noch überfallartig zugetextet. Genau diesen Kritikpunkt, das weniger in diesem Fall weit mehr bedeuten würde, habe ich auch klar benannt.

„Oder auch in anderen Rezensionen ausführlich darauf eingehen, daß das ewiggleiche "Baby, I love you" oder besonders dunkle Attituden, seit den Anfängen der Metalmusik immer und immer wieder bloß kopiert, den Qualitätspegel eines Albums ebenso herunterdrücken und das Anhören irgendwie zur Qual macht.“ Das versuche ich zumindest, wobei banale Alltagslyrik tatsächlich am ehesten zu Überhören ist.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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